Uni-Professoren als Unternehmensgründer : Die Gründerprofs
Inhalt
- Zoltan Heinemann: Universitätsprofessor und erfolgreicher Firmengründer
- Heinemann Oil Leoben (HOL): Expertisen für optimale Öl- und Gasreservoir-Ausbeutung
- Die Erfolgsgeschichte von Professor Sariciftci und seinen innovativen Solarzellen
- Hermann Kopetz: Vom ausgezeichneten Physiker zum erfolgreichen Unternehmer
- Heinz Engl: Erfolgreicher Mathematiker und Gründer von Math Consult
- Von Wissenschaft zu Wirtschaft: Die Erfolgsformel der Professorunternehmer
- Professor Bäuerle: Von der Industrie zur Firmengründung
- Gerfried Zeichen: Pionier der Industrieforschung und Unternehmertum

Das INDUSTRIEMAGAZIN wird 30 Jahre alt! Wir feiern das auch mit dem Wiederauflebenlassen unserer besten Artikel sowie Rückblicke auf spannende Industrie-Player. Heute: Prof. Zoltan Heinemann, Prof. Niyazi Serdar Sariciftci, Prof. Hermann Kopetz, Prof. Heinz W. Engl, Prof. Dieter Bäuerle, Prof. Gerfried Zeichen.
(Dieser Artikel der Jubiläumsserie 20 Jahre INDUSTRIEMAGAZIN erschien in der Ausgabe vom Dezember 2005.)
Ein Dienstag gegen Ende November. Es ist 11 Uhr vormittags. Der erste Schnee hat Leoben in eine weiße Zuckerwelt verwandelt. Klirrende Kälte in den Straßen, doch die Montanuniversität ist gut beheizt. Im zweiten Stock des Erdölgebäudes öffnet sich eine Tür. Heraus tritt ein junger Student. Ziemlich hektisch verabschiedet er sich von dem grauhaarigen Professor und eilt der Stiege zu. Zoltan Heinemann sieht ihm mahnend nach, bis der Eleve seinem Blickfeld entschwunden ist. „Also berühmt war das nicht“, sagt Heinemann missbilligend mit ungarischem Akzent.
„Nur ein Vierer ist es geworden.“ Jeden Dienstagvormittag nimmt der 66Jährige Prüfungen ab. Eigentlich ist er ja emeritiert, doch sein Büro vermittelt einen anderen Eindruck. Drei flimmernde Computerbildschirme, jede Menge aufgeschlagener Bücher auf dem Schreibtisch sowie die durchgesessene Ledergarnitur auf dem eleganten Parkettboden verraten den Arbeitsplatz eines hoch beschäftigten Menschen.
Zoltan Heinemann: Universitätsprofessor und erfolgreicher Firmengründer
Zoltan Heinemann ist Vertreter einer seltenen Spezies. Der gebürtige Ungar ist einer jener Universitätsprofessoren, die auch abseits des Audimax ihre Befähigung demonstrieren. Jene, die nach Bestätigung und letztlich auch nach Mehreinnahmen außerhalb der hehren Hallen akademischen Ruhmes suchen. Die Wirklichkeit der Wirtschaft, der Alltag wettbewerblichen Kampfes um Erfolg hat sie gepackt. Die Gründung oder zumindest Mitgründung eines eigenen Unternehmens ist deshalb zu einem Teil ihres beruflichen Wirkens geworden.
Professoren als Firmengründer: INDUSTRIEMAGAZIN porträtiert acht Professoren, deren Name sich auch im Firmenbuch befinden.
Wodurch zeichnen sich die Gründerprofs aus?
Zoltan Heinemann ist eine Institution in Leoben, seine akademischen Titel erfordern eine extrabreite Visitenkarte: „O. Univ.Prof. Dipl.Ing. Dipl.Ing. Ing. Dr. mont. Dr. h. c“. Doch auch abseits akademischer Pfade ist er kein Unbekannter in der oberösterreichischen Gemeinde. Ein kurzer Gang über den Hauptplatz kann da leicht zum Fließbandgrüßen nötigen. Auch im Stilgasthaus kennt man ihn. Als der Kellner sieht, dass Stammgast Heinemann in Gesellschaft kommt, fragt er sofort, ob eine Speisekarte auf Englisch vonnöten sei. Das kommt häufig vor, denn ausländischer Besuch ist keine Seltenheit. Heinemann kennt so ziemlich alles und jeden von Rang und Namen im lukrativsten Geschäft der Welt, der Erdölbranche. Und die kennt ihn und kommt ihn auch entsprechend oft besuchen. Immerhin zählen Heinemanns Absolventen zu den gefragtesten Fachkräften der Petroleumwirtschaft, hohe Einstiegsgehälter sind eine Selbstverständlichkeit.
Außerdem gilt der radebrechende Rotarier als anerkannter Experte auf dem Gebiet der Reservoirsimulation. Die ist unentbehrliches Hilfsmittel für Förderunternehmen, denn ohne fundierte Risikoabschätzung wird der Bohrer gar nicht erst angeworfen. Mithilfe von Simulationssoftware lässt sich die optimale Bohrstrategie finden. Ende der Achtziger gründete Heinemann mit zwei seiner Assistenten die Firma HOT (Heinemann Oil Technologies), die das heute weltweit verwendete Simulationsprogramm Sure entwickelte. „Das Geschäft lief gut“, erinnert sich Heinemann zurück. „Wir dachten damals, jetzt erobern wir die Welt.“ Doch dann stieg der Geschäftsführer aus, die Firma machte Pleite und Heinemann musste verkaufen.

Heinemann Oil Leoben (HOL): Expertisen für optimale Öl- und Gasreservoir-Ausbeutung
Gemeinsam mit seinem Sohn Gabor versuchte Heinemann Anfang 2004 den zweiten Anlauf und gründete die Firma HOL (Heinemann Oil Leoben). Ihr Produkt: präzise Expertisen, wie man ein gefundenes Öloder Gasreservoir optimal ausbeutet. Dabei bedient sich das Expertenteam modernster Software sowie Heinemanns reichem Erfahrungsschatz. Die 12 Mitarbeiter setzen derzeit eine Million Euro um, doch das Geschäft fängt ja erst an. „Realistisch sind 4 Millionen Euro Umsatz bei 20 Prozent Profit“, sagt Geschäftsführer Gabor Heinemann. „Mehr ist bei reiner Beratungstätigkeit nicht drin.“ Um eben doch mehr zu verdienen, ist HOL auch schon an der Förderung eines amerikanischen Erdgasfeldes beteiligt.
Als Konsortiumsmitglied bringen die Leobener dabei auch ihre Kompetenzen um den lukrativsten Förderungsablauf mit ein. Seine akademische Tätigkeit vernachlässigt Heinemann dabei keineswegs. Zwar übergab er seine Position als Vorstand des Instituts für Erdölund Erdgasgewinnung 2003 an Brigitte Weinhardt, die damit als erste Frau in einer solchen Position in die Annalen der Universität einging.
Doch nur weil ihm das neue Universitätsgesetz zu viele administrative Verpflichtungen auferlegt hatte. Nach wie vor ist er das faktische Oberhaupt seines Instituts, empfängt Besucher großer Ölfirmen und betreut Diplomarbeiten und Dissertationen. In den 28 Jahren seines Leobener Schaffens stampfte Heinemann eines der weltweit anerkanntesten Universitätsinstitute in Sachen Fundortsimulation aus dem Boden.
Seit 22 Jahren erstellt das INDUSTRIEMAGAZIN ein Ranking der Top 250 Industrieunternehmen nach Umsatz, Mitarbeiterzahl und Ertrag. Für die Erstellung des Rankings 2023 wurden 460 der größten Industrieunternehmen (basierend auf dem Umsatz 2021) zu ihrem Umsatz im Jahr 2022 sowie zusätzlich zu Mitarbeiterzahl, Umsatz und Forschungskosten befragt. Die Ergebnisse des diesjährigen Rankings sind hier abrufbar.
Die 250 größten Unternehmen in Österreichs Industrie!
Die Erfolgsgeschichte von Professor Sariciftci und seinen innovativen Solarzellen
Auch Professor Niyazi Serdar Sariciftci ist es gelungen, ein universitäres Institut von Weltrang aufzubauen – wie übrigens fast allen erfolgreichen Gründerprofs. Wie Heinemann hat auch Sariciftci seinen Arbeitsplatz zum Zentrum eines Wirkungskreises globaler Bedeutung gemacht. An der Linzer Johannes Kepler Universität Beschäftigt er sich allerdings nicht mit schwarzem Gold, sondern der goldenen Sonne und den Möglichkeiten, diese energetisch zu nutzen.
Solarzellen aus organischen Materialien sind sein Gebiet, oder allgemeiner organische Halbleiter. „Halbleiter sind die die wichtigste technologische Errungenschaft des letzten Jahrhunderts“, sagt Sariciftci. „Alles, was wir heute IT nennen, beruht darauf.“ Herkömmlich werden die fundamentalen Elektrobauteile aus Silizium gefertigt. Sariciftci war Teil einer Forschungsgruppe an der kalifornischen Universität von Santa Barbara, der es als Erster gelungen ist, nachzuweisen, dass Halbleiter auf Polymerbasis synthetisch herstellbar sind. Gruppenleiter Alan Heeger bekam für diese Entdeckung 2000 forschen&wissen den Nobelpreis verliehen. Die Freude war groß, als Sariciftcis Freund, Kollege und Lehrer zwei Jahre später für einen Vortrag zu Besuch nach Linz kam.
Als Leiter des Instituts für organische Solarzellen trimmte Sariciftci seine amerikanischen Forschungen in Richtung Serienreife. Weil große Firmen erst einmal nicht interessiert waren, gründete er mit Unterstützung der ChristianDopplerGesellschaft und des Vorstandsdirektors der Linzer Stadtwerke, Erhard Glötzl, die Firma Quantum Solar Energy Linz (QESL). Geplant war, die Firma einmal in die Hände eines finanzstarken Technologieunternehmens zu legen. Fünf Jahre später konnte mit der amerikanischen Konarka ein solches gefunden werden. Nächstes Jahr soll die Produktionsanlage gebaut werden, ein Jahr später die Produktion anlaufen. Wo genau, ist noch nicht klar, aber wahrscheinlich in Deutschland.
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Auch das Startup Nanoident verdankt sein Bestehen Sariciftcis Forschungen. Die Oberösterreicher produzieren als weltweit erstes Unternehmen photonische Sensoren aus organischen Polymeren. Ins Geschäftliche mischt sich der Professor nicht ein. „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, so sein entschiedenes Credo. Die Rolle des wissenschaftlichen Beraters mit kleinem Aktienpaket liegt ihm da schon mehr. Ein Vater, ein Geburtshelfer oder ein Pate möchte er sein. „Forschung ist kein Selbstzweck“, meint er. „Was an den Universitäten betrieben wird, muss der Gesellschaft zugute kommen.“ Firmengründung sei dafür der beste Weg. „Alle anderen Formen des Wissenstransfers sind in den Sand gesetztes Geld.“ Sein Traum: ein PlasticValley an der Donau zu installieren, nach dem Vorbild des kalifornischen Silicon Valley.
Viele der unternehmerischen Wissenschaftler waren herausragende Schüler und Studenten. So erreichte etwa Sariciftci seine mittlere Reife als Jahrgangsbester am SanktGeorgsKolleg in Istanbul, der einzigen operativen Auslandsschule Österreichs. „Das ist so etwas wie ein HarvardGymnasium“, sagt Sariciftci.

Hermann Kopetz: Vom ausgezeichneten Physiker zum erfolgreichen Unternehmer
Auch Hermann Kopetz kann mehr als makellose Zensuren vorweisen. 1968 erhielt der TU-Professor und Physiker seinen Doktorgrad an der Technischen Universität Wien mitsamt der Auszeichnung „sub auspiciis praesedentis rei publicae“. Diese wird nur Studenten zuteil, die alle Oberstufenklassen mit Vorzug, die Matura mit sehr gutem Erfolg und auch für jede universitäre Prüfung die Bestnote "sehr gut“ erhalten haben. Dafür gibt es einen warmen Händedruck vom Präsidenten der Republik. Anschließend ging Kopetz zwei Jahre in die USA, um danach für acht Jahre als Leiter der Prozessdatenverarbeitung bei der Voest anzuheuern. Seit 1982 ist er Professor für EchtzeitSysteme an der Wiener TU. Über die Grenzen der akademischen Welt hinaus bekannt geworden ist Kopetz durch die Entwicklung des Time Triggered Protocol (TTP). Der Grundgedanke dabei: Der Datenaustausch in verteilten Computersystemen wird durch synchronisierte Uhren zeitgesteuert. Damit lassen sich Systeme mit bis dahin ungekannter Zuverlässigkeit und hoher Echtzeitqualität bauen. 1998 gründete Kopetz gemeinsam mit seinem Sohn und einem ehemaligen Institutsmitarbeiter die Firma TTTech.
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Die GmbH ist mittlerweile zur Aktiengesellschaft mit 140 Mitarbeitern gewachsen und hat mehrere Tochtergesellschaften und Büros in Deutschland, Italien, Japan, Korea und den USA. Die Kunden kommen aus den einschlägigen Branchen Automotive und Luftfahrt. Ein wesentliches Anwendungsgebiet sind DrivebyWireSysteme in der Fahrzeugtechnik. Schon im Gründungsjahr stattete DaimlerChrysler einen Prototypen mit der Wiener Technologie aus. „Doch der Erfolg kam nicht von heute auf morgen“, sagt Kopetz. „Da stecken 20 Jahre Arbeit dahinter.“ Vor allem in der Grundlagenforschung mussten erst viele theoretische Resultate erzielt werden, ehe an die praktische Umsetzung gedacht werden konnte. Zum Beispiel, dass ein System mindestens vier Uhren enthalten muss, damit man eine fehlerhafte Uhr entdecken kann. Obwohl der Sitz von TTTech nur ein paar hundert Meter Luftlinie von seinem Büro entfernt ist, bezeichnet Kopetz die Firmenaktivitäten mit einer Kopfnickgeste als „deren Tätigkeit“ und nicht als seine.
Aus dem operativen Geschäft seiner Firma hält er sich ganz bewusst heraus. „Da ist eine klare Trennung sinnvoll“, ist der Professor überzeugt, der etwa ein Drittel der Aktien an TTTech hält. Eine Einstellung, die er mit den meisten seiner Kollegen teilt. Hochofen und Hochfinanz.

Heinz Engl: Erfolgreicher Mathematiker und Gründer von Math Consult
Heinz Engl tanzt in dieser Hinsicht aus der Reihe. Er ist nämlich alleiniger Eigentümer seiner Firma Math Consult. „Ich habe nie mit Fremdkapital gearbeitet“, sagt der 52jährige Vater zweier Töchter.
So sind den Aktivitäten zwar engere Grenzen gesetzt, doch das Risiko ist geringer. Das betriebswirtschaftliche Alltagsgeschäft überlässt der Linzer Mathematiker seinem Geschäftsführer Andreas Binder. Risikofrei, denn Engl kennt Binder seit langem, hat der Mann doch bei ihm studiert und dissertiert. Engl selbst kann eine Bilderbuchkarriere vorweisen. Mit 24 erlangte er das Doktorat, natürlich sub auspiciis. Mit 26 habilitierte er sich, mit 28 war er außerordentlicher und mit 35 ordentlicher Professor für Industriemathematik an der Linzer Uni. Auch von der weiten Welt hat Engl schon einiges zu sehen bekommen. Forschungsund Lehraufenthalte in Klagenfurt, Kaiserslautern, Delaware, Oxford sowie dem Georgia Institute of Technology runden das Bild eines Vorzeigewissenschaftlers ab.
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1995 mußte sich Engl entscheiden, ob er als Leiter des FraunhoferInstituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik nach Deutschland gehen sollte. Doch er lehnte ab und gründete stattdessen 1996 die Softwarefirma MathConsult. Das Unternehmen hat mittlerweile 22 Vollzeitbeschäftigte. Entwickelt werden Tools zur mathematischen Modellierung typisch industrieller Anwendungen. Für die Voest etwa schuf Engls Team ein Tool zur Berechnung der Druck und Temperaturverteilung in Hochöfen. Dem Anwender ist damit die Möglichkeit gegeben, den kostengünstigsten Betrieb zu bestimmen. In jüngster Zeit kam der Bereich Finanzmathematik hinzu. „Das ist momentan unser kommerzieller Schwerpunkt“, sagt Engl, der anders als manche seiner Kollegen ganz unumwunden zugibt, dass er „auch Geld mit der Firma verdienen“ will. Interessanterweise sind die Gleichungen, mit denen etwa Zinsbewegungen beschrieben werden, jenen ganz ähnlich, die Verbrennungsprozesse in Hochöfen oder Motoren modellieren.
Das Angebot von MathConsult soll gezielt mittelgroße Banken ansprechen, die zwar eigenes Produktdesign betreiben, aber keine Finanzmathematikabteilung unterhalten. „Mit Standardsoftware kann man 90 Prozent aller Aufgabenstellungen lösen“, weiß Engl. „Aber wir lösen auch noch die restlichen 10 Prozent.“ Engl sucht das Gleichgewicht zwischen Theorie und Praxis. Hat er sich eine Zeit lang mit anwendungsbezogenen Problemen beschäftigt, zieht es ihn wieder zurück in die Grundlagenforschung der reinen Mathematik, bei der seine Karriere ihren Anfang nahm. Ein ewiges Pendelspiel, das keine Seite zu kurz kommt lässt. Engl ist außerdem Leiter des Johann Radon Instituts für Angewandte Mathematik. Der weltweit anerkannten Forschungsstätte gehören eine Vielzahl internationaler Spitzenforscher an, darunter die WittgensteinPreisträger Walter Schachermayer und Peter Markovich.

Von Wissenschaft zu Wirtschaft: Die Erfolgsformel der Professorunternehmer
Ein Merkmal des Typus Professorunternehmer dürfte sein, neben erstklassiger Forschung auch hervorragende Ausbildung zu betreiben. Nicht selten haben die acht Professoren potenzielle Leistungsträger nicht nur entdeckt, sondern diese erst zu solchen gemacht.So ist Zoltan Heinemanns Studenten hoch gefragte und nicht minder hoch bezahlte Tätigkeit in allen Ölfirmen dieser Welt gewiss.Auch wer durch Sariciftcis, Kopetz’ oder Engls Schule ging, darf sich über das nötige Rüstzeug freuen, Großes auf seinem Gebiet zu leisten – vorausgesetzt man hat auch eifrig mitgearbeitet.
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Professor Bäuerle: Von der Industrie zur Firmengründung
Dieter Bäuerle ist nicht minder stolz auf seine Absolventen. Der E+Egeschäftsführer Dieter Wagner lernte von Physiker Bäuerle ebenso wie die Welt funktioniert wie VAStahl Forschungsleiter Peter Schwab. „Wer aus meinem Institut kommt, bewährt sich generell in der Industrie“, ist der Professor überzeugt. Bäuerles Laufbahn entspricht in einigen Punkten nicht ganz der seiner Professorenunternehmer Kollegenschaft. Zwar ist ein beruflicher Lebensabschnitt auf dem Lohnzettel der Industrie keine Seltenheit in dieser Kaste.
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Doch eigentlich wollte Bäuerle ja gar nicht mehr zurück an die Universität, sein Job bei Philips Research hatte es ihm nämlich durchaus angetan. Schließlich wurde er doch Leiter des Instituts für Angewandte Physik. Das Adjektiv nimmt Bäuerle durchaus ernst. 2002 gründete der damals 62Jährige gemeinsam mit fünf Gesellschaftern die Firma Innsitec. Ihr Produkt: Messgeräte zur berührungslosen Analyse von Werkstoffen. Mit dem Quantalizer ist es möglich, die chemische Zusammensetzung von Aluminium während der Schmelze zu messen. Wirklich zufrieden ist Bäuerle als Professor nicht, macht ihm doch die Bürokratie des neuen Universitätsgesetzes stark zu schaffen. Und auch an den Bezügen sollte man seiner Meinung nach etwas verändern.„Jeder Universitätsprofessor verdient ab einem gewissen Alter dasselbe“, sagt Bäuerle. „Egal ob er wirklich forscht oder bloß Vorlesungen hält.“ Die kommende Eliteuni beäugt er eher kritisch. „Man kann Spitzeninstitute nicht einfach in die grüne Wiese bauen“, kritisiert er. Einen Ruf an Österreichs Superuni würde er trotzdem nicht rundheraus ablehnen.
„Es kommt allerdings auf den Standort an“, schränkt der überzeugte Linzer ein. Nach Wien ziehen ihn keine zehn Pferde. Denn: „Ich bevorzuge Städte mittlerer Größe.“
Gerfried Zeichen: Pionier der Industrieforschung und Unternehmertum
Ein Urgestein im Schmelztiegel heimischer Industrieforschung ist Gerfried Zeichen. Der Nachtmensch bezeichnet sich als Multiplikator, als einer, der Wissen weitergibt und weiterarbeiten lässt. Diese Vervielfältigung des Wissens kann nur positive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, ist der emeritierte Professor überzeugt. Doch um die Sache nichtganz dem Zufall zu überlassen, hat er auch zwei Firmen gründet. 1995 das Forschungsunternehmen Profactor und 2003 das Startup Atensor, beide mit identischem Standort in Steyr. Der langjährige Professor am Institut für flexible Automation der Technischen Universität Wien ist ein erstklassiger Kenner der Industrie. Während 20 Jahren Tätigkeit bei Zeiss und Mercedes hat er seine beiden Grundphilosophien entwickelt. Diese heißen Quality Controlled Production (QCP) und Holistic Engineering (HQ).
Ersteres bedeutet die Quantifizierbarkeit jedes Produktionsschrittes. Dadurch lassen sich Fehler erkennen und beheben. Mit Zweiterem meint er die Überwindung von Schnittstellen zwischen verschiedenen Produktionsabschnitten. Man sollte außer seiner eigenen Fachsprache auch jene der unmittelbar vor und nachgeordneten Abteilungen beherrschen. „Das ist unbedingt nötig, wenn Europa nicht untergehen will angesichts der Konkurrenz aus Indien und China“, ist Zeichen überzeugt. Und fordert: „Ein Kunde sollte spätestens fünf Tage nach Bestellung sein Auto haben.“ Kürzeste Produktionsund Lieferzeiten bei Losgröße Eins und höchster Qualität sei der Überlebensgarant europäischer Industrieunternehmen. Dafür sollen sich natürlich auch seine eigenen Unternehmen ins Zeug legen.
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So hat Profactor eine Lackierzelle entwickelt, die beliebige Bauteile mit Laserstrahlen scannt und anschließend lackiert. Der ganze Prozess dauert je nach Bauteilgröße nur wenige Minuten. In die Welt hinausgetragen wird das Produkt von der Zweitfirma Atensor, das ist echte Arbeitsteilung. Flexible, intelligente Automation ist die Zukunft der Alten Welt. Universitäre Forschung muss im Dienst dieses Zieles stehen, so Zeichens Glaubensbekenntnis. Umgekehrt soll die Anwendung ihre Erfahrungen zurück in die Forschung fließen lassen.
„So wird ein Regelkreis daraus, der sich beeinflussen lässt“, sagt Zeichen. Getreu seiner holistischen Sichtweise, will er weder nur Professor noch reiner Unternehmer sein, sondern verfolgt beide Aktivitäten mit gleichem Elan. „Dafür ist natürlich eine 80-Stunden-Woche nötig“, bemerkt Workaholic Zeichen trocken. Dass der 71jährige daneben noch Zeit für seine sechs Kinder und seine Hobbys Bergsteigen und Schifahren findet, grenzt an ein Wunder. Alle Gründerprofs verbindet, dass sie schon frühzeitig ein klar definiertes Spezialgebiet ihrer Disziplin für sich entdeckt haben. Fast scheint es, als sei ein thematischer Orientierungspunkt natürlicher Begleiter ihres Erfolgs. In der dünnen Luft anspruchsvollster Spezialforschung lernten sie Disziplin, Durchsetzungsvermögen und visionäre Weitsicht. Tugenden, die auch das unentbehrliche Rüstzeug eines Unternehmers bilden. (Raimund Lang)