Autoindustrie : Britischer Experte: Schließungen bei Vauxhall wahrscheinlicher als bei Opel in Deutschland

Der geplante Verkauf des Autobauers Opel an den französischen PSA-Konzern bereitet den Beschäftigten bei Vauxhall Sorgen. Die Briten fürchten um die Standorte der Opel-Schwestermarke in Ellesmere Port und Luton.

Nun nimmt sich die britische Premierministerin Theresa May der Sache selbst an. May wurde zu einem Gespräch mit PSA-Chef Carlos Tavares eingeladen. Ein exakter Termin steht Angaben eines Regierungssprechers in London zufolge aber noch nicht fest.

In Ellesmere Port (Astra) sind nach Firmengaben 1.830 Mitarbeiter beschäftigt, in Luton (Vivaro) waren es Ende vergangenen Jahres 1.530. Gefährdet sein könnten auch Jobs bei Zulieferern und im weitreichenden Händlernetz.

Experte: Schließungen bei Vauxhall wahrscheinlicher als bei Opel

Der britische Fusionsexperte John Colley hält es für möglich, dass die Produktionsstätten in seinem Land dichtgemacht werden. Er nennt gleich mehrere Gründe: "Die Schließung der deutschen Werke wäre mindestens dreimal so teuer wie die der britischen Produktionsstätten." Auch der Einfluss der Gewerkschaften in Deutschland sei stärker, sagte Colley von der Warwick Business School dem Branchendienst "Automotive Management".

"Und der Brexit ist auch eine Ursache für die Unsicherheit", sagte Colley. Großbritannien wird nicht nur aus der EU aussteigen, sondern auch aus dem europäischen Binnenmarkt und der Zollunion. May will die Austrittserklärung bis Ende März nach Brüssel schicken.

Keine Entwarnung in Deutschland

Auch für die mehr als 19.000 Opel-Beschäftigten in Deutschland gibt es noch keine Entwarnung. PSA Peugeot-Citroen hat noch keine verbindlichen Zusagen gemacht, was mit den Arbeitsplätzen und Werken in Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach sowie dem Ersatzteilzentrum in Bochum passieren würde. Die Opel-Beschäftigten in Deutschland sind bis Ende 2018 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt, während die Investitionszusagen sogar bis ins Jahr 2020 reichen.

Opel war vor fast 90 Jahren vom US-Autobauer General Motors (GM) übernommen worden. Zusammen mit der britischen Schwestermarke Vauxhall ist es auf den europäischen Markt fokussiert.

Britische Gewerkschaft kämpferisch

Len McCluskey von der größten britischen Gewerkschaft Unite zeigt sich kämpferisch: "Wir werden keine Arbeitsplatzverluste oder Werksschließungen akzeptieren." Die Zukunft der Arbeitsplätze in der Automobilbranche dürfe nicht in der Hand der Regierung in Paris und deren Unterstützung für PSA liegen. Der französische Staat hält etwa 14 Prozent der Anteile an dem Konzern.

Die Regierung in London müsse die britischen Werke genauso absichern wie sie es bei Nissan getan habe, forderte der Gewerkschafter. Laut "Financial Times" hat London dem PSA-Konzern bereits ein solches Angebot gemacht.

Nissan investiert

Der japanische Autobauer investiert in eine moderne Fabrik im nordostenglischen Sunderland, wodurch 7.000 Arbeitsplätze gesichert werden sollen. Zuvor hatte die Regierung in London Hilfen zugesagt, falls es Probleme durch den Brexit für Nissan geben sollte.

Großbritannien ist weit vor Deutschland der wichtigste Einzelmarkt für die Marke, die auf der Insel unter dem historischen Namen Vauxhall antritt. Britische Autokäufer hielten sich nach dem Brexit-Votum merklich zurück. 289.000 Vauxhall wurden dort nach Firmenangaben 2016 noch verkauft - 23.000 weniger als im Jahr zuvor. In den anderen Märkten Europas konnte Opel hingegen zulegen und schaffte inklusive UK ein Absatzplus von vier Prozent.

Stolze Autoindustrie des Landes ist größtenteils ausverkauft

Die einst so stolze britische Autoindustrie mit Herstellern wie Jaguar, Rolls-Royce oder Rover ist längst größtenteils in ausländischer Hand. Größter Hersteller des Landes ist Jaguar Land Rover, der inzwischen dem indischen Autokonzern Tata Motors gehört.

Die gesamte Autobranche ist durch den bevorstehenden Brexit verunsichert. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach, rechnet künftig mit Zollschranken zwischen EU und Vereinigtem Königreich. Zölle seien aber Gift für die Hersteller. Der britische Autoverband SMMT warnte vor zu eiligen Handelsabkommen mit Blick auf den EU-Austritt. Dies könnte zu irreparablen Schäden für die britische Autoindustrie führen. (dpa/apa/red)