Anlagenbau : Andritz: Ein teurer Konzernumbau und Kündigungen außerhalb Österreichs

Trotz rekordhoher Auftragseingänge und Umsätze haben Restrukturierungskosten 2019 eine Kerbe in den Andritz-Gewinn geschlagen. 113 Mio. Euro wurden für "kapazitive Anpassungen" aufgewendet, wie Andritz mitteilte. Im "Restrukturierungsmodus" befinde sich das Unternehmen deswegen trotzdem nicht.

Neuer Rekord bei Aufträgen und Umsätzen

Obwohl der Gewinn bei dem Anlagenbauer von 222,0 auf 127,8 Mio. Euro zurückgegangen ist, sind Aufträge und Umsätze im Vorjahr auf neue Rekordwerte geklettert. So stiegen die Auftragseingänge um 9,6 Prozent auf rund 7,3 Mrd. Euro und die Umsätze legten um 10,7 Prozent auf rund 6,7 Mrd. Euro zu. Im Grunde sei man zufrieden mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr, sagte Andritz-Chef Wolfgang Leitner. "Drei von vier Geschäftsbereichen haben sich gut entwickelt," so Leitner.

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Umsatztreiber war dank neuer Aufträge vor allem die Pulp & Paper-Sparte, in der die Erträge um 28,5 Prozent um mehr als ein Viertel auf rund 2,9 Mrd. Euro stiegen. Der 2018 erworbene Papiermaschinenzulieferer Xerium habe sich "erwartungsgemäß" entwickelt, 2019 trug das erworbene Unternehmen 446 Mio. Euro zum Umsatz bei. Auch das wachsende Servicegeschäft habe zur Umsatzsteigerung beigetragen und machte 2019 rund 40 Prozent des gesamten Gruppenumsatzes aus. Zweitstärkster Bereich war Separation mit einem Umsatzwachstum von 7,9 Prozent (auf 696,8 Mio. Euro). Die Sparte Metals, in der auch Schuler enthalten ist, stagnierte bei einem Umsatzplus von 0,1 Prozent auf 1,6 Mrd. Euro, in der Division Hydro gingen die Umsätze um 3,1 Prozent zurück.

Neue Dividende geplant

Der Vorstand werde heuer eine Dividende von 0,70 Euro je Aktie vorschlagen. Das entspricht laut Unternehmen einer Ausschüttungsquote von rund 55 Prozent, ist jedoch nur halb so viel wie 2018, als noch eine Dividende von 1,55 Euro je Titel an die Aktionäre ausgezahlt wurde.

Abbau von Mitarbeitern bei Schuler soll weitergehen

Die "kapazitiven Anpassungen" schlagen bei Andritz mit 113 Millionen Euro zu Buche. Von diesem Betrag entfielen rund drei Viertel (82 Mio. Euro) auf die Metals-Sparte, die im wesentlichen aus der deutschen Tochter Schuler besteht. "Die Restrukturierung bei Schuler läuft plangemäß", sagte Andritz-Chef Wolfgang Leitner.

Der Personalabbau sei noch im Gange, die Maßnahmen sollen Ende 2021 abgeschlossen sein. Insgesamt werden 700 Stellen bei Schuler in Deutschland abgebaut, so Leitner. Der deutsche Pressenhersteller schrieb im Vorjahr einen Konzernverlust von 121,9 Mio. Euro.

Schuler erzielt rund drei Viertel seines Umsatzes in der derzeit global schwächelnden Automobilbranche. Für den Sektor rechnet Andritz auch im kommenden Jahr nicht mit einer Erholung. Es herrsche "generell Zurückhaltung bei den Herstellern," da alle unsicher seien, wie sich die Elektromobilität entwickeln werde, sagte Leitner. Daher werde derzeit wenig investiert in der Branche. Mittelfristig gehe man aber durchaus wieder von einer steigenden Nachfrage in dem Sektor aus. Weitere Details zu Schuler: Andritz-Tochter Schuler: Abbau von Personal geht weiter >>

Andritz baut auch in anderen Sparten Mitarbeiter ab - aber nicht in Österreich

Die übrigen 31 Mio. Euro Restrukturierungskosten entfallen auf die anderen drei Sparten Pulp & Paper, Hydro und Separation. Dabei handle es sich vor allem um Mitarbeiterreduktionen aufgrund von geänderten Marktbedingungen. In Österreich habe es keine Anpassungen gegeben, dafür in anderen europäischen Ländern wie Ungarn, Spanien und Frankreich. Der seit Oktober 2019 amtierende Finanzvorstand Norbert Nettesheim fügte jedoch hinzu: "Andritz ist nicht im Restrukturierungsmodus," sondern passe sich "wie jedes Unternehmen" an die herrschenden Bedingungen an.

Auswirkungen des Coronavirus schwer abschätzbar

Kurzarbeit im Zuge der Auswirkungen des Coronavirus, wie das in anderen Unternehmen der Fall ist, stehen bei Andritz laut Leitner nicht zur Debatte. Die Lage in China werde aber genau beobachtet. "Egal wie es sich entwickelt, wir werden reagieren", sagte Leitner am Mittwoch. Nach einer zweiwöchigen Produktionspause im Februar aufgrund des um eine Woche verlängerten chinesischen Neujahresfestes sei man nun wieder zu "business as usual" übergegangen. Die Werke in China liefen wieder mit nahezu voller Auslastung (rund 95 Prozent). Ob die Rückstände aus dem Februar aber im laufe des Jahres komplett aufgefangen werden können, ist noch fraglich. Andritz beschäftigt derzeit in China 3.588 Mitarbeiter, im Jahr 2019 stammten 11 Prozent der Auftragseingänge aus China. Im Jahr davor waren es noch 18 Prozent.

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Die genauen Auswirkungen des Coronavirus auf die wirtschaftliche Lage oder das Geschäft für Andritz könne man derzeit noch nicht abschätzen. Man müsse abwarten, wie sich die Lage weiter entwickle, so Leitner. Sollte sich die globale Wirtschaft heuer aber noch unerwartet deutlich abschwächen, könnte dies auch bei Andritz negative Auswirkungen auf das Geschäft haben, hieß es. (apa/red)