Energiewirtschaft : Was der deutsche Kohleausstieg bedeutet - hier einige Zahlen

Kohle verstromen ist klimaschädlich und sollte daher beendet werden. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt? Denn gleichzeitig versorgen die Kohlekraftwerke viele Haushalte und Unternehmen zuverlässig und bezahlbar mit Strom und bieten den dort Beschäftigten einen gut dotierten Arbeitsplatz - wovon die gesamte Region profitiert. Ein Überblick zu Deutschland:

WO WIRD KOHLE ABGEBAUT?

In Nordrhein-Westfalen gibt es die drei Braunkohle-Tagebaue Inden, Garzweiler und Hambach. Sie beliefern die Kraftwerke Neurath, Frimmersdorf, Niederaußem und Weisweiler. In der Lausitz (Brandenburg und Sachsen) fördern die vier Tagebaue Jänschwalde, Welzow-Süd, Nochten und Reichwalde Braunkohle für die Kraftwerke Jänschwalde, Schwarze Pumpe und Boxberg. Im Mitteldeutschen Revier befinden sich die Tagebaue Profen (Sachsen und Sachsen-Anhalt) und Schleenhain in Sachsen. Sie versorgen die Kraftwerke Schkopau und Lippendorf.

Steinkohle wird in Deutschland nicht mehr gefördert. Es gibt aber noch zahlreiche Kraftwerke, die mit im Ausland gekaufter Steinkohle betrieben werden.

WAS LIEFERN DIE KOHLEKRAFTWERKE?

Aus Kohlekraftwerken stammten 2017 insgesamt 37 Prozent des Stroms. Braunkohlekraftwerke erzeugten 19,9 Gigawatt Energie, Steinkohlekraftwerke 22,7 Gigawatt.

Ersatz sollen vor allem Wind und Sonne liefern, doch die erforderlichen Netze müssen teils noch gebaut werden, um den Strom dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird. Und Speicher sind nötig, um Strom dann vorrätig zu haben, wenn er gebraucht wird.

WIE SCHÄDLICH IST DIE KOHLE?

Eine möglichst schnelle Beendigung der Kohleverstromung ist ein besonders wirksamer Weg, die weitere Erwärmung des Klimas zu bremsen: 2016 stießen die Stein- und Braunkohlekraftwerke 28 Prozent der Gesamtemissionen Deutschlands aus, rund 256 Mio. Tonnen Kohlendioxid (CO2). Der Anteil der Kohlekraftwerke an den Gesamtemissionen der Energiewirtschaft betrug 2016 etwa 70 Prozent.

Braunkohle gilt als besonders klimaschädlich, weil bei der Verbrennung besonders große Mengen CO2 anfallen. Hinzu kommt: Bisher mussten bereits 120.000 Menschen für den Braunkohleabbau ihre Wohnorte verlassen, ganze Dörfer verschwanden.

WIE STEHT DIE WIRTSCHAFT IN DEN BRAUNKOHLEREGIONEN DA?

Das Wirtschaftswachstum der Braunkohle-Bundesländer ist seit 2010 meist unterdurchschnittlich im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt. In Ostdeutschland haben Kaufkraft, Wertschöpfung, Forschungs- und Entwicklungstätigkeit der Privatwirtschaft, Exportorientierung, Unternehmensgrößen oder Lohnniveau Nachholbedarf.

WIEVIELE ARBEITSPLÄTZE BIETET DIE BRAUNKOHLE?

In allen Braunkohlerevieren gibt es insgesamt rund 20.000 direkte Arbeitsplätze - und von jedem hängen zwei weitere ab. Betroffen von einer Schließung wären derzeit also rund 60.000 Arbeitsplätze.

WAS KOSTET DER KOHLEAUSSTIEG?

Milliarden für Projekte, um neue Jobs zu schaffen, Milliarden für Haushalte und Unternehmen als Ausgleich für mögliche höhere Strompreise, Milliarden für Energieunternehmen, die keine Kohle mehr verfeuern dürfen - es kommt einiges zusammen. Und das über mehrere Jahre. Offizielle Zahlen gibt es noch nicht.

Die betroffenen Bundesländer meldeten bereits einen Bedarf von 1,0 bis 1,5 Mrd. Euro pro Jahr über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren an. Wirtschaftsverbände verlangten "mindestens" zwei Milliarden Euro Ausgleich pro Jahr für höhere Strompreise. Die Energieunternehmen haben sich noch nicht geäußert. Sie müssen den Rückbau der Tagebaue bezahlen; eventuell muss hier der Staat einspringen. (afp/apa/red)