Bahnindustrie : Auch der Strabag wurde offenbar das Ibiza-Video angeboten

Hans Peter Haselsteiner
© Michael Hetzmannseder

In einem Interview mit dem Magazin "Trend" wirft der Bauindustrielle Hans Peter Haselsteiner den ehemaligen Verkehrsminister Norbert Hofer vor, "der Westbahn zu schaden.“ Haselsteiner begründet das mit Direktvergaben bei Nahverkehren, bei denen die Westbahn nicht zum Zug kam.

Im berühmten "Ibiza-Video" aus dem Jahr 2017 hatte Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache von Staatsaufträgen gesprochen, die man im Fall einer Regierungsbeteiligung der FPÖ Haselsteiners Baukonzern Strabag entziehen wolle.

Haselsteiner: Nicht Aufträge an Strabag, sonder an Westbahn genau prüfen

Im Gegensatz zu den Ankündigungen Straches seien für den Baukonzern Strabag keine Indizien für eine Benachteiligung zu sehen, so Haselsteiner. Die Entscheidungen der öffentlichen Hand rund um die Westbahn will er dagegen "penibel untersuchen" lassen.

Haselsteiner: Keine Kenntnis vom Video vor Mitte Mai

Auf die Frage des "Trend", ob Haselsteiner bereits vor dem 17. Mai 2019 Kenntnis von dem Ibiza-Video gehabt habe, antwortet der Investor mit einem klaren „Nein“.

Dagegen berichtet hier die Zeitung "Die Presse", das Video sei sehr wohl bereits im Sommer 2017 vom Wiener Anwalt M. einem Lobbyisten der Strabag angeboten worden, und zwar um fünf Millionen Euro. Der Lobbyist habe den Kauf abgelehnt.

Haselsteiner ist Hauptaktionär des privaten Bahnbetreibers Westbahn, der sich in Österreich auf den besonders lukrativen Strecken als Konkurrent zu den ÖBB positioniert. Außerdem ist er Großfinanzier der Partei "Die Neos", die im EU-Wahlkampf mit dem Slogan "Vereinigte Staaten von Europa" geworben hat. Im Interview schlägt Haselsteiner auch ein neues System der Parteifinanzierung vor, falls Großspender verboten werden sollten („womit ich einverstanden wäre“).

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Verkehrsministerium hat gesetzestreu gehandelt

Bei seinen Vorwürfen gibt allerdings auch Haselsteiner zu, dass das Verkehrsministerium bei den Entscheidungen keineswegs rechtswidrig gehandelt hat - "denn es muss nicht an den billigsten Anbieter vergeben." Haselsteiner meint aber, dass der Republik "ein Kostennachteil" entstanden sei.

Hintergrund: Das 4. Eisenbahnpaket der EU erlaubt die Direktvergabe von Verkehrsdiensten weiterhin, ebenso auch Ausschreibungen.

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Diskussion um Direktvergabe 2017

Die Direktvergaben, die Haselsteiner nun anspricht und worin er Nachteile für seine Westbahn sieht, sind tatsächlich immer wieder ein Thema im politischen Diskurs. So hat es vor zwei Jahren und danach immer wieder auf politischer Bühne eine größere Diskussion um die Direktvergabe von Aufträgen der ÖBB gegeben. Damals, im Vorfeld der Nationalratswahl 2017, plädierte die SPÖ dafür, dass die lukrativen Aufträge der öffentlichen Hand weiterhin nicht ausgeschrieben, sondern direkt vergeben werden - wegen der gewünschten Auswirkungen auf den heimischen Arbeitsmarkt, aber auch wegen der Qualität der Dienstleistungen, so die Argumentation.

In der damaligen Diskussion richteten sich die Positionen der SPÖ vor allem gegen die ÖVP mit dem Vorwurf, die Volkspartei wolle mehr staatliche Unternehmen schrittweise privatisieren und Bund, Länder und Gemeinden entmündigen. SPÖ-Politiker wie Andreas Schieder oder Jörg Leichtfried verwiesen darauf, dass im Bahnsektor in Österreich - direkt und indirekt - mehr als 100.000 Menschen beschäftigt seien, davon 66.000 direkt bei den Bahnen. Gleichzeitig gebe es international mehr als genug Beispiele dafür, wie Bahnbetreiber privatisiert und Direktvergaben verboten worden seien - und danach Qualität, Service und Pünktlichkeit gesunken, aber die Preise gestiegen seien.

Befürworter von Ausschreibungen argumentieren dagegen mit einem höheren Wettbewerb, der letztlich die Preise nach unten drücken würde.

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(pm)