Rechtstipp : Wege aus der Unternehmenskrise

Ist bei einer Kapitalgesellschaft das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht und daher negativ, hat die Geschäftsführung gemäß § 225 Abs 1 Unternehmensgesetzbuch (UGB) im Anhang zum Jahresabschluss zu erläutern, ob auch eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn zur buchmäßigen Überschuldung eine negative Fortbestehensprognose hinzukommt.

Gegebenenfalls ist ein Insolvenzverfahren anzumelden, ansonsten könnte die Geschäftsleitung nach den einschlägigen Vorschriften des Zivil- und Gesellschaftsrechts zur Haftung herangezogen werden. Auch strafrechtliche Konsequenzen wären zu befürchten.

Allerdings gibt es Instrumente, um einer Krise im Vorfeld und ohne die Notwendigkeit einer Insolvenzantragstellung zu begegnen: Beseitigung der rechnerischen Überschuldung durch Nachrangabrede Wird kein frisches (Eigen-) Kapital eingeschossen, wählt die Sanierungspraxis als Ausweg häufig die Nachrangigstellung von Verbindlichkeiten durch Nachrangabrede, um die buchmäßige Überschuldung zu beseitigen.

Es muss sich um eine sogenannte qualifizierte Nachrangabrede handeln, die den Anforderungen des § 67 Abs 3 Insolvenzordnung (IO) entspricht. Nach dieser Gesetzesbestimmung kann der Ansatz einer Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz unterbleiben, wenn der betreffende Gläubiger erklärt, eine Befriedigung erst nach Beseitigung des (allenfalls) negativen Eigenkapitals (§ 225 Abs 1 UGB) oder im Fall der Liquidation nach Befriedigung aller Gläubiger zu begehren, und dass wegen dieser Verbindlichkeit kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht.

Kann die Geschäftsleitung so die Überschuldung beseitigen, ist der Ausweg aus der Krise gefunden. In insolvenzrechtlicher Betrachtungsweise bleiben die betreffenden Schulden dann nämlich unberücksichtigt. Übersteigen also die durch qualifizierte Erklärung nachrangig gestellten Schulden das negative Eigenkapital, liegt keine insolvenzrechtliche Überschuldung vor.

In einem Konzern kann die Krisenbewältigung auch durch sogenannte "harte Patronatserklärungen" von Konzerngesellschaften erreicht werden – allerdings nur, wenn die erklärende Gesellschaft selbst ausreichend finanzielle Mittel hat, um die Schulden der in der Krise befindlichen Gesellschaft befriedigen zu können.

Positive Fortbestehensprognose

Ohne Nachrangerklärung ist die Geschäftsführung angehalten, eine Fortbestandsprognose zu erstellen, um darzulegen, dass die buchmäßig ausgewiesene Überschuldung keine Insolvenzantragstellungspflicht auslöst. Nur wenn die Prognose positiv ist, ist dem genüge getan; andernfalls ist Insolvenz anzumelden. Es geht darum, eine begründete Aussage darüber zu treffen, ob das Unternehmen künftig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine Geschäftsaktivitäten bei Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen fortführen kann. Dazu wird im Zuge der Primärprognose die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens für einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten dargestellt. In der Sekundärprognose, die für einen Zeitraum von etwa drei Jahren zu erstellen ist, sind Plan-Gewinn-/Plan-Verlustrechnungen und Planbilanzen aufzustellen sowie Cashflows vorzulegen. Aus dem gesamten Zahlenwerk muss sich eine nachhaltige Trendumkehr für das Unternehmen ergeben.

Schlussfolgerung

Ist die Krise einmal eingetreten und das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht, kann eine qualifizierte Nachrangabrede helfen, die buchmäßige Überschuldung zu beseitigen. Ansonsten ist eine Fortbestandsprognose zu erstellen, die eine Insolvenzantragspflicht nur dann beseitigt, wenn sie positiv ist.

Dr. Matthias Schmidt ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte. Er ist auf Insolvenzrecht und Unternehmenssanierungen spezialisiert.

Der OGH setzte sich Ende 2015 in der Entscheidung 6 Ob 179/14p mit der Frage zur Aufrechnung nach rechtskräftiger Bestätigung eines Sanierungsplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens auseinander. Im konkreten Fall begehrte die Klägerin Werklohn aus einem Bauvorhaben. Während des Verfahrens wurde Konkurs über das Vermögen der Klägerin eröffnet und in der Folge ein Sanierungsplan angenommen und vom Gericht bestätigt. Nach diesem erhielten die Gläubiger eine Barquote von 23,5 Prozent.

Als Gegenforderung wurden von den Beklagten im Prozess Mängelbehebungskosten in ungekürzter Höhe eingewendet. Die Beklagten hatten allerdings vor rechtskräftiger Bestätigung des Sanierungsplanes im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin keine Aufrechnungserklärung abgegeben. Die Frage, ob die Beklagten die Gegenforderungen in voller Höhe aufrechnen können, wurde vom Erstgericht bejaht, vom Gericht zweiter Instanz jedoch verneint. Da dies bis dahin auch in Lehre und Rechtsprechung strittig war und es sich um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung handelte, sollte ein verstärkter Senat des OGH entscheiden.

Dieser kam zum Ergebnis, dass der Insolvenzgläubiger, der während des Insolvenzverfahrens nicht von der gesetzlichen Aufrechnungsmöglichkeit durch Erklärung Gebrauch macht, nach rechtskräftiger Bestätigung des Sanierungsplans sowie Aufhebung des Insolvenzverfahrens nur mehr mit der Sanierungsplanquote seiner Forderung aufrechnen kann.