Energieversorgung : Wie der Netzbetreiber APG an einem intelligenten Batteriespeicher forscht

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Mathematik-Doktorat in Prag, postgraduales Studium „Erneuerbare Energien“ an der TU in Wien – nein, Zufall war das alles nicht. Der Vater Baumeister, die Mutter in einem elektrotechnischen Unternehmen tätig, das prägt. Machen Mathematiker im Bankwesen oder in der Informatik Karriere, zog Michaela Leonhardt die Energiewirtschaft in den Bann.

2012 heuerte die gebürtige Tschechin beim Übertragungsnetzbetreiber APG an, dort arbeitet sie bis heute in der Abteilung für Versorgungssicherheit und Betriebskoordination. Aktuell als Projektmanagerin in der Energieforschung. Gelegenheit, die Zukunft der Energiesysteme mitzugestalten, findet Leonhardt seit dem vorigen Jahr auch im Projekt „ABS fürs Stromnetz“ vor:

Mit an Bord des 2,6 Millionen schweren Projekts, das Leonhardt leitet und mit 1,8 Millionenvom Klima- und Energiefonds gefördert wird, sind APG, Verbund sowie Forscher des AIT und der TU Wien. Entwickelt wird eine Batteriespeicherlösung, die per Algorithmus kurzfristig auftretende Schwankungen im Netz – also Abweichungen der Netzfrequenz – ausgleichen kann. „Und zwar hochdynamisch“, sagt Leonhardt, auch Vorsitzende des Frauennetzwerkes im Elektrotechnik-Verband OVE und Mitglied des OVE-Vorstandes.

Messmarathon

Was bei marktüblichen Haushalts-Speichern also normalerweise für Minuten oder Stunden konzipiert ist, soll hier in wenigen Millisekunden geschehen. Die Transformation der Energiesysteme, die Integration der Erneuerbaren Energien – nur mit neuen Ansätzen wird sie gelingen. Den für die Forschung notwendigen Wechselrichter lieferte den Projektpartnern ein Hersteller aus Italien – eine Sonderanfertigung. Die Batteriezellentechnik – man nutzt ein Speichervolumen von 500-Kilowattstunden- Lithium-Ionen-Batterien für die Gesamtleistung von einem Megawatt – ist guter Standard.

Im März wird der Speicher ans AIT geliefert. Mehrere Monate wird er dort im Labor auf Herz und Nieren – also funktional – durchgecheckt. Im Sommer wird er in zwei Baucontainern – einer für die Batterien und den Wechselrichter, einer für den Transformator und eine Forschungszentrale – zum APG-Umspannwerk Wien-Südost im zehnten Wiener Bezirk transportiert. Dort wird der Wechselrichter für vorgegebene Zielfunktionen parametrisiert.

„Dabei erfolgt die Forschung mit Feldmessungen und die Kernentwicklung des Systems, damit alle Zielfunktionen intelligent und hochdynamisch reagieren und zusammenagieren“, schildert Projektleiterin Michaela Leonhardt.

Neuer Algorithmus

Ein weiterer Algorithmus wird die einzelnen Zielfunktionen zusammenführen. „Eine solche Zielfunktion ist die Bereitstellung der virtuellen Schwungmasse.Und wir bringen den Speicher dazu, den exakten Zustand des Netzes richtig zu erkennen und bei auftretenden Schwankungen das Stromsystem wieder ins Lot zu bringen“, so die Energieexpertin.

Als Basis dafür erstellen Kollegen der TU komplexe, in die Zukunft (2030) gerichtete Simulationen des europäischen Energienetzes. Forschungsergebnisse wird es schon heuer, gesammelt dann zum Projektschluss 2021 geben. Gewappnet für die diesjährig startenden Tests im eigenen Zehn-Kilovolt-Netz ist man gleich mehrfach: Die betreffende Anlagentechnik des Wiener Umspannwerks wird gerade modernisiert.