Insolvenzen : KSV 1870: Derzeit gibt es viel weniger Firmenpleiten als üblich

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Es ist wie die Ruhe vor dem Sturm: Aktuell gehen die Unternehmensinsolvenzen trotz Coronavirus-Krise sogar deutlich zurück. Seit rund zwei Wochen sei die Zahl der Firmenpleiten um etwa die Hälfte gesunken, berichtete der Gläubigerschutzverband KSV1870. Doch schon ab dem Frühsommer ist dann mit einem kräftigen Anstieg zu rechnen.

Derzeit warten die Firmen noch ab, was der finanzielle "Rettungsschirm" der Regierung für sie bringen könnte. Und auch die Gerichte liefen nur auf Notbetrieb, erklärte Kreditschutzexperte Ricardo-José Vybiral. 2019 seien in Österreich im Durchschnitt wöchentlich noch knapp 100 Unternehmensinsolvenzen bei den Gerichten eingelangt, "im Moment sind es rund 50 Fälle pro Woche".

Die Ruhe vor dem Sturm

Mit ähnlichen Zahlen sei auch in den nächsten Wochen zu rechnen, da beispielsweise die Österreichische Gesundheitskasse, die hierzulande gemeinsam mit dem Finanzamt der größte Insolvenzantragsteller ist, "in nächster Zeit keine Insolvenzanträge einbringen wird".

"Zweifellos wird es aber ab dem Frühsommer zu einem deutlichen Zuwachs bei den Firmenpleiten kommen. Wie hoch dieser ausfallen wird, hängt auch stark davon ab, wann und wie rasch der heimische Wirtschaftsstandort wieder auf Normalbetrieb umstellen kann", betonte Vybiral. Mit einer Steigerung von rund zehn Prozent - wie 2009 im Zuge der Finanzkrise - sei jedoch zu rechnen.

Damals seien rund 7.000 Unternehmen in die Pleite gerutscht - um 10 Prozent mehr als 2008. Im Vergleich zu 2009 handle es sich nun aber um eine "Realkrise", von der die Betriebe direkt betroffen seien - sogenannte "nicht systemrelevante" Firmen mussten per Verordnung von heute auf morgen zusperren, "Einnahmen gehen dadurch schlagartig zurück oder entfallen komplett", so der Kreditschutzexperte. Da stelle sich auch sehr rasch die Liquiditätsfrage - "insbesondere dann, wenn in der Vergangenheit nicht gut gewirtschaftet wurde".

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Die Betriebe sollten nun aber "keinesfalls in eine Schockstarre verfallen", mahnte der Gläubigerschützer, sondern müssten jetzt "deutlich proaktiver agieren als noch vor wenigen Wochen". Dabei spiele die Transparenz gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und den eigenen Mitarbeitern eine zentrale Rolle. Neben der Inanspruchnahme finanzieller Mittel, die das von der Bundesregierung ins Leben gerufene Maßnahmenpaket in Form von Überbrückungsfinanzierungen oder Förderungen biete, gehe es auch darum, den Kontakt mit Geschäftspartnern sehr engmaschig zu gestalten. "Wichtig dabei ist, sämtliche Vereinbarungen auch schriftlich zu dokumentieren, um nach der Krise nicht in die juristische Bredouille zu geraten", rät Vybiral.

Im "Normalbetrieb" seien Unternehmen verpflichtet, innerhalb von 60 Tagen eine Insolvenz zu beantragen, wenn Voraussetzungen wie etwa Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorlägen und zudem eine positive Zukunftsprognose nicht möglich sei. Derzeit gilt eine verlängerte Frist von 120 Tagen.

Das Wichtigste: Ein Plan für die Zeit nach der Krise

"Die Idee ist grundsätzlich nicht neu, denn sie wurde bereits anlässlich des Jahrhunderthochwassers im Jahr 2002 umgesetzt", so der Insolvenzexperte. Dadurch bleibe den gefährdeten Firmen in jedem Fall "mehr Luft zum Atmen und mehr Zeit, um zu klären, ob eine Insolvenz aktuell tatsächlich der einzige Ausweg ist".

Die Unternehmer sollten sich spätestens jetzt darüber Gedanken machen, wie es für sie in Zukunft weitergehen könnte. Dabei gehe es weniger um die Frage, in welcher Branche man tätig sei oder wie groß sein Unternehmen sei, "sondern darum, einen konkreten Plan für die Zeit nach der Krise zu entwickeln - etwa wie sehr ich mich weiterhin von Liefer- oder Produktionsketten abhängig machen möchte oder welche alternativen Geschäftsmodelle für mein Unternehmen funktionieren könnten", schlägt Vybiral vor. (apa/red)

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