Luftfahrt : Beispiel Wien: Auf Flughäfen ist von einer "Flugscham" weit und breit nichts zu sehen

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© Peter Martens

Von Flugscham mag in Medien die Rede sein - während Greta Thunberg öffentlichkeitswirksam mit der Jacht über den Atlantik segelt. In der realen Welt des Flughafens Wien ist von so einer Tendenz nichts zu spüren. Im Vorjahr frequentierten 31,7 Mio. Menschen den Wiener Flughafen, 17,1 Prozent mehr als 2018. Heuer soll ein weiterer Anstieg um 3 bis 5 Prozent folgen.

Die Zahl der Starts- und Landungen legte im Vorjahr um gut 10 Prozent auf 266.800 zu - damit wurde der Rekord von 2008, vor der Finanzkrise, wieder erreicht. Einziges Problem des Flughafens sind in der Spitzenzeit knapp werdende Start- und Landemöglichkeiten, also Slots. Das werde ab Sommer 2020 wohl "nur noch ein sehr gebremstes Wachstum" ermöglichen, warben die Flughafen-Vorstände Julian Jäger und Günther Ofner schon einmal für die genehmigte aber immer noch umstrittene dritte Piste. Die endgültige Entscheidung über den Bau der Piste werde in zwei bis drei Jahren nach betriebswirtschaftlichen Kriterien fallen, wenn alle Vorbereitungen abgeschlossen sind. Die Politik könne da aber nicht mehr hineinreden, da das Großprojekt "unanfechtbar und endgültig genehmigt" sei, und für den Bau keine Steuermittel nötig seien, so Ofner. Man werde aber nicht den Fehler wie in Berlin machen, wegen kurzfristigen Schwankungen bei der Nachfrage die Investitionen umzuplanen. Frühestens 2030 kann die dritte Piste in Betrieb gehen.

Eine dritte Piste hätte auch ökologische Vorteile, etwa weil es weniger Stau in der Luft gäbe und damit weniger Kerosinverbrauch. Auch die Lärmbelastung in Wien würde sinken, sagte Ofner. An einen Rückgang von Flügen glaubt der Flughafen-Vorstand nicht. Wenn man die Branche ökologischer machen wolle, sollte man den gemeinsamen Luftraum über Europa verbessern (single sky) - weniger Stau in der Luft könnte 10-15 Prozent des Flugbenzins Kerosin sparen. Auch könnte jeder einzelne den eigenen CO2-Verbrauch beim Flug kompensieren - das werde aber nur "sehr, sehr selten" genutzt, bedauert Ofner. Der Flughafen Wien will seinen Betrieb bis 2030 CO2-neutral gestalten.

Auch die von der Regierung angekündigte Erhöhung der Ticketsteuer wird den Flughafen nicht bremsen, da negative Effekte daraus von anderen Maßnahmen der neuen Regierung "überkompensiert" würden, hält der Flughafen-Vorstand fest. Dazu gehören die Senkung der Körperschaftssteuer, der Ausbau der Bahn Richtung Bratislava und der einheitliche Europäische Luftraum. Alleine die KöSt-Senkung wird den Flughafen-Gewinn um 8 bis 10 Mio. Euro erhöhen, rechnete Ofner vor.

Der Wegfall des damals zweitgrößten Kunden Air Berlin erwies sich im Nachhinein als Segen für den Flughafen. Denn dadurch haben einige Billigflieger Wien als Standort für sich entdeckt. Das hat Wien nun zu einem der 20 größten Flughäfen Europas werden lassen. Da aber im harten Wettbewerb praktisch alle Airlines Verluste oder nur sehr schmale Gewinne einfliegen, sollten sich die Passagiere heuer oder 2021 auf "Konsolidierungen" einzelner Strecken oder des gesamten Marktes einstellen, sagt Jäger. "Es ist nur die Frage, wann und wie heftig die Marktbereinigung ausfallen wird". Das heißt im Klartext, es müsse eine Steigerung der Ticketpreise geben. Das könnte das Wachstum in Wien wieder dämpfen. Aber selbst wenn es 2021 kein Passagierwachstum in Wien geben sollte, wäre das für den Flughafen "keine Katastrophe", so Jäger. (apa/red)