IM-Expertenblog: Recruiting : Fachmessen als Recruiting-Plattform? Ja, bitte!

Der allgegenwärtige Fachkräftemangel beschäftigt (nicht nur) die Führungsetagen großer und mittelständischer Unternehmen nachhaltig. Mittlerweile hat fast jede HR-Abteilung eine/n oder mehrere Beauftragte für Employer Branding. Auftritte auf Berufsinformations- und Karrieremessen sind seit rund zwei Jahrzehnten mainstream. Haben Sie als Arbeitgeber ein glaubwürdiges Profil, ein Image, das selbst Bewertungsportalen wie kununu oder glassdoor standhält? Gratulation, dann schaffen Sie es damit… oft gerade einmal über die Wahrnehmungsschwelle potenzieller BewerberInnen, denn der Bewerbermarkt ist heiß umkämpft.

Die Employer Brand und das Bohren dicker Bretter

Insider wissen: Aufbau und Pflege einer erfolgreichen Arbeitgebermarke sind wie das Bohren sehr dicker Bretter. Am besten geht’s mit Aufmerksamkeit und Unterstützung des Top Managements sowie einer belastbaren Strategie. Für Employer Branding Aktivitäten sollten jedenfalls genügend Knowhow und Ressourcen bereitstehen, um Trends und immer neuen Technologien zu folgen – besonders im flüchtigen, digitalen Raum. Die laufende Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen, Interessen und „Aufenthaltsorten“ unterschiedlicher Arbeitnehmerpersönlichkeiten (Neudeutsch: Employee Personas), wird zur Herausforderung an der Schnittstelle zwischen Personal- und Marketingfunktion.

Jede/r zweite offen für attraktive Angebote?!

Schon ein einziger Blick in die Jobportale verrät, wo der Schuh besonders drückt, nämlich anspruchsvolle Positionen mit erfahrenen Professionals zu besetzen. Die teure Akquise mittels Personalberater bringt nicht die erhofften Erfolge, das direkte Abwerben bei der Konkurrenz hinterlässt einen schalen Nachgeschmack? Dann sollten Sie jetzt ein wenig kreativ werden! Will man dem XING-Jobwechselatlas für die DACH Region glauben, ist immerhin jede/r zweite Beschäftigte offen für attraktive Angebote, jede/r Dritte aktiv auf der Suche nach einer neuen Herausforderung.

Strategisches Recruiting auf Fachmessen – das Window of Opportunity

Laut AUMA (Verband der dt. Messewirtschaft) nennt heute rund ein Drittel aller Aussteller auf Fachmessen die Gewinnung neuer MitarbeiterInnen als explizites Messeziel. Wollen Sie im Branchenumfeld vorne mit dabei sein, dann braucht es nicht nur das Know-How ambitionierter HR-Persönlichkeiten, sondern vor allem auch das Know-Why der übrigen Messebeteiligten des Unternehmens. Alleine der Begriff Recruiting im Zusammenhang mit Fachmessen löst bei diesen (aus Unkenntnis) manchmal eine reflexartige Schutzhaltung aus.

6 Tipps wie Sie B2B Messen zur Personalgewinnung richtig einsetzen

Gelingt es, Linienmanager an ihre Personalverantwortung und an die Folgen aktueller wie künftiger Kapazitätsengpässe zu erinnern, kann sich Human Resources als gleichberechtigter Partner in das Messeteam einbringen. Erst in letzter Sekunde an Bord zu kommen, ist übrigens die schlechteste aller Ideen, denn so riskieren Sie, dass HR auf der Messe – für KollegInnen aus Fachabteilungen und Vertrieb offensichtlich - bloß Trittbrettfahrer bleibt.

Egal wie diskret Sie’s gerne anlegen wollen, um eigenen Produkten und Innovationen nicht die Schau zu stehlen und wechselwillige Professionals nicht vor den Augen aller zu exponieren: Ein Auftritt im Umfeld des Mitbewerbs, eine Profilierung als Arbeitgeber der Wahl, verlangt exzellente Vorbereitung und eine smarte Inszenierung – diese beginnt und endet nicht mit einem Rollup im Ausstellungsbereich oder der stundenweisen Anwesenheit von ein, zwei PersonalistInnen am Messestand.

So kommen Sie besser ans Ziel:

#1 Überwinden Sie Ihre Skepsis! Fachmessen sind lebendige Orte der Live-Kommunikation und werden von einer großen Zahl an Fach- und Brancheninteressierten frequentiert.

#2 Keine Messebeteiligung ohne konkret formulierte (und intern kommunizierte) Ziele! Wann ist ihr Recruiting-Auftritt ein Erfolg?

#3 Zeitgemäßes Arbeitgebermarketing hat sich vom Zielgruppendenken verabschiedet. Beginnen Sie möglichst rasch mit der Ausarbeitung von Employee Personas und der Gestaltung von Kommunikation an den analogen und digitalen Kontaktpunkten vor, während und nach der Messe. Involvieren Sie KollegInnen der gesuchten Disziplinen in diesen Prozess, sie sind die ExpertInnen! Die gewonnenen Erkenntnisse sind auch in der täglichen Arbeit am Schreibtisch und in der Vorbereitung von Jobmesse-Auftritten überaus nützlich.

#4 Befragen Sie Ihre Kollegen aus Marketing und Vertrieb zu deren Beobachtungen und Erfahrungen auf Fachmessen. FKM-Daten und Statistiken der Messeveranstalter geben Aufschluss über die Entwicklung von Besucherprofilen und Ausstellerzahlen. Vereinzelt haben Messen auch eigene Recruitingbereiche und/oder Side-Events, wo sich potenzielle Jobkandidaten tummeln. Darüber sollten Sie im Vorfeld eines Auftritts Bescheid wissen.

#5 Profitieren Sie von Synergieeffekten mit dem Markenauftritt Ihres Unternehmens! Welche Inhalte und Leistungsversprechen werden vermittelt, welche Kompetenzen transportiert? Welche Mitglieder des Standteams sind geeignet und bereit (mit entsprechender Vorbereitung) das „Jobgeflüster“ mit Interessenten aktiv zu unterstützen?

#6 Geben Sie nicht auf, wenn Sie trotz intensiver Vorbereitung nicht gleich beim ersten Mal den Supercoup landen – Ihre Auftritte auf Jobmessen sind doch auch keine Eintagsfliegen. Alleine durch Feldbeobachtung gibt es auf der Messe viel zu lernen!

Karin Reiter ist Gesellschafterin von bludonau und zeichnet für Marktkommunikation & Consulting verantwortlich.