Paketlogistik : DHL übergibt Geschäft an Österreichische Post - Flucht vor Amazon?

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© Deutsche Post DHL Group/Jens Schlueter

Die Österreichische Post hat einen Konkurrenten weniger und dafür einen Partner mehr: Sie übernimmt im Laufe des Jahres 2020 den Großteil des Zustellgeschäftes der deutschen DHL in Österreich. "Weiters ist vorgesehen, Mitarbeiter und einen Großteil der betroffenen Logistik-Standorte zu übernehmen", so das teilstaatliche Unternehmen. Dieser Schachzug hatte sich in den vergangenen Tagen bereits abgezeichnet: DHL soll einen Abzug aus Österreich prüfen >>

Ein Konkurrent weniger

Voraussetzung ist grünes Licht der Wettbewerbsbehörden in Österreich und Deutschland. Die DHL-Mutter Deutsche Post sprach heute in einer Pressemitteilung von einer "langfristigen Partnerschaft zur Forcierung des Paketgeschäfts". Weitere Kooperationsmöglichkeiten im Bereich E-Commerce würden geprüft.

DHL: Keine Auswirkungen auf Bereiche Fracht und Lieferketten in Österreich

Weiters betonten die Deutschen: "Die Vereinbarung hat keinerlei Auswirkung auf die Aktivitäten von Deutsche Post DHL Group im internationalen Expressgeschäft, beim Frachttransport und bei Supply-Chain-Lösungen in Österreich."

Partnerschaft erwünscht

"Die Zusammenarbeit soll beide Parteien in die Lage versetzen, gemeinsam das Potenzial im wachsenden, grenzübergreifenden E-Commerce-Geschäft auszuschöpfen und verbindet die Stärken der beiden Unternehmen in ihren jeweiligen Zustellnetzen", so die Post AG.

Flieht DHL vor Amazon?

Wobei: Der Einstieg des US-Onlineriesen Amazon in die Paketzustellung in Österreich dürfte den Druck auf die Post und DHL zuletzt deutlich erhöht haben.

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Der Erste Group-Analyst Christoph Schultes meinte zu Jahresbeginn, Amazons Markteintritt könnte dazu führen, dass das deutsche Logistikunternehmen mittelfristig ungefähr drei Millionen Paketen weniger ausliefern wird. Für DHL werde es unter diesen Umständen "schwierig, wenn nicht sogar unmöglich" profitabel zu werden. Dies könnte wiederum zu einer Wiederaufnahme der Partnerschaft mit der Österreichischen Post führen, vermutete der Wertpapierexperte bereits im Jänner.

Post erhöht Marktanteile

Im Vorjahr hatte die Post AG 108 Millionen Pakete transportiert, bis 2022 sollen es 150 Millionen sein. "Mit dieser Kooperation wird ein wichtiger Schritt gesetzt dieses Ziel bereits früher zu erreichen", so Postchef Georg Pölzl. Ihm ist damit nach dem Rückschlag bei der Suche nach einem Finanzpartner als Ersatz für die BAWAG und der Aufregung über die Datensammlung durch die Post nun ein Coup gelungen.

Zur Vorschau für heuer meinte er: "Der stabile Ausblick für das operative Ergebnis der Österreichischen Post im Jahr 2019 bleibt vor dem Hintergrund steigender Paketmengen, aber auch steigender Investitions- und Integrationskosten unverändert."

Wettbewerbsbehörde nimmt Paketmarkt unter die Lupe

Der Deal der Post mit dem Konkurrenten DHL könnte sich als kartellrechtlich problematisch erweisen. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wird anlässlich der geplanten Übernahme den österreichischen Paketmarkt einer genauen Prüfung unterziehen, wie BWB-Chef Theodor Thanner gegenüber der APA ankündigte. Der Grund seien die hohen Marktanteile.

"Wir rechnen damit, dass das die Woche offiziell eingereicht wird", sagte Thanner. "Unterlagen haben wir keine schriftlichen, daher werden wir einmal die Fusionsanmeldung abwarten und dann intensiv prüfen und analysieren." Den Einstieg des Internethändlers Amazon in das Zustellgeschäft im Großraum Wien mit einem Verteilzentrum in Großebersdorf will die Behörde ebenfalls berücksichtigen.

Die Grenze von 30 Prozent beim Marktanteil

Grundsätzlich wird im Kartellrecht in Österreich ab 30 Prozent Marktanteil von einer marktbeherrschenden Stellung ausgegangen. In der Vergangenheit hat die BWB bei Zusammenschlüssen mit hohen Marktanteilen Marktbefragungen durchgeführt. Dies wird auch in diesem Fall erwogen, wie Thanner sagte. Im Regelfall hat die BWB vier bis sechs Wochen Zeit für die Fusionskontrolle, besonders heikle Fällen landen vor dem Kartellgericht. (apa/red)