Klimaabkommen : Einschätzungen der österreichischen Wirtschaft: Nachteile für Europa, Vorteile für China

(1) Reaktionen der Politik: Klimaschutz wirtschaftliche Chance für Österreich

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bedauert den US-amerikanischen Ausstieg aus dem Klimaabkommen von Paris insbesondere wegen der "Vorbildwirkung" dieses Schrittes. "Der Ausstieg der Amerikaner aus dem Klimaschutzvertrag ist der Beweis dafür, dass Präsident Trump die Realität in seinem eigenen Land offenbar nicht verstanden hat", sagte Kern, der gerade zu Gesprächen mit Russlands Staatschef Wladimir Putin in St. Petersburg ist.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) übte scharfe Kritik an Trumps Entscheidung. Diese sei "unverantwortlich", teilte Kurz der APA mit. "Klar ist, dass der historische Durchbruch von Paris nicht mehr rückgängig gemacht werden darf."

Kern sagte auch, angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen im Umwelttechnologiebereich auch in den USA habe hier Trump "den Zug verschlafen". Denn 2017 werde das Jahr sein, in dem Investitionen im Bereich von Energieeffizienz und erneuerbarer Energie auf einem Rekordniveau seien und die Treiber dieser Entwicklung seien vor allem die großen amerikanischen Industriegiganten, erläuterte er.

Reaktionen im Überblick:

(1) Reaktionen der Politik: Wirtschaftliche Chance für Österreich >>

(2) Industriellenvereinigung: Neue Vorteile für China >>

(3) Wirtschaftskammer: Den Industriestandort sichern >>

(4) Wifo: Ein starkes Signal für Ölmultis und Kohleförderer >>

(2) Industriellenvereinigung: Neue Vorteile für China

Der US-Ausstieg aus dem Klimaabkommen wird wohl Chinas Position auf den Weltmärkten stärken. Das Land, das stark in Umwelttechnologien investiere, werde von einem Rückzug der USA profitieren. "Wirtschaftlich am Nachteiligsten wirkt sich das aus für die Entwicklungsländer, also die Empfänger von Geld aus dem Klimafonds", erwartet Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung.

Nachteile für Europas Industrie werden größer

Auch wenn es auf ersten Blick paradox erscheine, könne China hoffen, rascher als bisher Weltmarktanteile zu gewinnen. In den USA werde die Politik von Präsident Donald Trump dazu führen, dass in den nächsten Jahren die Energiepreise weiter auf einem sehr niedrigen Niveau verharren. "Das verringert die Renditeerwartungen für Energieeffizienzprojekte und insofern hat es auch eine globale Ausstrahlung". Dadurch wird es also weltweit schwieriger werden, alternative Energieträger einzuführen.

Während der Rückzug aus dem Klimaabkommen wohl den Sektor der alternativen Energieträger in den USA schwächen wird, dürften die niedrigen Energiepreise energiefressende Industrien in den USA wettbewerbsfähiger machen. Das gehe von der Zement- bis zur Stahlindustrie.

Dazu kommen noch die von Trump geplanten Deregulierungen und Steuersenkungen. Die US-Wirtschaft hatte schon bisher nach den meisten Kriterien - außer in der Qualifikation der Mitarbeiter - einen international wettbewerbsfähigeren Standort, "dieser Vorsprung vergrößert sich", sagte Helmenstein im Gespräch mit der APA.

Europa solle Subventionen flexibler gestalten

Europa solle trotzdem weiter auf den Umstieg auf erneuerbare Energieträger setzen, aber seine Subventionen flexibler gestalten und spezifischer einsetzen, empfiehlt Helmenstein. Einerseits sollte man weniger auf Preisstützung und mehr auf Innovationsförderung setzen.

Andererseits sollte jede Subvention ein Ablaufdatum haben - damit die Regierung auf neue Bedingungen eingehen kann. Es sei ja nicht gesagt, dass für die Elektromobilität batteriebetriebene Fahrzeuge der Weisheit letzter Schluss sind. Vielleicht stelle sich in einigen Jahren heraus, dass es doch eine Wasserstoffwirtschaft wird - und auch diese bräuchte dann eine "Initialzündung" mit Förderungen.

Amerikanische Konzerne hierher holen

Im Übrigen meint Helmenstein: "Es wäre doch jetzt der Tag, an dem man US-Unternehmen, die in diesen Bereichen zu den Weltmarktführern gehören, nach Europa und nach Österreich einlädt, hier ihre Zentralen, zumindest ihre Exportzentralen, aufzubauen".

Reaktionen im Überblick:

(1) Reaktionen der Politik: Wirtschaftliche Chance für Österreich >>

(2) Industriellenvereinigung: Neue Vorteile für China >>

(3) Wirtschaftskammer: Den Industriestandort sichern >>

(4) Wifo: Ein starkes Signal für Ölmultis und Kohleförderer >>

(3) Wirtschaftskammer: Den Industriestandort sichern

Nach dem angekündigten Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen sei die Welt "meilenweit entfernt" von den unbedingt nötigen gleichen Wirtschaftsbedingungen für alle, kritisiert Wirtschaftskammer-Umweltexperte Stephan Schwarzer. Europa sei der einzige Wirtschaftsraum, der seine Verpflichtungen in verbindlicher Form auf jeden seiner Mitgliedstaaten umlegt und mit Strafzahlungen sanktioniert.

"Für Europa ist sehr enttäuschend, dass der weltweit zweitgrößte Emittent seine Verantwortung nicht mehr wahrnehmen will", schreibt Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer (WKÖ).

Industrien Europas besser schützen

Immerhin stoßen die USA sowohl pro Kopf als auch im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung oder in absoluten Zahlen mehr CO2 aus als die EU. Auch andere Vertragsparteien des Klimaabkommens wie China, Indien und Russland hätten "nicht annähernd so ambitionierte Klimaziele wie die EU und unterliegen auch keinen Sanktionen bei Nichterfüllung". Österreich habe bereits einmal wegen Nichterfüllung des Kyoto-Reduktionsziels rund 500 Mio. Euro bezahlen müssen, erinnert Schwarzer.

"Der nun noch einsamere Vorreiter Europa täte gut daran, den Schwerpunkt seines Klimaschutzes auf Technologiepolitik, Infrastrukturmodernisierung und Mobilisierung privater Investitionen durch Anreize zu legen." Klimaschutz könne man auch so gestalten, dass er sich auf Wirtschaft und Beschäftigung positiv auswirkt - etwa durch die Beseitigung von Investitionsbarrieren.

Reaktionen im Überblick:

(1) Reaktionen der Politik: Wirtschaftliche Chance für Österreich >>

(2) Industriellenvereinigung: Neue Vorteile für China >>

(3) Wirtschaftskammer: Den Industriestandort sichern >>

(4) Wifo: Ein starkes Signal für Ölmultis und Kohleförderer >>

(4) Wifo: Ein starkes Signal für Ölmultis und Kohleförderer

Der angekündigte Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen macht die Zielerreichung nach Expertenansicht schwieriger. "Die USA als große Volkswirtschaft und bedeutender Emittent sind jedenfalls wichtig, dass die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens langfristig erreicht werden können", sagte Wifo-Umweltökonomin Angela Köppl zur APA. Die USA sind nach China weltweit der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen.

Ohne die USA wird es nicht gehen

Die gestrige Ankündigung ist für Köppl ein ziemlich starkes Signal, dass für US-Präsident Donald Trump im Energiebereich fossile Industrien nach wie vor relevant sind. Auf der anderen Seite müsse man aber sehen, dass in den USA insgesamt Schritte in Richtung Transformation des Energiesystem hin zu Erneuerbaren Energien oder Alternativen wie beispielsweise im Bereich der Mobilität gesetzt werden. "Diese Schritte werden weitergehen", sagte Köppl. Nichtsdestotrotz sende Trump Signale, dass er andere herkömmliche Vorstellungen vom Energiesystem habe, die nicht mit einem zukunftsfähigen Energiesystem kompatibel seien.

Punkto internationaler Klimapolitik sei es sicherlich bedauerlich, wenn ein wichtiges Land und ein großer Emittent auf Bundesebene aussteigen wolle. Man müsse aber sagen, dass das was Trump mache, "sicher nicht 1:1 in den Bundesstaaten durchgeführt wird", sagte Köppl. So werde es wohl kaum zu einem Rückbau bereits gesetzter Klimaschutzaktivitäten kommen.

Langfristiger Schaden für Amerikas Energiewirtschaft - und Chancen für Europa

Köppl sieht für die USA die Gefahr, dass sie zurückbleiben, wenn der Rest der Welt versuchen wird, neue Technologien voranzutreiben. Die USA würden wohl deutlich weniger in klimarelevante Forschung investieren. Europa habe die Chance, sich bei emissionsvermeidenden Technologien und Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien stärker positionieren zu können.

Reaktionen im Überblick:

(1) Reaktionen der Politik: Wirtschaftliche Chance für Österreich >>

(2) Industriellenvereinigung: Neue Vorteile für China >>

(3) Wirtschaftskammer: Den Industriestandort sichern >>

(4) Wifo: Ein starkes Signal für Ölmultis und Kohleförderer >>

(APA/red)