Luftfahrtindustrie : Diese Software brachte offenbar die Boeing 737 Max zum Absturz

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© APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Der US-Flugzeughersteller Boeing hat ein Softwareproblem bei Maschinen des Typs 737 Max eingeräumt, nachdem am Sonntag zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Monaten eine fast fabrikneue Maschine dieser Art in Äthiopien abgestürzt ist. Man arbeite an einer "Verbesserung der Software", teilte Boeing mit.

Ein Softwareprogramm zur Fluglagestabilisierung im Fokus

Das Software-Update solle "in den nächsten Wochen" in der 737-Max-Flotte erfolgen. Boeing verwies darauf, dass die US-Luftsicherheitsbehörde FAA die Änderung des Computerprogramms bis April erwarte. Konkret geht es um ein Programm zur Fluglagestabilisierung (MCAS), bei dem es durch falsche Sensordaten zu Problemen kommen kann. Zu diesem Fall: Zweiter Absturz einer Boeing 737-800Max setzt Boeing enorm unter Druck >>

"Boeing 737 Max ist ein sicheres Flugzeug"

Boeing betonte, dass die Piloten "immer in der Lage sind, die Flugkontrolle manuell außer Kraft zu setzen". Die 737 Max sei "ein sicheres Flugzeug".

Zuvor hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA mitgeteilt, dass Software- und Systemänderungen erforderlich seien. Die Behörde ordnete aber nicht an, dass alle Boeing 737 Max 8 vorerst am Boden bleiben müssen. Die FAA teilte mit, eigenes Personal und Mitarbeiter der US-Transportsicherheitsbehörde NTSB seien nach Äthiopien entsandt worden, um die äthiopischen Behörden bei der Suche nach der Unglücksursache zu unterstützen. "Alle Daten werden während dieser Untersuchung sorgfältig geprüft und die FAA wird geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn die Daten darauf hindeuten, dass dies erforderlich ist."

Fatale Folgen der Digitalisierung

Der deutsche Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt hatte gegenüber Ö1den Verdacht geäußert, dass ein Softwareproblem an den Abstürzen schuld sei. Bei den Unglücken seien Ähnlichkeiten aufgefallen, "die ins Auge stechen". Die Software dürfte kurz nach dem Start ohne sichtbaren Grund eingegriffen und die Nase der Maschine nach unten gedrückt haben.

In den neuen Typus Boeing 737 Max wurde eine zusätzliche Software eingebaut, die dafür sorgt, dass die Flugzeugnase nicht zu hoch genommen wird. Diese dürfte sich eingeschaltet haben, obwohl der Flieger im Steigflug war. Die Piloten hätten "ziemlich verzweifelt versucht", die Nase nach oben zu nehmen. Und als diese wieder nach oben ging, habe die Software wieder eingegriffen und diese heruntergedrückt.

"Was sie (die Piloten, Anm.) nicht getan haben, was relativ einfach ist, diese Software, dieses System, einfach zu deaktivieren", meinte Großbongardt. "Das ist relativ einfach, das ist mehr oder weniger ein Knopfdruck." Weiters dazu: Absturz einer Boeing: Softwarefehler als mögliche Ursache >>

Weltweit zahlreiche Flugverbote für die Baureihe

Nach dem Unglück mit 157 Todesopfern, darunter drei Österreicher, beschlossen China, Indonesien, Südkorea und Äthiopiens nationale Fluggesellschaft sowie eine Reihe weiterer Airlines wie die mexikanische Aeromexico oder die brasilianische Gol, Boeings modernisierten Mittelstreckenjet vorerst am Boden zu lassen. Auch Australien lässt inzwischen auf seinen Flughäfen keine Passagiermaschinen des Typs Boeing 737 Max 8 mehr starten und landen.

Eine klare Reaktion der Luftfahrtbranche gibt es bisher allerdings nicht. Andere Airlines, darunter die großen US-Gesellschaften American und Southwest sowie die norwegische Norwegian fliegen die Maschinen weiter.

Vorerst kein Startverbot in Europa

Auch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) erteilte vorerst kein Startverbot. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) verwies auf die Zuständigkeit der EASA und meinte, dass in Österreich einem Flugzeug nur dann der Start verwehrt werden kann, wenn bei einem Check auf einem österreichischen Flughafen ein gravierender Mangel festgestellt worden sei.

Die Aktien von Boeing büßten zum Börsenstart bis zu knapp 13,5 Prozent ein. Das bedeutete laut der Nachrichtenagentur Bloomberg den größten Tagesverlust im Handelsverlauf seit den Terroranschlägen in New York am 11. September 2001. Im Verlauf erholte sich die Aktie und schloss 5,4 Prozent im Minus. (APA/red)