Pharmaindustrie : Wiener Marinomed rechnet mit stark steigender Nachfrage

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© APA/GEORG HOCHMUTH

Die seit Februar 2019 in Wien börsennotierte Marinomed Biotech AG erwartet sich durch die Coronavirus-Pandemie ein kräftiges Nachfrageplus für ihren aus Rotalgen gewonnenen Wirkstoff Carragelose, der zur Behandlung von viralen Infekten der Atemwege eingesetzt wird und in Form von Nasen- und Rachensprays auf dem Markt ist.

"Wir wissen bei unserem Produkt Carragelose noch nicht, ob es wirksam ist gegen dieses neue Coronavirus, aber wir haben Daten gegen bisher bekannte Coronaviren, speziell auch den sehr nahen Verwandten, das Coronavirus vom Typ OC43", sagte Marinomed-Vorstandschef Andreas Grassauer in einer Telefonkonferenz. "Das ist der nächste Verwandte, den man derzeit in der Population findet." Dieses Virus habe seit Anfang der 2000er Jahre große Teile der Bevölkerung infiziert, insbesondere auch Kinder. Möglicherweise seien Kinder deswegen gegen das neue Virus besser geschützt.

Carragelose: Wirkstoff aus Rotalgen bindet Coronaviren

In klinischen Studien, die vor einigen Jahren am Wiener AKH und am St. Anna Kinderspital durchgeführt worden seien, habe man die Wirkung von Carragelose bei der Behandlung von Infektionen mit Rhinoviren, Influenzaviren und Coronaviren verglichen und festgestellt, dass die Dauer von grippeähnlichen Symptomen bei Coronaviren um fast vier Tage verkürzt werde, erklärte Grassauer. "Egal, welches Virus Sie haben, durch einen Carragelose-Nasenspray hat sich die Symptomatik dramatisch verkürzt." Allerdings habe man für das neue Virus noch keine klinischen Daten, "dazu ist es noch zu kurz unterwegs".

Carragelose bilde eine Schutzschicht, die Viren bindet und so die Infektion von Körperzellen verhindern könne. "Das ist kein Impfstoff und es ist auch kein klassisches Medikament, aber es hat eine breite physikalische Wirksamkeit, die sehr von Vorteil ist."

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In den ersten Monaten 2020 habe man bereits eine deutlich erhöhte Nachfrage nach Carragelose-Produkten als Folge der Sars-CoV-2 Pandemie registriert, berichtete Grassauer. Er geht davon aus, dass die aktuelle Coronavirus-Pandemie zu einem massiven Umdenken führen wird. So sei etwa die Gefährlichkeit von Influenzaviren bisher heruntergespielt worden. "Mehrere Tausend Tote pro Jahr im Bereich respiratorischer Atemwegserkrankungen in Winter haben keine große Reaktion ausgelöst." Die Impfrate betrage nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung, "obwohl dieses Virus in der Gefährlichkeit durchaus vergleichbar ist mit dem, was wir jetzt erleben", meinte der Virologe Grassauer. Möglicherweise würden heuer mehr Leute an Influenza sterben als am Sars-Coronavirus, "weil eben auch Maßnahmen gesetzt worden sind".

Eine Auslagerung der Veterinärmedizinischen Universität Wien

Im vergangenen Jahr hat Marinomed, die 2006 als Spin-off der Veterinärmedizinischen Universität Wien gegründet wurde, ihren Umsatz um 31 Prozent auf 6,14 Mio. Euro gesteigert. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung wurden von 2,93 auf 4,78 Mio. Euro erhöht. Das Betriebsergebnis (EBIT) war mit 6,21 Mio. Euro im Minus, der Jahresverlust betrug 7,22 Mio. Euro (nach einem Verlust von 12,1 Mio. Euro 2018). Auch in den kommenden Jahren werden aufgrund der hohen Investitionen Verluste erwartet. Die liquiden Mittel stiegen infolge des Börsengangs von 1,72 Mio. auf 12,02 Mio. Euro.

Nach dem IPO habe man einen Teil der Aktien bei neuen Investoren platziert, sagte Grassauer. "Wir haben jetzt einen Streubesitz von 58 Prozent."

Weil man inzwischen für die Veterinärmedizinische Universität zu groß geworden sei, werde man heuer von dort ausziehen, sagte Pascal Schmidt. In Korneuburg habe man ein Grundstück gefunden und werde zunächst das darauf befindliche Gebäude adaptieren und dann zusätzlich ein Labor bauen. (apa/red)

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