Bauindustrie : Bilfinger: An der Compliance-Kandare

Der deutsche Industriedienstleister Bilfinger fordert von zwölf ehemaligen Vorständen einen dreistelligen Millionenbetrag. Der Grund: Sie hätten keine ausreichenden Anti-Korruptionsregeln aufgestellt.

In die geforderte Summe fließen Kosten ein, die das Unternehmen zusätzlich zu bereits vorhandenen, aber ungenügenden Compliance-Systemen zahlen musste. Diese Systeme sollen die Einhaltung von Regeln gegen Korruption und Bestechung sicherstellen.

Zwar sei das Thema Korruption während seiner Amtszeit noch nicht so im Fokus der Öffentlichkeit gewesen wie heute, sagte der Berater des Konzerns, der ehemalige FBI-Direktor Louis Freeh, in Mannheim. "Doch schon zu dieser Zeit hat es einen Verhaltenskodex gegeben, nach dem die Zahlung von Schmiergeldern an Regierungsmitglieder verboten war." Selbst ohne explizite Standards sei die Führung eines Konzerns zu integrem Geschäftsgebaren verpflichtet, betonte Freeh.

Für Freeh ist Compliance eine Kultur des fairen Wettbewerbs, die ein Unternehmen von der Empfangsdame bis zur Spitze verinnerlicht haben müsse.

Hier das Titelthema im INDUSTRIEMAGAZIN 2015:

Compliance: Der verwaltete Anstand >>

Bilfinger musste sich einen Compliance-Berater holen - es wurde ein ehemaliger FBI-Direktor

Die Vorwürfe betreffen unter anderem den Ex-Ministerpräsidenten von Hessen, Roland Koch. Koch, der das Unternehmen von 2011 bis 2014 leitete, hatte die Vorwürfe als substanzlos zurückgewiesen.

Der Konflikt um angebliche Pflichtverletzungen zwischen 2006 und 2015 vor allem in Afrika und Asien hat bisher nicht die Gerichte erreicht. Das auf Wartung und Reparatur von Anlagen spezialisierte Unternehmen und die ehemaligen Vorstände verhandeln laut Freeh derzeit noch. "Ich hoffe auf eine außergerichtliche Lösung."

Heute habe das Unternehmen mit rund 36.000 Mitarbeitern beim Thema Compliance den Stand vergleichbarer Wettbewerber erreicht, sagte Freeh. Er arbeitet seit drei Jahren als Compliance-Berater für Bilfinger.

Der Überwacher plädiert für eine längere Überwachung

Das US-Justizministerium hatte wegen einer Schmiergeldaffäre in Nigeria im Jahr 2003 ein Verfahren gegen Bilfinger und ein US-Unternehmen eingeleitet. Bilfinger zahlte Ende 2013 in den USA 32 Millionen Dollar (heute 27,61 Mio. Euro) und versprach, ein funktionierendes Compliance-System aufzubauen, das von einem Monitor überprüft wird. Damit wurde die Strafverfolgung ausgesetzt. Hätten die Mannheimer das nicht getan, wäre ihr US-Geschäft bedroht gewesen.

100 Millionen Euro für Compliance

Der Monitor, also ein Aufseher in Person des Rechtsanwalts Mark Livschitz, nahm 2013 seine Arbeit auf. 2015 zeigte er sich unzufrieden mit dem Stand des Verhaltenskodex und plädierte für eine verlängerte Beobachtung. Daraufhin stellte Bilfinger FBI-Direktor Louis Freeh ein. Seither kümmert sich Free jeden Monat an sieben bis zehn Tagen darum, eine wirksame Compliance zu installieren.

Das letzte Wort hat das US-Justizministerium

Seit damals hat das Unternehmen 100 Millionen Euro für die Sicherstellung der Regeltreue ausgegeben. "Der Vorstand nimmt das Thema sehr ernst, und ich glaube, dass das Unternehmen Ende dieses Jahres Grünes Licht des Monitors für gute Compliance erhält", sagte Freeh.

Das letzte Wort habe aber das US-Justizministerium. Zu der Kündigung einer internen Chefermittlerin wollte sich der 68-Jährige nicht äußern. Der Vorgang werde in einem Arbeitsgerichtsprozess aufgearbeitet. (dpa/apa/red)