Arbeitsmarkt : Österreichs Arbeitsmarkt seit einem Jahr im Krisenmodus

Der coronabedingte Ausfall der Tourismus-Wintersaison belastet weiter den Arbeitsmarkt. Zuletzt waren rund 78.000 Arbeitskräfte aus Gastronomie und Hotellerie ohne Job. Tirol ist stark betroffen. Die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer lag Ende Februar österreichweit im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent höher. 508.923 Menschen waren arbeitslos oder in Schulung, das sind um 109.564 mehr als im Februar 2020. Gegenüber dem Vormonat gab es 26.500 Betroffene weniger.

Positiv wirkte sich in den vergangenen Wochen das Lockdown-Ende im Handel und bei körpernahen Dienstleistern aus. Ende Jänner waren noch 535.470 Personen ohne Job. Die Coronapandemie mit bisher drei Lockdowns hat die Arbeitslosenzahlen in Österreich seit Mitte März 2020 auf ein Rekordniveau nach oben schießen lassen. Den Höchststand gab es im vergangenen April mit 588.000 Arbeitslosen und AMS-Schulungsteilnehmern. Die Arbeitslosenquote lag Ende Februar mit 10,7 Prozent um 2,6 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Im Februar 2019 hatte die Arbeitslosenquote 8,4 Prozent betragen.

Seit November 2020 sind coronabedingt nur Geschäftsreisen und Kuraufenthalte erlaubt, aber keine Privatreisen. In der Gastronomie ist ausschließlich die Abholung von Speisen möglich. Den Tiroler Arbeitsmarkt trifft die Wintertourismus-Sperre österreichweit am stärksten. Ende Februar waren in Tirol knapp 41.000 Personen arbeitslos gemeldet oder in AMS-Schulung, ein Plus von 134,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Ebenfalls einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit gab es in Salzburg (+75,4 Prozent) und Vorarlberg (+48,7 Prozent). Die niedrigsten Zunahme von Arbeitslosen und Schulungsteilnehmern Ende Februar im Vergleich zu Februar 2020 gab es in Niederösterreich (+13,9 Prozent), Burgenland (+14,5 Prozent), Oberösterreich (+16,4 Prozent), Steiermark (+20,9 Prozent), Wien (+22,3 Prozent) und Kärnten (+22,5 Prozent).

Knapp eine halbe Million Menschen in Kurzarbeit

Ende Februar waren rund 496.000 Personen in Österreich zur Kurzarbeit angemeldet. Durch die Öffnungsschritte sind laut Arbeitsministerium rund 100.000 Menschen wieder in Vollbeschäftigung. Insgesamt wurden vom Arbeitsmarktservice (AMS) bisher rund 6,4 Mrd. Euro für die Corona-Kurzarbeit ausgezahlt. "Die Februarbilanz zeigt hinsichtlich der Arbeitsmarktentwicklung einen leicht positiven Trend", so Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) in einer Aussendung. Seit Anfang des Jahres seien rund 100.000 Arbeitssuchende vermittelt werden. "Die Öffnungsschritte im Handel zeigen hier ihre Wirkung", sagte Kocher.

AMS-Vorstand Johannes Kopf ist über die Arbeitslosenzahlen in der Tourismuswirtschaft besorgt. "Am schwersten betroffen ist weiterhin der Bereich Tourismus und Gastronomie. Dramatisch deshalb auch die Entwicklung in Tirol", so Kopf in einer schriftlichen Stellungnahme. Der letzte Vorjahresvergleich mit einem noch coronafreien Monat zeige, wie "sehr diese schreckliche Krankheit unseren Arbeitsmarkt noch immer im Griff" habe.

Deutlicher Rückgang im März erwartet

Bei der Veröffentlichung der nächsten monatlichen Arbeitslosen wird es im Jahresabstand eine deutlich niedrigere Arbeitslosigkeit geben. "Im März jedoch werden die Arbeitslosenzahlen im Vorjahresvergleich sehr deutlich sinken, denn der nahezuvollständige Lockdown des Vorjahrs führte zu noch höheren Vergleichszahlen", sagte Kopf. Ein Grund zur Entwarnung sei dies allerdings noch nicht. "Denn bis das warme Wetter und die zunehmende Verbreitung der Impfung eine wirkliche Entspannung bringen, braucht es weiterhin Abstand halten und regelmäßiges Testen", so der AMS-Chef.

Ende Februar waren 78.214 Personen in Hotellerie und Gastronomie ohne Job, ein Plus von 99,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Auch das Plus bei Arbeitslosen und AMS-Schulungsteilnehmern war in anderen Branchen hoch, im Verkehr und Lagerwesen (+38,0 Prozent), im Handel (+26 Prozent), Gesundheits- und Sozialwesen (+24,9 Prozent) und bei der Herstellung von Waren (+21,5 Prozent). Deutlich niedriger lag der Arbeitslosenanstieg bei der Arbeitskräfteüberlassung (+13,5 Prozent) und am Bau (+11,4 Prozent).

SPÖ-Sozialsprecher Muchitsch fordert höheres Arbeitslosengeld

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch forderte erneut eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes sowie Beschäftigungs- und Umschulungsprogramme, etwa für ältere Arbeitslose und eine österreichweit Pflegestiftung. Für FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch ist der leichte Rückgang bei Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat "'sehr trügerisch', denn die Dauerverschiebungen der Gastro- beziehungsweise Hotellerieöffnung und die bei vielen Menschen vorherrschenden Existenzängste verhindern nach wie vor die unbedingt notwendige Konsum- und Investitionsbereitschaft".

AK-Präsidentin Renate Anderl schlug erneut vor, dass Arbeitsplätze unter anderem in der Pflege, in den Kindergärten, in der Bildung und im öffentlichen Nahverkehr sowie im Bereich Klimaschutz und Digitalisierung geschaffen werden sollen. Die Gewerkschaft verwies auf die niedrige Anzahl der offenen Stellen im Verhältnis zur Arbeitslosenzahl. "Acht Arbeitslose kommen derzeit auf eine offene Stelle. "Da geht es sich beim besten Willen nicht aus, dass alle rasch einen Job finden", so die leitende ÖGB-Sekretärin, Ingrid Reischl.

Zahl der Langzeitarbeitslosen gestiegen

In Österreich sind viele Arbeitslose sehr lange auf Jobsuche. Die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen lag Ende Februar bei 140.587, ein Plus von 44,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten ging laut vorläufiger Prognose um 3,4 Prozent auf 3,65 Millionen zurück. Die Anzahl der sofort verfügbaren Stellen sank gegenüber Februar 2020 um 13,2 Prozent auf rund 65.444. Im Vergleich zu Ende Jänner 2021 gibt es aber einen positiven Trend, damals gab es nur 58.000 offene Stellen. (apa/red)