Österreich : Wie Magister: Handwerker sollen sich als "Meister" ansprechen lassen dürfen

Die Reihe an medienwirksamen Besuchen bei "normalsterblichen" Menschen durch die Regierungsspitze ist in aller Früh weitergegangen. Bundeskanzler Sebastian Kurz, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Vizekanzler Werner Kogler zog es in eine Backstube in Wien-Liesing. Anlass war die angekündigte Einführung des Berufstitels Meister und eine Novelle des Berufsausbildungsgesetzes.

"Die Aufwertung der Lehre war mir immer ein Herzensanliegen. Wir schaffen den Begriff Lehrlingsentschädigung ab, in Zukunft bekommen Lehrlinge wie alle anderen ein Einkommen. Wertschätzung beginnt auch immer mit der Sprache", sagte Schramböck (ÖVP). Heute erfolge ein erster Schritt zur Aufwertung von Lehre und Meister, weitere seien geplant. So sollen in weiterer Folge das Thema Lehre nach der Matura aufgegriffen und neue Lehrberufe geschaffen werden. Auch der Handwerksmeistertitel soll künftig nicht das Ende einer Ausbildung darstellen, kündigte die Wirtschaftsministerin an.

Kurz (ÖVP) hat bei der Firmenleitung der handwerklichen Bäckerei mit derzeit fünf Lehrlingen auch die Sorgen hinterfragt, wie er ausführte. Es gehe um die Rahmenbedingungen wie die Steuerlast, weniger Bürokratie und auch mehr Netto vom Brutto bei den Mitarbeitern. Einfache Bäckergesellen im Bäckergewerbe bekommen erst seit vorigem Herbst minimal mehr als 1.500 Euro brutto.

Der Regierungschef betonte auch, dass die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) das Rückgrat der heimischen Wirtschaft seien und Österreich auf der ganzen Welt fürs duale Ausbildungssystem bewundert werde. "Wir freuen uns, wenn die jungen Menschen in die Lehre strömen. Eine gute Ausbildung ist eine Jobgarantie für die Zukunft", sagte Kurz. Der Besuch zeige auch, wie viele Menschen in Österreich bereits in der Nacht und sonntags arbeiten würden und "damit einen Beitrag leisten, dass das Land so gut funktioniert".

Kogler (Grüne) verwies darauf, dass sich die Aufwertung der Lehre im Arbeits- und Bildungsbereich des Regierungsübereinkommens findet. "Es geht um eine Aufwertung und eine bessere Durchlässigkeit sowie Anerkennung und Besserstellung der Lehre", so der Vizekanzler.

Der Meistertitel soll künftig auch in offiziellen Dokumenten eingetragen werden können ("eintragungsfähigen Titel für offizielle Dokumente schaffen"). Der Titel "Meister" oder "Meisterin" kann nach einer notwendigen Änderung der Gewerbeordnung dem Namen vorangestellt werden. Als Titelabkürzung ist "Mst." bzw. "Mst.in" vorstellbar und dem Bachelor gleichzusetzen.

Die Politiker ließen sich von Thomas Maurer, einem der Prokuristen der Bäckerei Schwarz mit 18 Filialen und rund 150 Mitarbeitern durch die Produktion in Wien-Liesing führen. Maurer erläuterte unter anderem, dass der Betrieb gerade noch die Größe habe, dass die Bäcker allesamt noch alle Arbeiten erledigten, also nicht monoton die ganze Nacht etwa nur Semmeln produzieren.

"Wär es nicht gescheiter, er macht nur Krapfen?", wollte Kurz im Sinne von Effizienz wissen. Hier sei das nicht so, sagte Maurer. Die Politiker schüttelten den Bäckern vor piepsenden Öfen die Hände, erkundigten sich nach deren Wohlbefinden und ob alles in Ordnung sei. Das war es auch für die Lehrlinge, die an diesem frühen Morgen besondere Aufmerksamkeit genossen. (apa/red)