Stahlindustrie : Wolfgang Eder zum Stahlgipfel in Berlin: "Erwartungen gegen null"

Vor dem heutigen Stahlgipfel der G-20-Staaten in Berlin hat der österreichische Voestalpine-Konzern Hoffnungen auf einen entschiedenen Kampf gegen die weltweiten Überkapazitäten gedämpft.

"Erwartungen tendieren gegen Null"

"Ich schätze die Initiative Deutschlands", sagte Vorstandschef Wolfgang Eder am Mittwochabend vor Journalisten in Düsseldorf. Es sei gut, dass jemand das Thema wieder vorantreibe. "Meine Erwartungen, dass es zu wirklichen Maßnahmen gegen Überkapazitäten kommt, tendieren gegen Null."

Der Manager verwies auf Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Danach sind die Überkapazitäten der Schwerindustrie in den letzten Jahren weiter gestiegen.

Dumpingstahl: Europäer gegen China, USA gegen Europäer

Im Rahmen der auslaufenden deutschen G-20-Präsidentschaft berät die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries mit ihren Kollegen aus den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern über die Frage. Der Branche um Weltmarktführer ArcelorMittal und den deutschen Stahlkochern Thyssenkrupp und Salzgitter sind vor allem die Importe aus China, dem mit Abstand größten Produzenten der Welt, ein Dorn im Auge.

Wegen Dumpingvorwürfen haben unter anderem die USA Strafmaßnahmen gegen ausländische Lieferanten verhängt, darunter auch deutsche Unternehmen. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat weitere Schritte angedroht, die der Gipfel im deutschen Wirtschaftsministerium verhindern soll.

Eder: Massive Überkapazitäten in der Branche

Voestalpine-Chef Eder zitierte OECD-Angaben, wonach die weltweiten Kapazitäten der Stahlindustrie bei rund 2,4 Mrd. Tonnen lägen, der Verbrauch aber nur bei etwa 1,6 Mrd. Tonnen. Von den Überkapazitäten in Höhe von 800 Mio. Tonnen entfielen allein 500 Mio. Tonnen auf China. Europa spiele aber auch eine Rolle. Die Kapazitäten in Höhe von rund 200 Mio. Tonnen seien schätzungsweise um 30 bis 40 Mio. Tonnen zu hoch.

Voestalpine will Kosten weiter senken

Auch im kommenden Geschäftsjahr will die Voestalpine die Kosten in dreistelliger Millionenhöhe senken. "Sie können davon ausgehen, dass wir auch in 2018/19 erneut 300 Mio. Euro einsparen werden", sagte Eder. Ein Personalabbau sei nicht geplant. Der Konzern profitiere unter anderem von neuen Anlagen, die effizienter arbeiteten, oder von Maßnahmen im Logistikbereich. "Es ist eine Vielzahl von Maßnahmen."

Eder fordert Abkehr vom "Denken in Millionen Tonnen"

Eder äußerte sich auch zu dem in der Schwerindustrie heiß diskutierten Thema Konsolidierung. "Entscheidend für die Zukunft der Industrie in Europa kann niemals das simple Denken in Masse, etwa in Millionen Tonnen sein, sondern muss die Ausrichtung auf Innovation, Qualität und damit Profitabilität sein - das gilt auch und ganz besonders für die Stahlindustrie."

Kein Interesse an Kooperation mit Tata und Thyssenkrupp

Die Voestalpine beteilige sich daher auch nicht an Konsolidierungsschritten. Auf die Frage, ob Voestalpine an Teilen des geplanten Joint Ventures von Thyssenkrupp und Tata Steel interessiert sein könnte, sagte Eder: "Wir werden nicht in nennenswerte neue Stahlkapazitäten investieren, weder durch Zukäufe noch durch Erweiterungen der eigenen Anlagen." (reuters/apa/red)