Wasserkraft : WWF kritisiert wenig sinnvolle Wasserkraftwerke am Kamp und in ganz Österreich

Der Abbau von alten Wasserkraftwerken in Europa birgt enormes Potenzial bei der Verbesserung der Wasserqualität. Das ist das Ergebnis von Analysen der Organisation Dam Removal Europe. Diese Instanz auf europäischer Ebene ist ein Zusammenschluss von fünf Organisationen zum Gewässerschutz in Europa.

Mit der Renaturierung riesiger zubetonierter Flächen von nicht notwendigen, nicht wirtschaftlichen oder sogar schon stillgelegten Wasserkraftwerken könne zudem ein sehr großer Nutzen für Mensch und Natur erbracht werden.

WWF zufolge gibt es gerade in Österreich einige Flussstrecken, die unnötig hoher Belastung ausgesetzt seien. Die Umweltschutzorganisation fordert deshalb den Rückbau von unrentablen Wasserkraftwerken oder solchen Anlagen, deren Stromproduktion in keinem Verhältnis zum Schaden an der Natur steht.

Zahlen der EU-Umweltagentur bestätigen diesen Befund. Demnach sind 60 Prozent der europäischen Gewässer in keinem guten Zustand.

Kaum Nutzen für die Energiewende - und eine "immense Naturzerstörung"

Ein konkretes Beispiel ist der Kamp in Niederösterreich. Durch Rückbau des ausgedienten Kraftwerks in Rosenburg könnten mehrere Kilometer Kampfluss wieder als Naturlebensraum zurückgewonnen werden. Mehr dazu: Massive Kritik an neuen Plänen der EVN am Kamp >>

Stattdessen gerät der Kamp durch den geplanten Ausbau durch die EVN weiter unter Druck. „Für die Gesamtenergieversorgung Österreichs spielen so kleine Anlagen wie am Kamp kaum eine Rolle. Die Naturzerstörung ist hingegen immens“, so Gerhard Egger, Flussexperte des WWF.

Schon jetzt sind im geschützten Kamp-Unterlauf mehr als 60 Prozent der Flussstrecke gestaut oder ausgeleitet. Eine zusätzliche und vor allem unnötige Belastung ist laut WWF unbedingt zu vermeiden. Vielmehr könnte ein Rückbau der Altanlage bei Rosenburg den Kamp wieder zu einem Naturfluss aufwerten. „Davon profitieren Fauna und Flora, aber auch die Tourismusregion“, so Egger. „Der Benefit durch eine derartige Flusssanierung könnte wesentlich höher ausfallen, als durch die vergleichsweise geringe wirtschaftliche Ausbeute eines neuen Kraftwerks.“

Extrem schnelle Zubetonierung der Flächen in Österreich

In Österreich ist die Flussbelastung durch Verbauung insgesamt sehr hoch. Von den 5.200 Wasserkraftwerken des Landes schöpfen bei Weitem nicht alle ihr Effizienzmaximum aus. Manche sind gar nicht mehr in Verwendung und stellen trotzdem eine Barriere dar.

Laut Erhebungen des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus haben 70 Prozent der Anlagen keine funktionierende Fischaufstiegshilfe. Österreichweit versperren unglaubliche 30.000 Querbauwerke lebensnotwendigen Raum für Gewässerorganismen. „Angesichts des enormen Verlustes an natürlichem Gewässerraum, muss bei allen unproduktiven Querbauwerken die Frage gestellt werden, ob ein Rückbau nicht besser als die Erhaltung wäre“, erklärt Gerhard Egger. Modellfälle zeigen, dass sich die Gewässerfauna durch Renaturierungen sehr rasch regenerieren kann.

In Österreichs Flüssen stehen heute 30.000 "Querbauwerke"

Die Beseitigung nicht mehr gebrauchter Barrieren kommt den EU-Mitgliedsländern auch bei der Erfüllung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zugute. Darin verpflichten sich die Europäischen Staaten, ihre Gewässer bis 2027 in einen guten Zustand zu bringen. Aktuell trifft dies in der EU, wie auch in Österreich, nur auf 40 Prozent aller Gewässer zu.

Der Handlungsbedarf sei daher groß, so der WWF. Dennoch drohe eine Abschwächung der EU-weiten Standards im Gewässerschutz für Flüsse, Seen und Grundwasser.

Aktuell wird die Wasserrahmenrichtlinie durch die EU-Kommission überprüft. Umweltschützer in ganz Europa plädieren für die unveränderte Beibehaltung dieses Instruments. Statt einer Abschwächung brauche es demnach ernstzunehmende Schritte, um das Wasser in Flüssen als eine der wichtigsten Ressourcen langfristig zu schützen - und damit gleichzeitig auch die noch verbliebenen nicht versiegelten Flusslandschaften in Österreich. (ots/pm)