VW-Skandal : Ermittler dürfen beschlagnahmte VW-Unterlagen auswerten

Im Dieselskandal dürfen die Ermittler nach einjähriger Verzögerung umfangreiche interne Unterlagen aus der für den Autobauer Volkswagen arbeitenden Anwaltskanzlei Jones Day auswerten. Das deutsche Bundesverfassungsgericht wies mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlagnahme ab, wie in Karlsruhe mitgeteilt wurde.

Daten und Akten zur Sichtung freigegeben

Die Volkswagen AG sei weder in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt, hieß es zur Begründung. (Az. 2 BvR 1287/17 u.a.)

Damit sind Daten und Akten zur Sichtung frei, die im März 2017 bei einer Durchsuchung der Münchner Geschäftsräume der Anwaltskanzlei Jones Day sichergestellt wurden. Diese Kanzlei arbeitete den Abgasskandal für den Autobauer intern auf. Ende Juli 2017 hatte das Verfassungsgericht in einer Eilentscheidung die Auswertung der Unterlagen gestoppt, bis über die Verfassungsklagen entschieden ist. Diese Entscheidung liegt nun vor - zu Ungunsten von VW.

Der Volkswagen-Konzern begrüßte, dass "nunmehr Klarheit hinsichtlich der offenen Rechtsfragen geschaffen wurde, auch wenn das Gericht die Rechtsauffassung der Volkswagen AG nicht geteilt hat". Weiter wurde mitgeteilt: "Die Gesellschaften des Volkswagen-Konzerns werden auch weiterhin und unter Einbeziehung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit den staatlichen Behörden kooperieren."

Jones Day von Volkswagen 2015 beauftragt

VW hatte Jones Day im September 2015 mit der Vertretung gegenüber den US-amerikanischen Strafverfolgungsbehörden beauftragt. Für interne Ermittlungen sichteten die Anwälte der Kanzlei zahlreiche Dokumente und befragten konzernweit Mitarbeiter. Die Staatsanwaltschaft München II, die die Durchsuchung veranlasst hatte, ermittelt gegen die VW-Tochter Audi. Es geht um Betrugsverdacht und strafbare Werbung.

Die Verfassungsrichter räumen zwar ein, dass eine mögliche Verwendung der internen Daten für weitere Ermittlungen den Autobauer in seiner wirtschaftlichen Betätigung gefährden könnte. Sie halten diesen Grundrechtseingriff aber für gerechtfertigt. Ein weitergehendes Verständnis des Beweisverwertungsverbots würde die Effektivität der Strafverfolgung erheblich beeinträchtigen, heißt es. Außerdem sehen die Richter ein "hohes Missbrauchspotenzial": Beweise könnten beiseite geschafft werden, indem man sie zu Anwälten verlagert.

Die Beschwerde von Jones Day wies das Bundesverfassungsgericht als unzulässig zurück, weil die in den USA beheimatete Kanzlei keine Beschwerdeberechtigung habe. Auch die Beschwerden der Rechtsanwälte nahm das Gericht nicht an. Es war nach Ansicht der Verfassungsrichter nicht ersichtlich, dass die Anwälte durch die Durchsuchung und die Beschlagnahme in eigenen Grundrechten verletzt wurden. (dpa/AFP/APA/red)