Personalia : Ametsreiter verlässt die Telekom

Hannes Ametsreiter tritt am 31. Juli als Chef der Telekom Austria zurück, offiziell will er sich beruflich umorientieren. Der plötzliche Rücktritt hat aber zweifellos mit dem Druck des Telekom-Mehrheitsaktionärs América Móvil zu tun, wie die Presse berichtet. América Móvil des Mexikaners Carlos Slim ist seit Ende 2012 im Telekom-Boot und lenkt die Geschicke des Konzerns mit 59,7 Prozent der Telekom-Anteile.

Hintergrund

América Móvil hatte dabei besonders viele Anteile von Aktionär Ronnie Pecik erworben und so seine Macht ausgebaut. Pecik war dabei immer schon offenbar skeptisch, was Ametsreiter als CEO angeht; so hat er etwa in einem Interview gesagt: „Ich halte das Unternehmen für unterbewertet und undermanaged. Es gehört eine bessere Führung her.“ Der „Presse“ gab er einst zu Protokoll, er würde Ametsreiters Job „um einen Euro“ machen. Pecik vertritt dabei die Interessen des mexikanischen Konzerns im Aufsichtsrat.

Im Frühling 2014 schließlich päppelte América Móvil die Telekom Austria mit rund einer Milliarde Euro auf – und es kam zu einem Syndikatsvertrag mit der damaligen Staatsholding ÖIAG (jetzt ÖBIB), die 28,4 Prozent an der Telekom hält. Dies festigte die Machtübernahme durch die Mexikaner: Acht von zehn Kapitalvertretern im Aufsichtsrat wurden von ihnen ernannt; zwei von drei Vorstandsmitgliedern sind ebenfalls mexikanische Kandidaten. Durch diesen Vertrag durfte Ametsreiter bei Stimmengleichheit im Vorstand auch nicht mehr alleine entscheiden, was einem Machtentzug für den Telekom-Chef gleich kam.

Alejandro Plater interimistischer Nachfolger

Der Aufsichtsrat werde sich in seiner nächsten Sitzung mit der Nachfolge befassen, heißt es in der Aussendung. Einen Termin gebe es noch nicht, sagte ein Pressesprecher zur APA. Die nächste reguläre Aufsichtsratssitzung wäre erst kurz vor den Halbjahreszahlen geplant gewesen, also erst in gut einem Monat. Sollte bis Ende Juli kein Nachfolger gefunden sein, würde der stellvertretende CEO Alejandro Plater interimistisch die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden übernehmen, so der Sprecher. Der neue Mehrheitseigentümer America Movil hatte den Argentinier erst vor gut drei Monaten als Chief Operating Officer (COO) installiert. Bei der letzten Hauptversammlung der Telekom Austria im Mai, bei der sich Rudolf Kemler aus dem Aufsichtsrat verabschiedete, wünschte er dem Argentinier Alejandro Plater als "neuem CEO" alles Gute. Ob das ein Versprecher oder schon ausgeplaudertes Interna war, bleibt fraglich.

Doch der zweite Kernaktionär, die Staatsholding ÖBIB, die den neuen Generaldirektor vorschlagen darf, ist dabei, einen Prozess für die Nachfolgeregelung aufzusetzen, wie ein Sprecher der APA mitteilte. Betriebsratschef Walter Hotz hat auch schon zwei Namen parat: Siegfried Mayrhofer und der Interims-Nachfolger Alejandro Plater. Aus seiner Sicht sollte die ÖBIB einen der beiden bisherigen Vorstände als Generaldirektor nominieren. Die Telekom Austria habe lange Zeit einen Zweiervorstand gehabt, so Hotz. Dies sei ausreichend.

Erste wichtige Entscheidung für neue ÖBIB-Chefin

Wer als Nachfolger von Ametsreiter nominiert wird, entscheidet gemäß Syndikatsvertrag die ÖBIB und damit deren neue Geschäftsführerin Martha Oberndorfer. Es ist ihre erste wichtige Entscheidung als ÖBIB-Chefin, nachdem sie erst vergangene Woche Rudolf Kemler abgelöst hat. Die ÖBIB ist dem Finanzministerium unterstellt. Die Nominierung sei aber Thema der ÖBIB, nicht des Finanzministeriums, erklärte die Sprecherin von Finanzminister Hans Jörg Schelling auf APA-Anfrage.

Aufsichtsratschef Wolfgang Ruttenstorfer dankte Ametsreiter für die "Führung des Unternehmens in herausfordernden Zeiten, auch in der Phase des Überganges der Telekom Austria Group zu einer Konzerngesellschaft der America Movil". Laut "Kurier" hat Ametsreiter ein besseres Angebot. Wohin er wechseln wird, sei noch nicht kommuniziert, sagte der Sprecher dazu zur APA. "Ich bitte um Verständnis, dass ich heute noch keine konkrete Aussage machen kann, welche Aufgaben das sein werden", erklärte Ametsreiter in einem der APA vorliegenden Schreiben an die Mitarbeiter. Ob Ametsreiter seinen Vorstandvertrag ausbezahlt bekommt, ist ebenfalls noch unklar. Die genauen Modalitäten seien noch nicht bekannt, so der Unternehmenssprecher.

Zweifel an Konzernzahlen

Carlos Sim jedenfalls, so Insider nach der letzten Hauptversammlung, habe die "Spielchen" in der Telekom Austria satt. Er habe schließlich in den letzten zwei Jahren zweieinhalb Milliarden Euro in die Telekom gesteckt - profundes Management und eine gute wirtschaftliche Entwicklung des Konzerns sei deshalb wohl nicht zu viel verlangt. Die von América Móvil entsandten Aufsichtsratsmitglieder zweifelten darüber hinaus an den in Sitzungen präsentierten Konzernzahlen. Demnach sei der Konzern ist mit einem überraschend hohen Gewinn in das Jahr 2015 gestartet. Für den mehr als verdoppelten Nettogewinn machte die Telekom dabei das gute Geschäft in Österreich und Weißrussland sowie "intensive Kosteneinsparungen" verantwortlich. (apa)

Fotostrecke: Die Gagen von Hannes Ametsreiter & Co.

Der gebürtige Salzburger studierte zunächst in seiner Heimatstadt Publizistik und Sport und absolvierte nach seiner Promotion ein MBA-Studium in Kalifornien. Bereits 1996 wechselte er vom Konsumgüter-Konzern Procter & Gamble in Wien zur Mobilcom Austria AG in die Telekom-Branche.

Anfang 2001 zog Ametsreiter als Vertriebschef in den Vorstand der Telekom Austria (damals eine Schwesterfirma der Mobilcom) unter Boris Nemsic ein. 2006 wurde Nemsic Chef des gesamten Telekom-Konzerns und machte Ametsreiter Mitte 2007 zum Konzern-Marketingvorstand. Am 1. Jänner 2009 wechselte Ametsreiter an die Spitze der Festnetz-Sparte der TA Austria AG.

Als Nemsic im März 2009 überraschend das Unternehmen verließ und zum russischen Mobilfunker VimpelCom wechselte, übernahm Ametsreiter von ihm die Führung im Zweier-Vorstand der TA-Gruppe.

Im selben Jahr wurde seine Tochter geboren. In seinem Abschiedsschreiben an die Mitarbeiter erklärte Ametsreiter heute, die Telekom habe zu "meinem privaten Familienglück erheblich beigetragen, da ich meine Frau Marie-Helene hier kennenlernen durfte".

Als Nachfolger von Boris Nemsic musste Ametsreiter aber einen guten Teil seiner Arbeitszeit den Aufräumarbeiten nach einer Korruptionsaffäre im Zusammenhang mit dubiosen Aufträgen an den Lobbyisten Peter Hochegger widmen. Ametsreiter selbst ging aus der Affäre unbeschadet hervor, ebenso aus einem Skandal um Kursmanipulationen im Jahr 2004, für die mehrere hochrangige Telekom-Manager verurteilt wurden. Nach wie vor nicht abgeschlossen sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien in der "Causa Burgtheater", auch gegen Ametsreiter selbst, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag auf APA-Anfrage bestätigte.

Unter Ametsreiters Führung erfolgten auch wesentliche Weichenstellungen für die Telekom Austria: Er fusionierte 2010 die getrennten Festnetz- und Mobilfunkgesellschaften in Österreich zur A1 Telekom Austria AG und vergangenen Herbst wickelte er die eine Milliarde schwere Kapitalerhöhung ab.

Prägend für die Zukunft des Unternehmens war zuletzt der Einstieg des mexikanischen Telekom-Konzerns America Movil des Milliardärs Carlos Slim. Die Mexikaner bauten ihre Beteiligung in mehreren Schritten auf und kontrollieren das Unternehmen nun mit einer Mehrheit von 59,7 Prozent. Die Staatsholding ÖBIB hält 28,4 Prozent und hat laut Syndikatsvertrag des Vorschlagsrecht für den neuen Generaldirektor, den Nachfolger Ametsreiters. (apa)

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