Maßnahmen zur Coronakrise : Werden Unternehmen von Mietzinszahlungen befreit?

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Ausgangspunkt ist die umfangreiche Schließung von Geschäftslokalen bis voraussichtlich 13. April 2020, die der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 angeordnet hat. Die Rechtsanwaltskanzlei Taylor Wessing hat sich angesehen, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf Bestandverträge haben.

Mietverträge

Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) hält fest, dass der Mieter bei außergewöhnlichen Zufällen, durch die ein Mietobjekt nicht mehr benützt werden kann, von der Leistung des Mietzinses befreit ist. Außerordentliche Zufälle im Sinne des Gesetzes sind elementare Ereignisse, die einen größeren Personenkreis treffen und von Menschen nicht beherrschbar sind, sodass für deren Folgen im Allgemeinen von niemandem Ersatz erwartet werden kann.

Von der Rechtsprechung wurde dies unter anderem für jene Fälle angenommen, wo ein behördlich verfügtes Verbot der Produktverarbeitung angeordnet war, oder bei außerhalb des Mietobjektes liegenden Umständen, die den Zugang zum Objekt verhindern. Neben vereinzelten Beispielen aus der Judikatur (die primär unfallbedingte Katastrophenereignisse betreffen), erwähnt das Gesetz als einen solchen Fall explizit auch „Seuchen“.

In Österreich wurden die zuletzt eingeführten behördlichen Maßnahmen aufgrund der COVID-19 Pandemie getroffen. Unter Berücksichtigung der genannten Judikatur ist daher davon auszugehen, dass betroffene Mieter für den Zeitraum der angeordneten Schließung der Geschäftslokale von der Zahlung des Mietzinses (teilweise) befreit sind.

Festzuhalten ist jedoch, dass das Ausmaß der tatsächlichen Beeinträchtigung einen Einfluss auf die Höhe der Befreiung von Mietzinszahlungen hat. Das Gesetz regelt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass dem Mieter lediglich ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen wird, wenn er einen beschränkten Gebrauch des Mietobjektes vornehmen kann. Im Zusammenhang mit COVID-19 würde dies bedeuten, dass Mieter ab März 2020 von der Zahlung des Mietzinses nicht zur Gänze, sondern erst ab dem 16. März befreit sind, wenn eine Nutzung des Mietobjektes ab diesem Zeitpunkt gänzlich ausgeschlossen sein sollte. Diese Regelung gilt bis auf weiteres, abhängig von der Dauer der angeordneten Maßnahmen.

Wo also eine gänzliche Nutzung des Mietobjektes durch die Auswirkungen der Corona Krise auf Grund der COVID-Verordnung des Sozialministers ausgeschlossen ist, ist Mietzins-Befreiung durchaus denkbar.

Für Verkaufslokale des Handels, die von der Schließung unmittelbar betroffen sind scheint dies eindeutig. Sofern Einzelhandelslokale auch Online-Umsätze erzielen, wird abzuklären sein, ob diese laut Mietvertrag bei der Errechnung der Umsatzmiete zu inkludieren sind, weshalb abhängig vom Mietvertrag lediglich eine teilweise Reduzierung des Mietzinses denkbar erscheint.

Durch die Verordnung geschlossene Gastronomielokale sind wohl auch erfasst, soweit das Lokal nicht z.B. für den Zustellbetrieb weiter genutzt wird. Für Bürobetriebe andererseits wird dies eher unwahrscheinlich sein. Ebenso für Arztordinationen und Hotels, da noch keine Schließungen angeordnet wurden. Für Produktionsstätten nur dann, wenn die Produktion durch die Schließungsanordnung direkt betroffen ist, was kaum der Fall sein wird. Wie sich indirekte Effekte z.B. dadurch, dass produzierte Produkte mangels offener Verkaufslokale nicht mehr abgesetzt werden können, auswirken, ist derzeit unklar.

Vor diesem Hintergrund wird im Einzelfall stets das tatsächliche Ausmaß der Nutzungs-Beeinträchtigung des Mietobjektes - und ob eine solche überhaupt vorliegt - zu prüfen sein, um die Höhe allfälliger Mietzinsreduktionen konkret einschätzen zu können.

Sonderfall Pachtvertrag

Grundsätzlich sind Pacht- und Mietverträge in dieser Konstellation gleich zu behandeln. In Bezug auf Pachtverträge gibt es jedoch eine wesentliche Ausnahme, wonach der Pächter im Verhältnis zum Mieter deutlich schlechter gestellt wird: Für Pachtverträge ist explizit geregelt, dass Pächter, deren Pachtverträge auf maximal ein Jahr geschlossen wurden, bei Auftreten von außergewöhnlichen Zufällen nur dann (teilweise) von der Bezahlung des Pachtzinses befreit sind, wenn der gewöhnliche Ertrag um mehr als die Hälfte gemindert ist. Erst bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist eine Reduktion des Pachtzinses möglich.

Bei mehrjährigen Pachtverträgen entfällt dieses Minderungsrecht komplett, weil nach Ansicht des Gesetzgebers ein Minderertrag durch einen Mehrertrag in den Folgejahren ausgeglichen werden kann. Dies hat zur Folge, dass erst eine völlige Gebrauchsuntauglichkeit des Bestandobjektes zum Entfall des Pachtzinses führt.

Festzuhalten bleibt, dass diese Einschränkungen nur auf „echte Pachtverträge“ anzuwenden sind. Ob eine Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht vorliegt, ist im Einzelfall zu beurteilen.

Die Bestimmungen sind dabei nicht zwingendes Recht, es können daher einzelne Verträge die Sache anders regeln. In jedem Fall bleibt daher eine Überprüfung der Miet- oder Pachtverträge unerlässlich, um abzuklären, ob allenfalls abweichende Regelungen in Zusammenhang mit außergewöhnlichen Zufällen getroffen wurden.

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