Rechtstipp : Arbeitgeber: Sind Alkohol­kontrollen zulässig?

In einer aktuellen Entscheidung befasste sich der Oberste Gerichts­hof mit der Zulässigkeit von Alkoholkontrollen mittels Atemluft durch den Arbeitgeber (9 ObA 23/15w).

1. Allgemeines zu Kontrollmaßnahmen

Im Allgemeinen sind Kontrollmaßnahmen des Arbeitgebers zulässig. Berühren diese jedoch die Menschenwürde des Arbeitnehmers, ist die Zustimmung des Betriebsrates notwendige Voraussetzung für deren Zulässigkeit. Folglich muss eine Betriebsvereinbarung über die Maßnahme abgeschlossen werden. Eine Kontrollmaßnahme, die so tiefgreifend ist, dass damit die Menschenwürde verletzt wird, ist aber jedenfalls unzulässig.

2. Interessensabwägung notwendig

Der OGH sprach in seiner Entscheidung aus, dass Alkoholkontrollen, die über bloße Beobachtung – zum Beispiel durch Wahrnehmung von Geruch, Sprache, Gang – hinausgehen und den Alkoholisierungsgrad verlässlich messen, zwangsläufig in die körperliche Integrität der Arbeitnehmer eingreifen. Dadurch kann unter Umständen die Menschenwürde der Arbeitnehmer berührt werden. Die Menschenwürde, als ein angeborenes natürliches Recht jedes Menschen, unterliegt einem besonderen Schutz vor Eingriffen. Eine umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist notwendig, um festzustellen, ob diese im Einzelfall tatsächlich berührt wird. Für den Arbeitgeber spreche ein legitimes Kontrollinteresse, im Anlassfall die Überprüfung der Einhaltung eines Alkoholverbotes. Zur Erreichung des Zieles ist jedoch, nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, das schonendste Mittel zu wählen. Auf Seiten des Arbeitnehmers stehen dem Kontrollinteresse insbesondere die Rechtsgüter körperliche Integrität und Privatsphäre gegenüber.

Im vorliegenden Sachverhalt hatte der Arbeitgeber in einer Dienstordnung ein absolutes Alkoholverbot im Betrieb eingeführt. Um die Einhaltung des Verbotes zu überprüfen, hatte der Arbeitgeber stichprobenartig unangekündigte Alkoholkontrollen mittels Atemluft bei allen Mitarbeitern durchgeführt. Da die Kontrollen flächendeckend, ohne konkretes Verdachtsmoment und undifferenziert, ohne Orientierung an konkreten Sicherheitsaspekten durchgeführt wurden, seien diese laut OGH nicht durch ein legitimes Kontrollinteresse gerechtfertigt gewesen. Die Menschenwürde sei durch die Kontrollen jedenfalls zumindest berührt worden. Aus diesem Grund sei es notwendig gewesen, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Die bloße Ankündigung der Kontrollen beim Betriebsrat reiche laut OGH im Anlassfall nicht aus. Ob die Kontrollen im konkreten Fall so tiefgreifend sind und sogar als Verletzung der Menschenwürde einzustufen wären, womit sie generell unzulässig wären, ließ der OGH dahingestellt.

3. Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass allgemeine Alkoholkontrollen im Betrieb, die unangekündigt, ohne Einwilligung der Mitarbeiter, ohne besonderes Verdachtsmoment und unabhängig von der durch Alkoholkonsum möglichen Beeinträchtigung der konkreten Tätigkeit durchgeführt werden, die Menschenwürde zumindest berühren. Daher ist für die rechtmäßige Durchführung solcher Kontrollen die Zustimmung des Betriebsrates in Form einer Betriebsvereinbarung notwendig, sofern diese nicht aufgrund der Umstände im Einzelfall als die Menschenwürde verletzend und damit generell als unzulässig qualifiziert werden.

Horst Lukanec ist Partner bei Binder Grösswang und spezialisiert auf Arbeitsrecht.