Wirtschaftspolitik : Wiener Standortanwalt erhält mehr Kompetenzen - per Erlass

Der Wiener Standortanwalt Alexander Biach erhält neue Kompetenzen, die über jene, die bundesgesetzlich verankert sind, hinausgehen. Per Erlass wurde er von der Stadt mit zusätzlichen Aufgaben betraut. Das bedeutet, dass er nicht nur bei Projekten zum Einsatz kommt, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Er wird auch Infrastruktur-Vorhaben oder Stadterweiterungen betreuen.

"Wien baut schneller, demnächst", zeigte sich der Präsident der Wiener Wirtschaftskammer, Walter Ruck, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Standortanwalt Biach überzeugt. Letzterer hat künftig auch in jenen Bereichen ein Recht zur Stellungnahme, die das Wiener Elektrizitätsschutzgesetz und die Bauordnung betreffen, wie Ludwig ausführte. Wien, so wurde betont, sei das erste Bundesland, das die Kompetenzen entsprechend erweitert habe.

Als Beispiele für Einsatzfelder wurden etwa der Ausbau des Öffi-Netzes, Straßenbauprojekte, Flächenwidmungen oder städtische Großbauvorhaben genannt. So wird unter anderem auch die geplante Eventhalle in den Fokus des Standortanwalts rücken, wie es hieß. Er soll dabei die volkswirtschaftlichen Effekte des in St. Marx entstehenden Bauwerks berechnen und in die Diskussion einbringen. Projekte privater Bauwerber sollen hingegen nicht in den Aufgabenbereich des Standortanwalts fallen - sofern nicht eine UVP durchzuführen ist.

Biach selbst versprach, als "faktenbasierter Fürsprecher" für die diversen Projekte zu agieren. "Es geht nicht darum, dass man gegen die Menschen baut, sondern wir bauen für sie", versicherte er. Sein Hauptaugenmerk wolle er vor allem auf die nötige Infrastruktur legen - also etwa auf die Verkehrswege oder die digitalen Netze.

Alexander Biach ist nicht nur Standortanwalt, sondern auch stellvertretender Direktor der Wiener Wirtschaftskammer. Dem entsprechend würde durch die Tätigkeit der Stadt keine Kosten entstehen, versicherte Bürgermeister Ludwig. Kammerdirektor Ruck zeigte sich einmal mehr erfreut darüber, dass der Standortanwalt als Institution bundesweit gesetzlich verankert worden sei.

Die Anwälte sind in den Landes-Wirtschaftskammern angesiedelt und werden herangezogen, wenn für ein Vorhaben eine UVP-Pflicht vorliegt. Die Wiener Kammer war eine der treibenden Kräfte für die Installation einer derartigen Stelle. Sie schaffe ein Gleichgewicht zu NGOs oder den Umweltanwaltschaften, zeigte sich Ruck heute überzeugt.

Ungeteilt ist die Freude über den Standortanwalt allerdings nicht: Für den WWF ist dieser schlicht ein "Angriff auf den Umweltschutz", wie es in einer Aussendung hieß. Neue Privilegien für "kritische Großprojekte" seien der falsche Weg. Nötig seien stattdessen mehr und bessere Umweltverträglichkeitsprüfungen, befand Christoph Walder, der Bereichsleiter Naturschutz beim WWF Österreich. Um Verfahren zu beschleunigen sei etwa eine Modernisierung der relevanten Gesetze nötig, sagte er.

Der geschäftsführende Wiener FPÖ-Landesparteiobmann und Vizebürgermeister Dominik Nepp ortete wiederum eine anbahnende "Verhaberung zwischen Rot und Schwarz". Offenbar seien die Weichen für eine SPÖ-ÖVP-Koalition in Wien schon gestellt, mutmaßte er. Nepp befürwortete das Vorhaben, Großprojekte in Wien zukünftig auch auf ihren volkswirtschaftlichen Nutzen zu überprüfen, hielt jedoch fest: "Mich wundert nur, dass das in der Vergangenheit nicht schon längst gemacht wurde." (apa/red)