Interview : 5G-Netz: "Entscheidend wird sein, dass wir die nötige Innovationskraft aufbringen"

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Voraussichtlich im Herbst findet die Versteigerung für die Frequenzen der nächsten Mobilfunk-Generation statt. Es geht um die Vergabe des 5G-Pionierbands 3.400 bis 3.800 MHz. Das 5G-Netz gilt als Grundlage für Anwendungen im Bereich Industrie 4.0 oder autonomes Fahren. Die IoT-Revolution, die auf uns zurollt, würde ohne 5G verpuffen. Denn erst diese Technologie stellt sicher, dass die Millionen von Gerätschaften und Sensoren überhaupt Platz im Netzwerk haben.

Demnächst findet in Österreich die Versteigerung der 5G-Frequenzen statt. Beim letzten Mal wurde es mit einem Erlös von über zwei Milliarden Euro für die Mobilfunkbetreiber ziemlich teuer. Sind erneut ähnliche Beträge zu erwarten?

Jan Trionow: Hoffentlich nicht. Es gibt den Wunsch der Bundesregierung, dass Österreich bei der Einführung von 5G ein Vorreiterland sein möchte. Die Frequenzvergabe ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Das heißt: Die Auktion sollte nicht zu teuer werden, sonst fehlen uns die Mittel für den Infrastrukturausbau.

Sie haben bereits Ende des Vorjahres in einer gemeinsamen „Petition“ mit A1 und T-Mobile die Politik vor zu hohen Erlöserwartungen und einer allzu komplexen Auktion gewarnt. Denken Sie, dass das was gebracht hat?

Trionow: Das kann ich nur hoffen. Jetzt kommt es auf die RTR und das Infrastrukturministerium an, ob man vernünftig und vorausschauend agiert. Bei einem einfachen und transparenten Verfahren fallen die Erlöse deutlich geringer aus. Bei einem strategischen Bieten wird die maximale Zahlungsbereitschaft der Bieter abgeschöpft. Das war zuletzt bei der Vergabe der 4G-Lizenzen der Fall.

Gibt es schon einen fixen Termin für die Auktion? Zuletzt war vom Herbst dieses Jahres die Rede.

Trionow: Wir haben noch keine Information, rechnen aber damit, dass es im dritten Quartal so weit sein wird.

Auch in Deutschland kommen heuer die ersten 5G-Frequenzen auf den Markt. Der zuständige Minister Alexander Dobrindt rechnet „mit einem größeren, zweistelligen Milliardenbetrag“. Halten Sie das für realistisch? Und was bedeutet so eine Ansage für Österreich?

Trionow: Ob das für Deutschland realistisch ist, kann ich nicht wirklich beurteilen. 5G braucht deutlich mehr Netz als seine Vorgänger. Das bedeutet enorme Kosten. Wir haben für Österreich eine Studie zum 5G-Netzausbau machen lassen. Daraus geht hervor, dass die Mobilfunkanbieter in den kommenden sechs Jahren mindestens drei Milliarden Euro in den Ausbau der Infrastruktur investieren müssen. Die Branchenumsätze der vergangenen Jahre waren flach. Da gibt es kaum Spielraum. Geht man davon aus, dass für Österreich etwa ein Zehntel der Mittel notwendig sind, mit denen Deutschland rechnen muss, ist dieses Ansinnen wohl utopisch.

Auf wenig Gegenliebe in der Mobilfunkbranche stößt, dass bei der Auktion dem Vernehmen nach auch virtuelle Netzbetreiber, Kabelnetzbetreiber oder Infrastrukturanbieter dabei sein könnten. Bei der RTR überlegt man aus Wettbewerbsgründen offenbar eine regionale statt einer bundesweiten Lizenzvergabe.

Trionow: Die EU hat versucht, die Frequenzvergabe europaweit zu harmonisieren. Der Versuch einer regionalen Verteilung ist deshalb industriepolitisch absurd. Wenn man das 5G-Netz zerstückelt, setzt man diese Technologie ineffizient ein. Bei den Versorgungsflächen müssten Schutzabstände eingehalten werden, was dann in weiterer Folge zu einer lückenhaften Versorgung führt. Lediglich rund 10.000 Haushalte werden heute in dem regionalen Spektrum bedient. Es macht keinen Sinn, dafür eine effiziente Versorgung mit 5G aufs Spiel zu setzen. Wir sind für Kooperationen offen. Alternative Anbieter haben die Möglichkeit, unser Netz zu nutzen.

Sie fordern also eine nationale Vergabe der Frequenzen?

Trionow: Die Vorteile einer nationalen Vergabe überwiegen. Am sinnvollsten wäre an sich ein digitales Binnenmarktpaket gewesen, wie es auch auf EU-Ebene vorgeschlagen wurde. Inklusive der Harmonisierung der Frequenzvergaben. Aber dieses Konzept ist ja rigoros am Widerstand der Mitgliedsstaaten gescheitert. Auch Österreich war damals ganz vorne mit dabei. Es wollte einfach niemand die Auktionserlöse abgeben.

Der Infrastrukturausbau ist in Österreich extrem teuer. Gleichzeitig sind die Tarife niedriger als zum Beispiel in Deutschland? Zahlt sich das überhaupt aus?

Trionow: Österreich ist ein schwieriger Mobilfunkmarkt. Wir haben weltweit die geringsten Preise für mobile Datenübertragung. Gleichzeitig verzeichnen wir aber eine extrem hohe Nutzung. „Drei“ ist unter den Netzbetreibern weltweit derjenige mit der zweithöchsten Datennutzung. Netze in Österreich sind deshalb so teuer, weil man in Relation zur Bevölkerung ungleich mehr Antennen braucht als anderswo. Da sind einmal die vielen Berge und natürlich der mitunter nur schwer erschließbare ländliche Raum. Wir brauchen dreimal mehr Antennen pro Einwohner als Deutschland. So gesehen sind alle österreichischen Netzbetreiber Effizienzweltmeister. Nach der großen Konsolidierungswelle ist die Betreiberlandschaft arg zusammengeschrumpft. Wir sind quasi am Bodensatz angekommen.

Wie will man das Geld wieder reinbekommen? Denken Sie, dass das via neue Technologien, bedingt durch Digitalisierung, Industrie 4.0, M2M, IoT und dergleichen möglich ist? Oder sind die Erwartungen aktuell zu hoch gegriffen?

Trionow: Die voranschreitende Digitalisierung ist für uns ein wichtiges Wachstumsfeld. Da müssen wir unseren Anteil unbedingt abbekommen. Entscheidend wird sein, dass wir die nötige Innovationskraft aufbringen. Projekte gibt es derzeit viele, als Teil der international agierenden Hutchison-Drei-Gruppe profitieren wir natürlich auch davon. Sei es durch mit Sensoren ausgestattete Mülltonnen, die nur mehr dann von einem Abfallwirtschaftsunternehmen angefahren werden, wenn sie voll sind, oder durch „Moocall“, das derzeit äußert erfolgreich in Irland betrieben wird. Da wird trächtigen Kühen ein kleines, digitales Gerät verpasst. Sobald es ans Kalben geht, bekommt der Bauer diese Information auf sein Smartphone geliefert.

Wann wird das 5G-Netz einsatzbereit sein?

Trionow: Wir sind schon mitten in den Vorbereitungsarbeiten. In unterschiedlichen Tests sammeln wir laufend Erfahrungen, etwa was den Einsatz der neuen MIMO-Antennen betrifft. Sobald die Lizenzen und die Ausrüstungen da sind, starten wir los: 2020 sollten die Großstädte mit 5G versorgt sein. Das 5G-Netz baut zunächst auf den bereits existierenden Standorten auf. In einer späteren Phase werden dann viele neue kleine Antennen errichtet werden. Sie können auf bestehender Infrastruktur angebracht werden. Also zum Beispiel an Straßenlaternen, Ampeln, Straßenschildern oder dergleichen.

Was kommt nach 5G? Oder ist mit dieser Technologie vorerst mal der Zenit erreicht?

Trionow: Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Unser Bedürfnis nach universeller Konnektivität ist nicht enden wollend. Im Fokus wird wohl weiterhin das bekannte „höher, schneller, weiter“ stehen.