Medizintechnik : Coronavirus ist für Siemens Healthineers mehr Risiko als Chance

Die Medizintechnik-Sparte von Siemens rechnet sich infolge des Coronavirus keine steigende Nachfrage nach seinen Röntgengeräten und Computertomografen aus. "Die kurzfristige Möglichkeit, damit Geschäft zu machen, würde ich nicht überschätzen. Das geht nicht so schnell", sagte der Vorstandschef von Siemens Healthineers, Bernd Montag, in Erlangen. "Da kommt und geht ein Virus schneller." Der Gedanke an zusätzliche Umsätze sei derzeit drittrangig. "Unsere Prioritäten sind zunächst: helfen, wo wir gebraucht werden."

Siemens Healthineers habe an zwei Krankenhäuser in der chinesischen Millionenstadt Wuhan - dem Zentrum des Ausbruchs - innerhalb von 24 Stunden zwei Ultraschall-Systeme und einen Computertomografen (CT) zur Untersuchung von Lungenkrankheiten geliefert, sagte Montag. Geräte für 2 Mio. Euro habe der Konzern dabei gespendet.

Die Werke von Siemens Healthineers in China und die Lieferketten seien durch das Virus nicht beeinträchtigt, sagte der Vorstandschef. Im ersten Quartal (von Oktober bis Dezember) waren die Umsätze in China um 17 Prozent gestiegen. Denkbare Verzögerungen bei der Auslieferung von Geräten ließen sich später wieder aufholen. "Wenn das einen Einfluss haben sollte, wird der temporär sein. Das wird auch zu positiven Gegenschwingungen führen."

Healthineers schwächelt im ersten Quartal

Der Nettogewinn von Siemens Healthineers ging im ersten Quartal (per Ende Dezember) um 12 Prozent auf 304 Mio. Euro zurück und lag damit klar unter den vom deutschen Unternehmen selbst erhobenen Analystenschätzungen. "Die Profitabilität war durch temporäre Effekte gedämpft", räumte Vorstandschef Bernd Montag ein. Vor allem der für gewöhnlich zuverlässigste Gewinnbringer, das Geschäft mit Röntgen-, Ultraschall- und MRT-Geräten, schwächelte. Dabei stieg der Konzernumsatz von Oktober bis Dezember auf vergleichbarer Basis um 5,5 Prozent auf knapp 3,6 Mrd. Euro. Die operative Umsatzrendite brach auf 13,5 (erstes Quartal 2018/19: 16,4) Prozent ein.

Montag bestätigte aber die Prognosen für 2019/20: "Vor dem Hintergrund unserer sehr starken Auftragslage sind wir für die weitere Entwicklung des Geschäftsjahres zuversichtlich." Der Auftragseingang sei im ersten Quartal um 20 Prozent über dem Umsatz gelegen. Siemens Healthineers erwarte weiterhin einen Umsatzanstieg - ohne Währungs- und Zukaufseffekte - von fünf bis sechs Prozent und einen Anstieg des Ergebnisses je Aktie (EPS) um sechs bis zwölf Prozent. Im ersten Quartal ging es allerdings um sechs Prozent zurück.

Große Hoffnungen setzt das Erlanger Unternehmen auf einen Großauftrag der US-Laborkette Quest Diagnostics für das Diagnostiksystem "Atellica". Healthineers sei als bevorzugter Lieferant ausgewählt worden, erklärte das Unternehmen. Demnach könnte der weltweit größte Laborbetreiber in den nächsten Jahren nach und nach bis zu 120 Atellica-Systeme für Immunoassay-Tests in seinen 19 Laboren in USA einsetzen.

Atellica ist die große Zukunftshoffnung der Diagnostik-Sparte, hat aber seit der Einführung mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen. Der operative Gewinn der Sparte hat sich im ersten Quartal mehr als halbiert. Siemens Healthineers begründete das mit hohen Anlaufkosten, nachdem im Schlussquartal des Vorjahres mehr als 600 Systeme installiert worden seien. Wie viele im ersten Quartal hinzukamen, blieb zunächst offen. Die größte und ertragreichste Sparte Imaging verzeichnete mit sieben Prozent zwar ein kräftiges Umsatzwachstum, der operative Gewinn (Ebit) bröckelte aber um vier Prozent ab. (apa/Reuters)