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sparte.industrie WKOÖ | Interview : OÖ Industrie: Planungssicherheit statt Wettbewerbsverzerrung

Erich Frommwald, sparte.industrie WKOÖ

Erich Frommwald, Obmann der sparte.industrie der WKOÖ

- © sparte.industrie WKOÖ

Redaktion WKOÖ: Herr Spartenobmann Frommwald, wie ist die Lage der Industrie in Oberösterreich?

Frommwald:
Der Energiekostenanteil der oberösterreichischen Industrie hat sich in den vergangenen zwölf Monaten radikal erhöht und die Betriebe an ihre Belastungsgrenzen geführt. Im Vergleich zum deutschen Mitbewerb sind österreichische Industriebetriebe aufgrund der unterschiedlichen Energiekosten mit einem erheblichen und wachsenden Wettbewerbsnachteil konfrontiert.

Redaktion WKOÖ:
Welche Nachteile sehen Sie genau?

Frommwald:
Allein durch die Strompreiszonentrennung haben heimische Betriebe im Zeitraum Jänner bis November 2022 im Schnitt um 27 EUR/MWh mehr gezahlt als die Mitbewerber in Deutschland. Im selben Zeitraum 2021 lag dieses Delta noch bei 8 EUR/MWh und 2020 bei 2 EUR/MWh. In Deutschland gilt zudem seit Jahren die Strompreiskompensation für besonders energieintensive Betriebe. In Österreich wurde sie für 2022 eingeführt – aber nur auf dieses eine Jahr befristet.
Ein fairer Wettbewerb zu – auch nur ansatzweise – gleichen Marktbedingungen ist also schon seit geraumer Zeit nicht mehr gegeben. Die Einführung des deutschen Strom- und Gaspreisdeckels bedeutet nun die akute Bedrohung des gesamten heimischen Industriestandorts.

Redaktion WKOÖ:
Warum hat der deutsche Energiepreisdeckel so dramatische Auswirkungen auf die oberösterreichische Industrie?

Frommwald:
In Deutschland zahlen Industriekunden ab 1.1.2023 für einen Großteil ihres Verbrauchs 70 EUR/MWh für Gas beziehungsweise 130 EUR/MWh für Strom. Österreichische Industriebetriebe müssen den regulären Marktpreis aufbringen – aktuell also das Doppelte bis Dreifache – mit dem Risiko eines erneut ungebremsten Anstiegs. Beide Deckel schließen in Deutschland nahtlos an den Energiekostenzuschuss an, der bis 31.12.2022 gewährt wird.

Redaktion WKOÖ:
Stichwort Energiekostenzuschuss. Dieser wurde in Österreich doch auch umgesetzt. Wäre das nicht das richtige Modell?

Frommwald:
Der Energiekostenzuschuss in Österreich war ein später, aber richtiger Schritt. Nun fehlen aber die Folgeperspektiven. Der Zuschusszeitraum war bis Ende September beschränkt – und eine Nachfolgeregelung ist nicht konkretisiert. Es gibt in Österreich keine verbindlichen Aussagen für den gesamten Zeitraum ab 1.10.2022 – und damit für die eigentlich wichtige Zeit, bei der viele Betriebe die hohen Energiekosten schmerzlich spüren. Es fehlt in Österreich leider komplett an der Planungssicherheit.

Redaktion WKOÖ:
Welche Lösungen schlagen Sie vor?

Frommwald:
Wir müssen wegkommen von reaktiven, langsamen und bürokratischen Umverteilungen. Das Problem gehört endlich an der Wurzel gepackt. Dazu gehört ein einheitliches EU-weites Vorgehen etwa zum Strommarktdesign. Die EU nimmt sich dafür fast ein halbes Jahr Zeit. Das ist aus Sicht der OÖ Industrie zu viel verlorene Zeit. Wenn daher nun einzelne Länder wie Deutschland auf nationaler Ebene groß angelegte Pakete schnüren, muss Österreich reagieren. Die deutschen Maßnahmen ermöglichen Preise für deutsche Industrieprodukte, die vielfach deutlich unter jenen der heimischen Produktion liegen. Für die exportorientierte österreichische Industrie sind solche Marktverzerrungen existenzbedrohend.

Redaktion WKOÖ:
Existenzbedrohend – ist die Lage wirklich so schlimm?

Frommwald:
Ja, ich bin überzeugt, dass die Politik jetzt umgehend handeln muss, ehe es zu spät ist. Eine Deindustrialisierung unseres Landes wäre unumkehrbar und die industrielle Wertschöpfung auf Dauer verloren. Es ist unsere Verantwortung, eindringlich auf das Ausmaß und die Dringlichkeit dieser Thematik aufmerksam machen.

Redaktion WKOÖ:
Herr Spartenobmann Frommwald, ich danke für das Gespräch!