Kollektivverträge : Wifo: Wer hat sich beim Metaller-KV wirklich durchgesetzt?

Der relativ rasche Lohnabschluss bei den Metallern sei im Interesse beider Seiten gewesen, sagte der Wifo-Experte Thomas Leoni zur Austria Presseagentur. "Die Entwicklung in den letzten zwölf Monaten hätte durchaus auch einen höheren Abschluss zugelassen, aber es ist einfach die Dynamik, die sehr klar nach unten zeigt und dementsprechend auch die Unsicherheit für die Zukunft, die hier hinein gespielt hat."

"Also ich würde vermuten, dass beide Seiten ein Interesse hatten, schnell abzuschließen. Bei der Gewerkschaft hatte das, denke ich, auch mit der Konjunkturdynamik zu tun - weil ja eben auch die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung da ist und das es sein kann, dass die Zeit gegen eine höhere Lohnerhöhung spielt", sagte Leoni.

Die Gewerkschaften und der Fachverband der Metalltechnischen Industrie hatten sich wenige Stunden zuvor auf ein Lohnplus von im Schnitt 2,7 Prozent geeinigt.

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Dass vermutlich auch der Arbeitgeberseite ein rascher Abschluss recht war, "erkennt man daran, dass die Fragen des Rahmenvertrags, die zuerst auch im Raum gestanden sind für die Angleichung der Arbeiter und Angestellten, dass die dann vom Tisch genommen wurden, weil das wären genau die Punkte gewesen, die dann wahrscheinlich noch einer längeren Verhandlung bedurft hätten", meinte Leoni.

"Ich glaube, der Abschluss ist volkswirtschaftlich gesehen hoch genug, um eine eindeutige Reallohnentwicklung zu ermöglichen, also es ist ein deutliches reales Plus, vor allem wenn wir uns jetzt die Erwartungen für die Inflation anschauen, auch für das kommende Jahr, sollte dadurch eben die Kaufkraft erhöht und die Konjunktur gestützt werden können", lautet Leonis Fazit für die österreichische Volkswirtschaft.

Wer hat sich durchgesetzt?

Auf die Frage, wer sich durchgesetzt hat, sagte Leoni: "Für die Arbeitnehmer ist es ein ganz klarer Erfolg, dass die Inflationsrate um ein deutliches Plus überschritten wurde, auch in Perspektive, weil die preisliche Entwicklung nach unseren Erwartungen niedrig bleiben sollte im kommenden Jahr. Für die Arbeitgeber ist, glaube ich, sehr positiv, dass das Thema jetzt wieder vom Tisch ist und recht zügig, sozusagen noch vor Kampfmaßnahmen, ein Abschluss erzielt wurde."

Für den Arbeitsmarktexperten handelt es sich um einen eher hohen Abschluss. "Wenn man Inflation und Produktivität heranzieht, dann ist das durchaus am oberen Rand." Die Produktivität in der Industrie sei zuletzt nämlich schwächer gewesen. "Also im Vergleich, im vergangenen Jahr zum Beispiel war der Abschluss deutlich höher, aber die Summe aus Produktivität und Inflation hätte eigentlich auch noch einen höheren gerechtfertigt", erklärte Leoni. Das Problem sei nur, dass die Produktivitätskennzahl "etwas schwammig" ist. Betrachte man nur die Inflation, so liege der Abschluss heuer im langjährigen Durchschnitt.

Abschluss im Zeichen der Konjunktureintrübung

Aus Sicht des Experten steht der heurige Abschluss im Zeichen der Konjunktureintrübung. "Auf der Seite der Arbeitgeber ist das natürlich schon eine Herausforderung, eine Erhöhung um 2,7 Prozent zu bewältigen, weil wir vor allem nicht wissen, wie sich die Exportmärkte und die Außenhandelswirtschaft im kommenden Jahr und in der Zukunft entwickeln werden."

Leoni verwies aber auf Analysen des Wifo, wonach sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie gegenüber Deutschland, den EU-Handelspartnern aber auch gegenüber den außereuropäischen Ländern in den letzten Jahren tendenziell verbessert habe. "Das heißt, es gibt auch hier einen gewissen Puffer. Sollte sich herausstellen, dass die Konjunktur sich stärker abkühlt als wir jetzt vermuten würden, dann geschieht das vor dem Hintergrund einer recht günstigen Entwicklung in den letzten Jahren. Dadurch, dass die Entwicklung in den letzten Jahren tendenziell günstig war, glaube ich, dass dieser Abschluss sozusagen auf beiden Seiten gut argumentierbar ist."

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Signalwirkung auf die Verhandlungen anderer KV

Die von den Gewerkschaft oft beschworene Signalwirkung des Metaller-KV auf andere Kollektivvertragsverhandlungen gibt es laut Leoni tatsächlich: "Unmittelbar erwarten wir jetzt, dass die anderen fünf Fachverbände der Metallindustrie praktisch den gleichen oder einen sehr ähnlichen Abschluss haben werden und dann ist da natürlich die Nähe zu anderen Industriebereichen, beispielsweise zum Metallgewerbe, das dann auch in Bälde verhandeln und abschließen wird. Dort ist der Zusammenhang am stärksten", sagte Leoni.

Grundsätzlich sehe man aber auch, dass andere Branchen unterhalb des Metallerabschlusses bleiben, wie zum Beispiel typischerweise die Dienstleistungsbereiche. Da werde kaum der Abschluss der Industrie überschritten. "Letztes Jahr war der Abstand ja ziemlich groß, wenn man den Handel sich anschaut, ich würde erwarten, dass der Abstand heuer deutlich kleiner ausfällt", prognostiziert der Experte. Die Industrie bilde tendenziell den oberen Rand der Lohnentwicklung. (APA/red)