Logistik : Die Schweiz kann die Lastwagen-Lawine erfolgreich zurückdrängen

Immer weniger Lastwagen fahren durch die Schweiz, mit 941.000 alpenquerenden Fahrten pro Jahr ist das Verlagerungsziel aber noch lange nicht erreicht. Der Schweizer Bundesrat hat zusätzliche Maßnahmen beschlossen, um die Güter auf die Schiene zu bringen.

"Die Schiene soll billiger werden und schmutzige Lastwagen sollen teurer werden", fasste Verkehrs- und Umweltministerin Simonetta Sommaruga die Stoßrichtung vor Medien zusammen. Mit den bisherigen Maßnahmen könne das Verlagerungsziel nicht erreicht werden, es brauche daher zusätzliche Schritte.

Der Bundesrat schlägt dem Parlament vor, die Laufzeit des Zahlungsrahmens für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs über 2023 hinaus zu verlängern und um 90 Mio. Franken (rund 82 Mio. Euro) aufzustocken.

Im Verzug ist etwa der Ausbau der Zulaufstrecken zur NEAT in Deutschland, zudem können im europäischen Güterverkehrskorridor auch noch nicht durchgehend Güterzüge mit einer Länge von 740 Meter geführt werden. Der Verlagerungsprozess sei gefährdet, wenn bereits ab 2023 keine Betriebsabgeltungen mehr gesprochen würden, schreibt der Bundesrat.

Er hat weiter die Trassenpreise für Züge per 1. Jänner 2021 gesenkt. Damit wird der Schienenverkehr in der Schweiz um jährlich rund 90 Mio. Franken entlastet, was zu je einem Drittel dem Güter-, dem Fern- und dem Regionalverkehr zugutekommt. Für den alpenquerenden Güterverkehr beziffert der Bundesrat die Entlastung mit rund 7 Prozent.

Für Güterzüge mit einer Länge über 500 Meter hat der Bundesrat zudem einen Sonderrabatt eingeführt. Mit langen Zügen könne die Kapazität der Infrastruktur besser genutzt werden, schreibt er. Für Güterzüge über 700 Meter würde der Trassenpreis durch den Rabatt um 10 bis 20 Prozent sinken.

Auf 2021 hin hat der Bundesrat auch Anpassungen bei der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) vorgenommen: Die Lastwagen der Abgasklassen EURO IV und V sollen künftig in die teuerste LSVA-Kategorie fallen.

Auf die beiden Kategorien zusammen entfällt heute noch knapp 30 Prozent des Verkehrs, der Anteil geht aber laufend zurück. Ohne Abklassierung würde die durchschnittliche Abgabe für eine Fahrt durch die Schweiz von 293 Franken im Jahr 2018 auf 275 Franken im Jahr 2024 sinken.

Zum Thema LSVA werden weitere Diskussionen mit der EU nötig sein, weil in einigen Jahren die große Mehrheit der Lastwagen der umweltfreundlichsten Kategorie VI angehören. Unklar ist auch, wie Lastwagen mit alternativen Antrieben mittelfristig behandelt werden. Diese zahlen heute keine LSVA, der Schweiz drohen darum hohe Einnahmeausfälle.

Als letzte Maßnahme plant der Bundesrat, die Schwerverkehrskontrollen zu intensivieren. Dazu soll unter anderem das Schwerverkehrskontrollzentrum Gotthard Süd in Giornico gebaut werden. Dieses kann voraussichtlich 2022 oder 2023 in Betrieb genommen werden.

Im Verlagerungsbericht stellt der Bundesrat fest, dass die Fahrtenzahl schwerer Güterfahrzeuge auf der Straße über Schweizer Übergänge zwischen 2016 und 2018 um 3,5 Prozent zurückgegangen ist. Gegenüber dem Jahr 2000 beträgt der Rückgang 33 Prozent. Der Anteil der Bahn im alpenquerenden Güterverkehr blieb nahezu stabil.

Ohne die Verlagerungsinstrumente würden laut Bundesrat jährlich zusätzlich 800.000 Lastwagen durch die Alpen fahren. Mit dem Maßnahmenpaket setze der Bundesrat eine Erfolgsgeschichte fort, sagte Sommaruga.

Diese drücke sich nicht nur in Zahlen aus, sondern finde auch in den Köpfen der Menschen statt. "Es hat ein Umdenken stattgefunden." Für immer mehr Menschen - auch für Transporteure - sei heute klar, dass Güter auf die Schiene gehörten. (sda/apa/red)