B2B-Verkauf : Warum die Anzahl der Kundenbesuche und deren Qualität nicht mehr genug sind

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So wird in vielen Fällen die Bedeutung der Marke im b2b-Marketing heruntergespielt und vor allem auch vom Vertrieb und Verkauf auf nette Imagewerbung reduziert. Nur dies hat fatale Folgen, denn Branding ist im b2b- Marketing in vielen Situationen noch wichtiger als im b2c-Marketing. Warum?

Im b2c-Marketing gibt es in der Regel mehr Kundenberührungspunkte als im b2b-Marketing. Wenn heute ein Produkt im Supermarkt liegt, besteht die Chance, dass es der Kunde kauft, egal ob es sich dabei um eine starke Marke handelt oder nicht.

Wenn heute aber in Unternehmen Entscheidungen getroffen werden, dann sind nur jene Anbieter dabei, die die Entscheider kennen bzw. Anbieter, die wissen, dass diese Entscheidung gerade zur Debatte steht, um sich selbst ins Spiel zu bringen. Alle anderen Anbieter sind nicht dabei und erfahren in vielen Fällen viel zu spät von der Entscheidung, nämlich dann, wenn diese bereits getroffen wurde. Hier kommt das Thema Marke ins Spiel. Sie ist gerade für den Verkauf und folglich für den Verkäufer eine essentielle Unterstützung auf dem Weg zum Verkaufserfolg, weil sie u. a. folgende sechs Funktionen übernimmt: Lesen Sie weiter auf Seite 2

Während Konsumenten oft aus Lust und Liebe shoppen, treffen Unternehmen in der Regel Kaufentscheidungen aus einem echten Bedarf heraus. Entscheidend in dieser Bedarfssituation ist es dann oft, wie bereits erwähnt, an welche potentiellen Anbieter die Kaufentscheider überhaupt denken, welche potentiellen Anbieter also im „Mindset“ der Entscheider gespeichert sind. Diese Mindset-Funktion einer Marke trägt wesentlich zur Erhöhung der Schlagzahl bei.

So denken Entscheider in der Regel an den oder die Marktführer, an führende Spezialisten bzw. an Unternehmen, über die sie gerade etwas gehört oder gesehen haben. Dabei spielt das Branding eine wesentliche Rolle, denn eine starke Marke garantiert, dass man in den Köpfen der Kunden klar und eindeutig abgespeichert ist.

Wenn heute etwa Entscheider in der Holzindustrie über ein Dünnschnitt-Gatter- oder eine Bandsäge nachdenken, denken diese mit Sicherheit an Wintersteiger. So wird Wintersteiger in dieser Zielgruppe als die erste Adresse gesehen, wenn es um das Thema „Dünnschnitt“ geht. Genau darum geht es beim Aufbau einer starken b2b-Marke; man gehört in einem bestimmten Bereich, bei einer bestimmten Kaufentscheidung mit zur ersten Wahl.

Dies erkannte man auch ganz klar bei Pan & Co (früher die Backstube), als man Mitte der 1990er Jahre in den Markt für Backshop-Lösungen einstieg. Um nicht als weiterer Anbieter wahrgenommen zu werden, positionierte man sich von Anfang als „die erste Backshop-Lösung speziell für Supermärkte“. Mit dieser Positionierung wurde man schnell zur ersten Wahl in diesem Segment. Heute ist man Europas führender Spezialist für Backshoplösungen speziell für Supermärkte. Das Gleiche schaffte etwa Engel bei Spritzgussmaschinen oder Palfinger bei LKW-Kränen.

Aber eine starke Marke unterstützt den Verkauf nicht nur darin, wenn es um die Sicherstellung geht, dass man bei Kaufentscheidungen mitberücksichtigt wird. Sie unterstützt den Verkauf auch in der aktiven Kontaktaufnahme, denn nichts ist schlimmer, als wenn der Verkäufer zuerst erklären muss, wer genau seine Firma ist und was diese macht. Wenn dies passiert, ist selbst der beste Verkäufer in der Defensive, weil er sich im wahrsten Sinne des Wortes erklären muss.

Dies gilt aber nicht nur im persönlichen Verkauf, sondern auch für alle anderen den Verkauf unterstützenden Maßnahmen wie etwa Direktmails. So scheitern viele Verkaufsversuche gleich einmal an der „K-W-B“-Reaktion der potentiellen Entscheider. K-W-B steht dabei für „kenne ich nicht, will ich nicht, brauche ich nicht“. Hier hat die Marke Erklärungs- und folglich Türöffner-Funktion. Sie ist die gute Visitenkarte des Verkäufers.

Wenn man in einem bestimmten Bereich mit zur ersten Wahl gehört, steigt in der Regel auch automatisch die Qualitätswahrnehmung. So haben sich im b2b-Branding vor allem die folgenden vier psychologischen Qualitätsmuster bewährt: (1) Entscheider schätzen spontan Marktführer höher ein als Nicht-Marktführer. (2) Entscheider schätzen spontan Spezialisten höher ein als Generalisten. (3) Entscheider schätzen Pioniere höher ein als Kopien. (4) Entscheider schätzen Produkte der nächsten Generation höher ein als Produkte der vorhergehenden Generation.

Hier ist entscheidend, welchen Ansatz man als Unternehmen wählt, um die eigene Marke möglichst glaubwürdig zu positionieren. Unterstützend dazu nutzen clevere Verkäufer in ihren Verkaufspräsentationen zusätzlich natürlich noch Referenzlisten bzw. Referenzprojekte oder stellen durch Wachstumszahlen dar, dass das eigene Unternehmen zu den erfolgreichsten am Markt gehört, um so eine überlegene Qualitätswahrnehmung in den Köpfen der Entscheider zu erzeugen und zu verstärken.

Gleichzeitig repositioniert man mit diesen Denkmustern aber auch den Wettbewerb als weniger gut, ohne ihn dabei direkt zu nennen bzw. zu diskriminieren. Wenn Engel sich heute als weltweite Nr. 1 bei Spritzgussmaschinen präsentiert, werden so alle weiteren Anbieter in diesem Bereich indirekt zu Verfolgern „degradiert“. So kennt sicher jeder, der einmal für einen Nichtmarktführer gearbeitet hat, folgende Aussage: „Ich verstehe das nicht. Unsere Produkte und Leistungen sind mindestens so gut wie die des Marktführers. Zusätzlich sind wir auch noch preisgünstiger. Nur unsere „dummen“ Kunden begreifen das nicht.“

Gleichzeitig übernimmt die Marke eine doppelte Sicherheitsfunktion in der Kaufentscheidungsphase. So hieß es etwa in den 1970er und 1980er Jahren: „Nobody was ever fired for buying IBM.“ IBM war so die doppelt-sichere Entscheidung, wenn es um den Kauf von großen, komplexen und serviceintensiven Computeranlagen ging.

Warum doppelt sicher? (1) Zuerst einmal konnte das kaufende Unternehmen davon ausgehen, dass IBM das Know-how und die Kapazitäten hat, um das Projekt wirklich erfolgreich umzusetzen. (2) Damit war es aber auch für die Entscheider selbst die sichere Entscheidung aus dem Blickwinkel der eigenen Karriere im Unternehmen.

So trifft in der Regel jeder Entscheider seine Entscheidungen aus zwei Gesichtspunkten: (1) Was ist das Beste für meine Firma? (2) Was ist das Beste für meine eigene Karriere im Unternehmen? So können Fehlentscheidungen dazu führen, dass nicht nur das Unternehmen Geld in den Sand setzt, sondern dass es auch persönliche Konsequenzen gibt. Hier geben starke b2b-Marken eine doppelte Sicherheitsfunktion und unterstützen so massiv den Verkauf in der Entscheidungsphase. So wird natürlich auch die Schlagkraft im b2b-Verkauf massiv erhöht.

Eng damit verbunden ist auch die Zutrau-Funktion. Gerade große, komplexe Entscheidungen haben einen hohen Individualisierungsgrad. So müssen große Projekte bzw. Anlagen speziell auf die Anforderungen des Kunden maßgeschneidert werden.

Dies bedingt, dass man die fertige Lösung nicht vorab sehen kann. So verspricht in der Angebotsphase sicher jeder Anbieter, dass er das Projekt bzw. die Anlage perfekt in der geforderten Zeit umsetzen kann, und dass diese dann auch reibungslos funktioniert. Auch hier sind starke Marken gegenüber weiteren Anbietern massiv im Vorteil.

So scheitern viele – vor allem kleinere bzw. unbekanntere – Anbieter daran, dass ihnen die Entscheider letztendlich nicht zutrauen, das Projekt bzw. die Anlage wirklich umzusetzen. Hier ist es oft die einzige Chance für diese kleineren Anbieter, sich klar zu spezialisieren, um dann in einem ausgewählten Bereich mit zur ersten Wahl zu werden.

Wie man dies macht, zeigte in Österreich sehr gut Alois Czipin mit seiner Unternehmensberatung Czipin & Partner vor. Er erkannte klar, dass er als weiterer Unternehmensberater unter vielen wenig Chancen haben würde, an wirklich große und lukrative Projekte heranzukommen. Also fokussierte er Chipin & Partner auf nur ein Spezialgebiet, nämlich „Produktivitätssteigerung“. Mit dieser Fokussierung gelang es ihm nicht nur als Experte große Projekte zu gewinnen. Czipin & Partner wurde so überhaupt zur größten rein österreichischen Unternehmensberatung. Ähnliches gelang global Simon, Kucher & Partners mit der Fokussierung auf „Preisfindung“. So steht der Name „Simon, Kucher“ heute global für die führenden Preisfindungsexperten dieser Erde. Das ist die Macht der Marke.

Aber auch nach der Kaufentscheidung wirken starke Marken mehrfach nach. So gibt sie erstens den Entscheidern das gute Gefühl die richtige Entscheidung getroffen zu haben, und sich nicht auf ein „gewagtes Experiment“ eingelassen zu haben. Zweitens wirkt sie auch, wenn wirklich etwas schief gehen sollte.

So werden starken Marken mehr Fehler verziehen als gewagten Experimenten. Drittens kommt oft auch das Markenprestige in der Nachkaufphase zu tragen. Dies wiederum wirkt sich auch auf die Mundpropaganda und die Weiterempfehlungsrate aus und unterstützt so wiederum den Verkauf bzw. den Verkäufer.

All dies zeigt, dass starke b2b-Marken den Verkauf ganz wesentlich in allen Phasen des Verkaufsprozesses unterstützen. So ist es auch kein Wunder, dass sich immer mehr b2b-Unternehmen Gedanken zum Markenaufbau machen. Verstärkend kommt noch Folgendes hinzu: Starke b2b-Marken unterstützen nicht nur massiv den Verkauf. Auch gute und sehr gute Verkäufer arbeiten lieber für Sieger als für Verlierer. So werden starke b2b-Marken auch am Arbeitsmarkt als attraktivere Arbeitsgeber wahrgenommen. Das ist ein weiterer wesentlicher Mitgrund, warum die starken Marken immer stärker werden, und warum Branding im b2b-Marketing so wichtig ist und noch wichtiger wird.

Wenn Sie dieser Beitrag angeregt hat, Ihr Unternehmen einmal aus Markensicht zu durchleuchten bzw. zu überdenken, dann sollten Sie in folgenden fünf Schritten vorgehen:

(1) Den Wettbewerbskontext in den Köpfen der Entscheider kennen

(2) Daraus die optimale Positionierung ableiten, um in einem bestimmten Bereich, in einer bestimmten Zielgruppe bzw. bei einer bestimmten Kaufentscheidung zur ersten Wahl zu werden.

(3) Darauf aufbauend den Nutzen oder das Nutzenbündel festlegen

(4) Das Programm mit allen notwendigen Änderungen intern im Unternehmen umsetzen

(5) Das Programm auf Kosten des Mitbewerbs kommunizieren

Diese Vorgehensweise zeigt aber auch klar, dass es beim Thema Branding um weit mehr als nur schöne Inserate, Hochglanzprospekte bzw. bombastische Messeauftritte geht; es geht vielmehr darum, dass man die gesamte Unternehmensstrategie aus Markensicht überprüft, um dann die Weichen für die Zukunft zu stellen. Es geht also um eine markenorientierte Unternehmensführung, um sicherzustellen, dass man in einem bestimmten Bereich, in einer bestimmten Zielgruppe bzw. bei einer bestimmten Kaufentscheidung die erste Wahl in den Köpfen der potentiellen Entscheider wird. In diesem Sinne: Branding: Die Zukunft Ihres Unternehmens hängt wesentlich davon ab!