Außenhandel : Europa und Japan fixieren ein neues Freihandelsabkommen

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Die Europäische Union hat mit Japan ihr bisher größtes Freihandelsabkommen besiegelt. An der Unterzeichnungszeremonie am Dienstag in Tokio nahmen der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker teil.

Der seit 2013 vorbereitete Pakt soll Zölle und andere Handelshemmnisse abbauen, um das Wachstum anzukurbeln und neue Jobs zu schaffen. Das Abkommen gilt auch als Signal an US-Präsident Donald Trump, dem EU und Japan eine Abschottungspolitik vorwerfen. Abe sprach von einer "historischen Errungenschaft". Japan und die EU würden die Führung "als Fahnenträger des freien Handels" übernehmen.

Japan: Nummer drei der Welt

Japan ist nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, gefolgt von Deutschland auf dem weltweiten Platz vier. Zusammen zählen die EU und Japan mehr als 600 Millionen Einwohner und stehen für mehr als ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts.

Eckdaten zu Jefta

Das Freihandelsabkommen sieht vor, dass Japan Zölle auf 94 Prozent aller Importe aus der EU abschafft. Die auf Käse, Wein und Schweinefleisch fallen weg. Die EU wiederum schafft Zölle auf 99 Prozent der Importe aus Japan ab. Die auf Autos sollen im achten Jahr nach der Implementierung wegfallen.

Ziel ist es, dass das Handelsabkommen gegen Ende März nächsten Jahres, wenn Großbritannien die EU verlassen wird, in Kraft tritt. "Das ist ein hoffnungsvolles Signal in einer für den Welthandel sehr schwierigen Zeit", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang.

Kritiker: Zerstörerische Liberalisierung

Der Investitionsteil des seit 2013 vorbereiteten Freihandelspakts war allerdings abgetrennt worden, hier werden die EU und Japan noch weiter verhandeln. Dabei geht es unter anderem um die Frage, wie Streitigkeiten bei Investitionen beigelegt werden können.

Kritiker dagegen warnen vor einer Schwächung des Umwelt- und Verbraucherschutzes in der EU. Verbraucherschützer kritisieren, dass das Freihandelsabkommen über eine weitreichende Marktliberalisierung zu höheren Trinkwasserpreisen und Zusatzkosten für Entsorgungsdienstleistungen führen könne.

Umweltschützer: Europas Standards werden weiter ausgehöhlt

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert, dass das EU-Parlament Jefta ablehnt. "Von einem fairen Handelsabkommen ist Jefta weit entfernt und wird vor allem den Interessen großer Konzerne gerecht", sagte der stellvertretende BUND-Vorsitzende, Ernst-Christoph Stolper.

Analysten: Sorge vor massiver Macht großer Konzerne "unbegründet"

Vertreter der Wirtschaft wollen das nicht gelten lassen. Verhandler widersprechen auch Warnungen, dass über Jefta europäische Standards ausgehebelt werden könnten. Befürchtungen vor einer weiter wachsenden, riesigen Macht von Großkonzernen am Markt seien "unbegründet", glaubt man zumindest am Fujitsu Research Institute in Tokio. (apa/agenturen/red)

Wirtschaftsvertreter bejubeln den Abschluss des EU-Japan-Freihandelsabkommen Jefta. "Das Exportland Österreich kann sich vom EU-Abkommen mit Japan viele Vorteile erwarten", sagte Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer.

Arbeiterkammer: Alle Standards Europas stehen zur Disposition

Arbeitnehmer- und Kleinbauernvertreter hingegen kritisieren das Abkommen. Mahrers AK-Pendant Renate Anderl sieht "wieder eine Chance vertan". "Mit der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der EU und Japan wurde erneut eine Chance vergeben, um die Globalisierung durch Handelsabkommen gerechter zu gestalten", so Anderl, die auch die Kritik der Arbeiterkammer an dem Abkommen bekräftigt hat.

Demnach könnte eine sogenannte Regulierungskooperation im Rahmen von Jefta "fatale Folgen haben: Bestehende Regulierungen und Regulierungsvorhaben könnten dann als Handelshemmnis eingestuft werden. Alle Standards stehen zur Disposition, Ausnahmen für Lebensmittel, Gesundheit, Konsumentenschutz und Arbeitsstandards sind nicht vorgesehen."

IV: "Zentraler Baustein für weltweiten Marktzugang"

Mahrer sieht Chancen für heimische Klein- und Mittelbetriebe, "die mit ihren Vorleistungen als Zulieferer für die Exportwirtschaft tätig sind oder auch direkt exportieren", glaubt Mahrer. Hohe Zölle und unnötige bürokratische Schranken belasteten KMU überdurchschnittlich. Neben dem Abbau von Zöllen und Erleichterungen wie einfacheren Zulassungsverfahren ist außerdem ein eigenes KMU-Förderungsprogramm vorgesehen, so der WKÖ-Chef.

Ähnliches verlautete von der Industriellenvereinigung. Jefta sei "ein wichtiges Signal gegen protektionistische Politik, die unter dem Streich nur Verlierer und keine Gewinner schafft", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Das Abkommen sei "ein zentraler Baustein für den weltweiten Marktzugang heimischer und europäischer Unternehmen", teilte er in einer Aussendung mit.

Michael Löwy, IV-Bereichsleiter Internationale Beziehungen, sagte im Gespräch mit der APA, dass der Rückzug der USA auf globaler Ebene handels- und klimapolitisch ein bedauerliches Vakuum schaffe, das aber mit Chancen für eine stärkere Rolle der EU verbunden sei. In diesem Zusammenhang sei es wichtig, dass die EU einen besseren Zugang mit fairen Wettbewerbsbedingungen zu gewissen Märkten wie eben Japan herstelle. "Es geht um eine Integration von Wirtschaftsräumen nicht nur für Wachstum sondern auch für politische Stabilität", sagte Löwy. "Daher ist das Jefta-Abkommen im globalen Kontext als wegweisend zu bewerten."

Lob für Jefta kam auch einmal mehr von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). "Made in Austria ist in Japan immer noch ein starkes Zugpferd und unsere Firmen sind in der Region sehr erfolgreich. Mit diesem Abkommen wollen wir neue Chancen ergreifen und vorhandenes Potenzial besser nützen. Das sichert Jobs und Wertschöpfung im Inland und ist Zukunftsvorsorge für die nächsten Generationen", so die Politikerin und frühere Managerin.

Markus Beyrer, Generaldirektor des in Brüssel tätigen Lobbyingverbandes Businesseurope, ortete im "Mittagsjournal" des ORF-Radio Ö1 einen großen strategischen Schritt in Jefta. Japan und die EU hätten "gemeinsam ein klares Zeichen für freien Welthandel, für regelbasierten Welthandel gesetzt", so Beyrer, der von 2004 bis 2011 auch Generalsekretär der IV war.

Auf die Frage, ob die Befürchtung gerechtfertigt sei, dass japanische Firmen aufgrund von Schlupflöchern in Jefta die Wasserversorgung in europäischen Ländern übernehmen könnte sagte der Lobbyist: "Überhaupt nicht. Also ich wundere mich immer, was da für Märchen in die Welt gesetzt werden. (...) Vieles wundert einen und diese Frage des Wasserausverkaufs ist ein dermaßen eingefrorener Posthorn-Ton." (apa/red)