Energieversorgung : „Die Industrie wird nervös!“

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© Matthias Heschl

„Fürs Produzieren brauch ich Energie. So einfach ist das“, schreibt Günter Rübig jenen ins Stammbuch, die im Zusammenhang mit der Klimadiskussion unmöglichen „Fantastereien“ nachhängen und für eine regelrechte Hysterie sorgen würden. Gehe es um Versorgungssicherheit, „soll man mit den Träumereien aufhören. Wenn es bei Zielen ,ambitioniert’ heißt, lautet die Übersetzung: dass es technisch gar nicht geht.“ Der Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Oberösterreich bekennt, er werde bei diesem Thema schnell „etwas emotional“. Als Insider wisse er allerdings auch, dass sich im letzten Jahr bei mehreren oberösterreichischen Industriebetrieben Stromschwankungen und Stromausfälle häuften. „Die Industrie wird nervös!“

Neue Energie- und Klimastrategie

Im Vormonat legte Rübigs Sparte für ihren Bereich eine „Neue Energie- und Klimastrategie 2030“ vor. Die drei ausgemachten Strategiefelder sind ein kaum versteckter Hilferuf nach „realistischen Klimazielen“, „wettbewerbsfähigen Preisen“ – Stichwort: die vergeblich bekämpfte Trennung der gemeinsamen Strompreiszone in Österreich und Deutschland – und eben Versorgungssicherheit. Rübig: „Wir haben schon vor zwei Jahren Blackout-Check- listen an die Unternehmen geschickt, weil sie sich darauf einrichten müssen. Das kann aber nicht das Ende des Tages sein!“

Durch den steigenden Anteil an volatiler, erneuerbarer Wind- und Solarenergie bei der Einspeisung werde das Netz immer instabiler. Verbrauch und Erzeugung würden nicht mehr zusammenpassen. „Das tut uns deshalb weh, weil wir bereits die Auswirkungen spüren.“ Ergo findet sich in dem Strategiepapier die Forderung nach einem entsprechenden Ausbau der Stromleitungen ebenso wie der der Wasserkraft als Garant für die notwendige Grundlasterzeugung. Rübig, wiederum leicht emotional: „Es gibt immer wieder Verhinderer und tausend Gründe, warum das nicht geht, und die ganzen Unsinnigkeiten, die in den Wasserrechtsgesetzen drin sind, verhindern de facto den Ausbau.“ Dabei würde allein schon die „Ertüchtigung der alten Wasserkraftwerke“ eine gewisse Steigerung der erforderlichen Grundlastkapazitäten bewirken.

Ärger über „Bürokratiemonster“

Erich Frommwald leitet die Strategiegruppe Energie und Klima in der oö. Sparte Industrie und befürchtet, dass das neue Energieeffizienzgesetz ein weiteres „Bürokratiemonster“ wird. „Die Industrie hat unabhängig von verpflichtenden Zielen bereits ein Höchstmaß an Energieeffizienz umgesetzt. Die energieintensive Industrie sieht die Erreichung maximaler Energieeffizienz seit Jahren als Grundprinzip ihrer kaufmännischen Sorgfaltspflicht an. Die Optimierung des Energieeinsatzes in allen Prozessen hat die österreichischen Unternehmen nachgewiesenermaßen vielfach als Benchmarkführer in Europa etabliert.“

Rund 23 Prozent des Bruttoinlandsverbrauchs nach Energieträgern in Österreich werden in Oberösterreich benötigt. Die Sachgüterproduktion liegt in Oberösterreich mit ca. 43 Prozent im Spitzenfeld beim Endenergieeinsatz. Im Vergleich dazu werden in Österreich dafür rund 27 Prozent des Endenergieeinsatzes für die Sachgüterproduktion aufgewendet. Die beiden Kammerfunktionäre stemmen sich daher entschieden dagegen, „dass die großen Fortschritte der oö. Industrie in Sachen Energieeffizienz und Klimaschutz durch überzogene neue Vorgaben in Frage gestellt werden“ und fordern mehr Sachlichkeit in der Diskussion. Rübigs Diagnose: „Man hört zu wenig auf die Fachleute bei den Energieversorgern.“