Digitalisierung : Greifbare Daten

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Ui, uii, das wird knapp. Verdammt knapp sogar. Bei jeder Runde, die der Porsche auf der Rennbahn dreht, scheinen die Kurven immer enger zu werden. Doch der Blick durch die Datenbrille bestätigt, nicht die Kurven werden enger, sondern das Tempo wird immer schneller. Und dann passiert es: Der Wagen hebt auf einmal wie ein Geschoss ab, wird über die Leitplanke hinauskatapultiert und bleibt auf dem Dach liegen. Eine Weile noch drehen sich die Räder in der Luft, dann herrscht Stille. Die Daten, die vom Auto in Echtzeit an den angeschlossenen Rechner übertragen werden, fließen aber unbeirrt: Tempo null, Temperatur 25 Grad, 8 Runden gefahren, noch zwei zu fahren.

"Dass die Datenübertragung auch dann noch funktioniert, wenn das Auto von der Strecke abkommt, war eine der vielen interessanten Herausforderungen bei diesem Versuch“, lacht Hubert Schwarz-Malle. Denn der Rennwagen, welcher mit einem Riesensatz durch die Luft segelt, ist ein Spielzeugauto und die Rennbahn eine Carrera-Bahn – aufgebaut im Foyer des jährlichen SAP Summits, der diesmal in Linz stattfand.

Datensicherheit auf der Rennbahn

"Spielzeugautos, die auf solchen Rennbahnen fahren, beziehen ihren Strom normalerweise über die Bahn. Fliegen sie raus, ist der Strom weg und die WLAN-Einheit kann nicht mehr arbeiten", erklärt Schwarz-Malle. "Wir haben das Problem dann mit einer Minibatterie gelöst, die den Chip im Notfall mit Strom versorgt."

Schwarz-Malle ist CEO von ITSDONE Applications, einem SAP-Partner, der sich auf die Implementierung von IT-Lösungen in Unternehmen spezialisiert hat. Warum Schwarz-Malle beim SAP Summit statt eines Bildschirms mit vielen Daten oder statt einer Powerpoint-Präsentation eine Carrera-Bahn aufbaute, mit Autos, deren Daten in Echtzeit an eine Datenbrille übertragen wurden? "Um das Datenthema auch für jene greifbar zu machen, die noch nicht so viel damit zu tun hatten und sich bislang nicht viel darunter vorstellen konnten", sagt er.

Und außerdem habe, so Schwarz-Malle weiter, der Rennbahn-Aufbau auch etliche spannende Fragen aufgeworfen, die auch in industriellen Anwendungen eine wichtige Rolle spielen: etwa die Frage nach Prozesssicherheit, der Menge der Daten, die man für eine konkrete Anwendung braucht, oder deren Auflösung.

Puppenhaus mit Sensoren

Es war eine spannende Idee, den Besuchern des SAP Summits anhand von unterschiedlichsten Showcases zu zeigen, dass die Welt von Big Data, IoT und Echtzeitdaten längst gelebte Realität geworden ist. Vom Weinhandel bis zum Fernservice von Maschinen reichten am Ende die mehr oder weniger spielerisch von fünf der mehr als zwanzig SAP-Partnern vor Ort dargestellten Fälle.

SAP selbst steuerte auch einen Case bei. Anhand eines Puppenhäuschens, in dem statt Puppen jede Menge Sensoren untergebracht wurden, konnten die SAP-Ideen zum Thema Smart-Housing nachverfolgt werden. Wie könnte der Alarm auf meiner App aussehen, wenn Unbefugte die Eingangstüre aufmachen? Was würde bei einem Wasserrohrbruch passieren? Was bei Hitze, die auf Feuer hindeutet?

Doch das ist, erklärt Sabine Pfriemer-Zenz von SAP, erst der Beginn. Das Spannende an Smart-Housing-Konzepten sei unter anderem, sagt sie, dass sie mit anderen Geschäftsmodellen kombinierbar sind – in diesem Fall etwa mit Versicherungen. Das beginne bei ganz einfachen Anwendungen, etwa, wenn das Erstellen einer Schadensmeldung automatisiert wird, könne aber viel weiter gehen. So könnten zum Beispiel Versicherungen, wenn sie über versicherungsrelevante Daten eines Hauses Überblick haben, das Risiko von etwaigen Schadensfällen nicht nur viele genauer, sondern auch dynamisch, von der aktuellen Situation abhängig berechnen. "Das bedeutet für die Versicherungen bessere Risikoabschätzung und im Gegenzug für den Kunden günstigere Tarife."

Noch sind solche Modelle in Österreich bei Hausversicherungen nicht eingeführt, in Deutschland werden sie aber bereits ausprobiert. In anderen Bereichen aber sind Polizzen, bei denen die Prämienhöhe datenunterstützt bestimmt wird, keine Neuigkeit mehr, etwa bei Autos, wo im Rahmen von Telematik-Tarifen die Prämienhöhe von der tatsächlichen Fahrleistung abhängig gemacht wird.

Gemeinsamer Nenner

So unterschiedlich all solche Anwendungen aber auch sind, für den Geschäftsführer von SAP Österreich, Klaus Sickinger, haben sie dennoch einen klaren gemeinsamen Nenner. Den "digitalen Kern" nennt er ihn und meint damit, dass Unternehmen, egal ob sie in der produzierenden Industrie oder im Dienstleistungssektor tätig sind, in Zukunft ihre heute noch oft fragmentiert und zufällig gesammelten Daten konsolidieren werden müssen. Optimalerweise sollte das dann auf eine Art erfolgen, die in ihrem Kern einheitlich ist, die aber an den Rändern unterschiedliche Unternehmens- oder auch branchenspezifische

Ausprägungen ermöglicht. "Unternehmen dabei zu helfen, diesen digitalen Kern zu bauen, sehen wir als unsere Aufgabe an", meint Sickinger.

Das Thema, sagt er, werde auch deshalb weiter an Bedeutung gewinnen, weil Innovation in Zukunft viel vernetzter stattfinden wird als heute. Und wenn verschiedene Disziplinen wie Sensorik, Telematik oder Software-Engineering zusammenarbeiten sollen, sei es wichtig, dass sie es auf einer kompatiblen, gemeinsamen Basis tun. "Da sind wir dann auch bei der Frage der Standards und der Schnittstellen. Ich bin überzeugt, dass ein klar definierter digitaler Kern Unternehmen helfen kann, solche Fragen zu lösen."

Vielfalt nach außen

Während es aber im Kern eine einheitliche Struktur braucht, die bei SAP mit der HANA-Plattform bereits gegeben ist, wird es nach außen hin tendenziell unendlich viele Einzellösungen geben. Dass beim SAP Summit in Linz so viele Branchen vom Fachhandel bis zur Industrie mit sehr unterschiedlichen Lösungen vertreten waren, die aber alle auf dem gleichen HANA-Kern basierten, ist ein deutlicher Hinweis darauf.

Daher sei es sehr wichtig, sagt Christoph Kränkl, Director Sales Industry bei SAP Österreich, neben dem Kern auch die restlichen Geschäftsprozesse eines Kunden zu überblicken. "Es ist ganz entscheidend, dass man das, was der Kunde macht, möglichst gut nachvollziehen kann. Denn nur dann kann man Lösungen anbieten, die für den Enduser praktikabel und gut bedienbar sind."