Energieversorger : Energiewirtschaft trotz Rückgängen zu Milliardeninvestitionen bereit

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Die Coronakrise trifft auch die österreichische Energiewirtschaft, Verbrauchsrückgänge und Preisverfall drücken die Marktvolumina. Für die Energiewende plant die Branche bis 2030 Investitionen in Erzeugung und Infrastruktur von bis zu 43 Mrd. Euro. Investitionen zahlen sich aus, man könne in der Coronakrise wichtige Konjunkturimpulse bringen, so die Branche.

Wichtig seien etwa Anreize wie die geplante Neuregelung der Ökostromförderung, Planungssicherheit und rasche Genehmigungsverfahren.

Auch die Unternehmen der E-Wirtschaft könnten einen wesentlichen Beitrag leisten, wenn es um einen schnellen Wiederaufschwung und konjunkturelle Impulse gehe, so Michael Strugl, seit Anfang Juli Präsident der Interessenvertretung Oesterreichs Energie und stellvertretender Verbund-Chef, bei einer Pressekonferenz anlässlich der Präsentation einer Studie.

Nun gehe es auch darum, wo die Regierung die Schwerpunkte setze, damit konjunkturelle Impulse helfen, aus der Krisensituation herauszukommen. Wenn die Strombranche 3 Euro investiert, löst dies 2 Euro an Wertschöpfung (direkt, indirekt und als Einkommenseffekte) aus, geht aus der Studie hervor. Zudem sichert jede investierte Million der E-Wirtschaft mehr als sieben Vollzeitarbeitsplätze.

Zur Transformation des Energiesystems werde die Branche in der Maximalvariante 43 Mrd. Euro investieren, wurde heute bekräftigt. Davon fließen 25 Mrd. Euro in die Erzeugung von grünem Strom, was laut Studie eine Wertschöpfung von weiteren 18 Mrd. Euro bringt und Arbeitsmarkteffekte von rund 180.000 vollzeitäquivalenten Arbeitsplätzen. Die Branche könne dies grundsätzlich finanzieren, es seien aber auch Voraussetzungen dafür nötig - wie etwa die Neuregelung der Ökostromförderung, die Klimamilliarde, rasche Genehmigungsverfahren oder steuerliche Erleichterungen, hieß es heute. In die Netze sind Investitionen von 18 Mrd. Euro nötig, die Wertschöpfung liegt bei 13 Mrd. Euro.

Österreichs Stromversorgung soll nach den Vorgaben der Regierung bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen erfolgen - bilanziell übers Jahr gerechnet. Dafür ist der Bau von zusätzlich 27 Terawattstunden (TWh) an erneuerbarer Stromerzeugung geplant. Das sei nicht einfach, so Strugl. "Das ist eine Steilvorlage", und einen Pass, der so steil geschlagen werde, müsse man erst einmal erwischen. Die Zeit sei knapp. Daher sei es auch wichtig, dass das geplante Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) zur Neuregelung der Ökostromförderung auf jeden Fall noch heuer beschlossen werde und ab Anfang 2021 die rechtliche Grundlage für diesen Ausbau sei.

Es dürften weiters nicht noch zusätzliche Hürde aufgebaut werden, etwa zusätzliche ökologische Kriterien beim Ausbau der Wasserkraft, warnte Strugl. Es gebe schon jetzt strenge ökologische Regeln. Für die Investitionen brauche man Planbarkeit. Genehmigungsverfahren müssten rasch durchgeführt werden. Ein weiterer wichtiger Hebel sei das Energieeffizienzgesetz. Wichtig seien auch eine Flexibilisierung und Anreize für die Integration von Speichern. Der geplante Erneuerbaren-Ausbau bringe im Sommer eine Überproduktion von bis zu 11 TWh, die dann im Winter fehlen. Mit Hydrospeichern alleine wird das nach Ansicht von Strugl nicht bewältigbar sein, man werde auch andere Möglichkeiten brauchen, etwa Power to Gas.

Die wirtschaftlichen Effekte von Investitionen in eine grüne Strominfrastruktur würden von Ökonomen für den Konjunkturaufschwung als besonders positiv bewertet, so Studienautorin Karina Knaus, Leiterin des Centers Volkswirtschaft, Konsumenten und Preise in der Energieagentur.

Die Studie hat sich auch mit den Folgen der Coronakrise für die heimische Strombranche beschäftigt. Der Marktwert in der Stromerzeugung sinkt demnach heuer - je nach Szenario - um bis zu 1 Mrd. Euro, im Stromvertrieb fällt der Absatz um bis zu 600 Mio. Euro. Als optimistisches Szenario nimmt die Studie eine schnelle Eindämmung des Coronavirus, eine V-Rezession sowie einen schnellen Rebound an. Das "Best-Guess-Szenario" geht von einer umsichtigen österreichischen Handhabung einer zweiten Corona-Infektionswelle, dem Vermeiden eines neuerlichen generellen Lockdowns und jedenfalls einer länger anhaltenden U-Rezession aus. In der Stromerzeugung liegt die Bandbreite des Marktwert-Rückgangs heuer zwischen 20 Prozent bzw. 500 Mio. Euro (optimistischen Szenario) und 38 Prozent bzw. 970 Mio. Euro.

Die Effekte 2021 sind dann neben anhaltenden Umsatzrückgängen auch eine Finanzierungslücke in der Ökostromförderung von 86 bis 269 Mio. Euro (bei einem Marktpreis von 40 bzw. 25 Euro je Megawattstunde).

Im Stromvertrieb dürfte das Marktvolumen zwischen 10 Prozent bzw. 300 Mio. Euro (optimistisches Szenario) und 19 Prozent bzw. 580 Mio. Euro (Best-Guess-Szenario) sinken. Im kommenden Jahr könnten sich neben Umsatzrückgängen auch Zahlungsausfälle und ein Liquiditätsrisiko bei Kunden, aber auch Insolvenzen auswirken.

Auch der Bereich Stromnetze ist von den Rückgängen betroffen. Die geringeren Einnahmen werden laut Studie aber letztendlich über das Regulierungskonto ausgeglichen, Liquiditätsprobleme könnten für die Netzbetreiber aber eine Herausforderung darstellen.

Der Stromverbrauch brach in der Spitze der Coronakrise um 14 Prozent ein. Aktuell dürften es rund 7 Prozent sein.

Die Umweltschutzorganisation WWF forderte Naturschutzkriterien für Ökostrom-Subventionen. Die Regierung dürfe der Energiebranche keine ungezügelte Flussverbauung erlauben. (apa/red)