Autotest : "Einfach spektakulär!"

Leopold Windtner BMWi8
© THOMASTOPF

"Da war eine Soko Innovation am Werk", sagt Leo Windtner mit routiniertem Lächeln und schwingt sich in den Sitz des tiefgelegten Wagens. Er macht das geschickt. So geschickt, dass man meinen könnte, er hätte den i8, die Öko-Perle der Bayrischen Motoren Werke, schon seit Monaten selbst in der Garage. Denn eigentlich ist das Einsteigen in den i8 eine Kunst für sich: Die schicken Flügeltüren öffnen nicht sehr weit nach oben und der Karbonschweller baut sich zwischen Passagier und Sitz auf wie eine kleine Mauer.

"Wollen wir dorthin, wo der Strom für diesen Wagen herkommt?", fragt Windtner mit leicht ironischem Unterton. Wollen wir. Zum Umspannwerk Linz Wattstraße. Mit Umweg über die Westautobahn. Leo Windtner drückt den Startknopf und hantiert am Modus-Knopf, der vom Comfort-Fahrbereich in den Eco-Pro-Modus schaltet. "Sehr intuitiv" findet er. In der Tat: Mehr als zwei Erklärungssätze waren nicht notwendig, um mit Leo Windtner elektrisch durch die Linzer Innenstadt zu gleiten. Und nach Gleiten hört es sich auch an: Bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h erzeugt der i8 eine künstliche Geräuschkulisse, die nach einer Turbine klingt, nach fließendem Strom, federleicht.

Fast zwanzig Grad, die Frühlingssonne scheint, Passanten verdrehen ihre Köpfe nach uns. Und doch ist cooles Cruisen mit offenem Fenster fast unmöglich. Die Seitenscheiben verschwinden nicht vollständig, die tiefen Sitze machen das Auflegen des Arms auf den Rahmen zur Verrenkung.

Schade eigentlich, denn besonders oft kommt der Mann, der hier den Wagen bedient, ohnehin nicht dazu, selbst zu lenken. Dienstlich wird er vom Chauffeur mit einem 7er-Kombi vorgefahren. Daheim in St. Florian steht der 318er-BMW der Ehefrau. Und die Puch 125, Baujahr 1958. Mit dem 125-Kubik-Motorrad aus seiner Jugend tuckert der Mann, der einen 4.400-Mitarbeiter-Konzern und den Österreichischen Fußballbund führt, viel zu selten über die Hügel.

Telekom-Schicksal

"Schon ein Quantensprung", sinniert Windtner, als er uns mit einem Tipp aufs Gaspedal sportlich und elektrisch auf die (erlaubten) Tempo 60 hochfährt. Das erste Windrad, errichtet von der Energie AG in den 80er Jahren, brauchte noch einen Energiespeicher verbauen, der einen ganzen Raum füllte. "Und trotzdem konnte man damit nur 70 Prozent des Diesels für die Almhütte einsparen", sagt Windtner. Heute schafft der voll geladene E-Motor des Wagens 131 PS und fast 40 Kilometer mit 120 km/h.

Ob die Features des i8 die geeignete Antwort der Bayern auf die Herausforderungen der Zukunft sind? "Das vermag ich nicht zu beurteilen" sagt Leo Windtner. Doch dass BMW mit Mitbewerbern wie Google, Microsoft oder Apple im Wettstreit um Zukunftstechnologien derzeit vor ziemlich ähnlichen Herausforderungen stehen wie die Elektrizitätswirtschaft, räumt Windnter ein. Was für BMW die Konkurrenz über selbstfahrende Autos ist, ist für die Energie AG die Bedrohung, in einer vernetzten, digitalen Welt zum Netzbetreiber für Strom und Gas degradiert zu werden – ein Schicksal wie jenes der Telekombranche, die noch vor 15 Jahren als Gewinner der Digitalisierung galt.

Um den strategischen Herausforderungen zu begegnen, hat Windtner seiner Energie AG kürzlich eine neue Struktur verpasst. Strom- und Gasnetze wurden zusammengeführt, eine "Soko Innovation", ein Projekt für Querdenker und Spinner, soll unkonventionelle Ideen sammeln, um den Kundenwünschen der Zukunft auf die Spur kommen. "Was sind unsere zusätzlichen Business Cases? Welche zusätzlichen Dienste können wir unseren Kunden bieten? Darauf müssen wir heute Antworten finden. Denn die Umwälzungen in der Branche werden in den nächsten zehn Jahren so gewaltig sein wie in den 40 Jahren zuvor zusammengenommen nicht", sagt Windtner.

Angst vor Google?

Fast, als wollte er das Gesagte unterstreichen, gibt Windtner Gas. Jetzt schaltet sich auch im Eco-Modus das Röhren des Dreizylinders zu. Im eDrive-Modus schafft der 131 PS starke E-Motor unter idealen Bedingungen bis zu 40 Kilometer rein elektrisch – bis zu 120 km/h schnell. Sind die Akkus leer, schaltet sich ein 231 PS starker Dreizylinder zu.

Ob er persönlich Angst vor dem Innovationspotenzial von Google & Co habe? „Ein Unternehmen, das das erste industrielle Windrad Mitteleuropas errichtet hat und das größte Photovoltaik-Forschungskraftwerk des Landes betreibt, muss keine Angst haben. Wir müssen nur unser eigenes Innovationspotenzial ausschöpfen“, sagt Windtner. „Das bedeutet: Unsere Wertschöpfungskette neu gestalten. Wenn unsere Kunden zukünftig Heimgeräte von ihrem Smartphone steuern, dürfen wir nicht nur der Stromzulieferer für den App-Betreiber sein.“

Spätestens im Sportmodus auf der Autobahn ist es mit der Ruhe endgültig vorbei: Auf der linken Spur schreit der kräftige, im Heck liegende Dreizylinder die zu überholenden Fahrzeuge regelrecht an. Wir ernten Aufsehen. Leo Windtner schaut fast ein bisschen entschuldigend in Richtung des eben Überholten. Ob er ihn erkannt hat? Knapp vor der Ausfahrt in seine Heimatgemeinde St. Florian schaffen wir den Sprint von 0 auf 100 km/h ohne Mühe in knapp fünf Sekunden. Die Bayern geben einen Wert von 4,4 Sekunden an. Wir glauben ihnen. Bei 250 km/h würde der i8 automatisch abriegeln. Würde. Denn um den Gefallen, dies auszutesten, wollen wir Leo Windtner nicht bitten.

Verbrauch

Auf der Autobahn bei 130 km/h verbraucht der Wagen ungefähr sieben Liter. Recht wenig im direkten Vergleich zu ähnlichen Sportwagen. Der Grund: BMW verbaut für sein Vorzeigeprojekt seine neue TwinPower-Turbo-Technologie – moderne Dreizylindermotoren mit hoher Effizienz und Dynamik. „Das ist ungewöhnlich für einen Sportler“ sagt Windntner. „Aber völlig ausreichend.“ Wer ist jemals auf die Idee gekommen, sechs Zylinder zu verbauen?

Beim Umspannwerk Wattstraße angekommen ist es Zeit für ein Fazit. Während unserer Testfahrt kommt der Wagen auf 8 Liter – ein Spitzenwert für einen Boliden, aber doch ein Stück weit weg von den zwei Litern, die BMW verspricht. „Darüber sollten wir mal mit Gerhard Wölfel sprechen“, sagt Windtner scherzhaft. Wölfel ist Chef des BMW Motorenwerkes in Steyr und Kunde der Energie AG. Das Fazit Windtners dürfte Wölfel trotz Unzuständigkeit (der i8 wird in Leipzig gefertigt) freuen: „Der i8 ist einfach spektakulär, sogar spektakulärer als der Branchenprimus Tesla“, sagt Windtner, während er den Wagen umrundet.

Keine Frage: Der i8 ist ein Sportwagen, der fasziniert. Erstaunte Gesichter, zahlreiche Selfies, anerkennende Blicke. BMW hat mit seinem hybriden Sportwagen einen Paradigmenwechsel eingeleitet – weg von verbrauchsintensiven Boliden hin zu intelligenter, grüner Technologie. Und die kleinen Kinderkrankheiten des aktuellen i8 werden spätestens mit der zweiten Generation von gestern sein.

Der General

Leopold „Leo“ Windtner, Jahrgang 1950, ist seit 1994 Generaldirektor der Energie AG Oberösterreich und seit 2009 Präsident des Österreichischen Fußballbundes. Die (übrigens ehrenamtliche!) Tätigkeit beansprucht fast 40 Prozent seiner Arbeitszeit, vorwiegend an Wochenenden und im Urlaub. Politisch engagierte sich der Vater dreier Töchter in seiner Heimatgemeinde, wo er von 1985 bis 1995 Bürgermeister war. Seit 1996 ist er Obmann der St. Florianer Sängerknaben. Privat fährt Windtner ein 125-ccm-Motorrad der Marke Puch, Baujahr 1958, dienstlich einen 7er-BMW.

Der i8

Das Grundmodell schlägt mit 126.000 Euro zu Buche. Für einen komplett aus- gestatteten i8 – Vollleder, Head-Up-Display, Soundsystem und Metalliclack – sollten rund 140.000 Euro eingeplant werden. Eine Stange Geld für – zugegeben – eine Menge Spaß. Eine bedingte Alltagstauglichkeit sollte aber in Kauf genommen werden. Und: Im Vergleich zu Hybridsportlern wie dem Porsche 918 Spyder ist der i8 doch fast geschenkt!

Technische Daten

Motor: 3-Zylinder, E-Motor

Hubraum: 1.499 ccm

PS (Verbrennungsmotor): 231 (170 kW)

PS (Elektromotor): 131 (96 kW)

Vmax: 250 km/h

0–100 km/h: 4,4 Sekunden

Getriebe: Sechsstufenautomatik

Verbrauch: 2,1 Liter (kombiniert)

CO2-Ausstoß: 49 g/km

Kofferraum: 154 Liter

Preis: ab 126.000 Euro