Kommentar : Warum die neue TU Linz gebraucht wird

Die letzte einer Reihe von kritischen Statements kam vom Schweizer Antonio Loprieno, seit 2016 Vorsitzender des Österreichischen Wissenschaftsrats. Er spricht im „Standard“-Interview von der Gefahr einer kostspieligen Verzettelung und rät – wie schon andere vor ihm – zur Konsolidierung bestehender Hochschulstrukturen.

Nun muss man wohl sagen, dass sich ein Sprachwissenschafter nicht über Nacht zum Freund und Experten der „Digitalen Transformation“ wandeln muss. Dennoch scheint hier die Angst durchzuschimmern, dass die schon heute ziemlich mauen Budgets für die „Orchideenfächer“ weiter eingeschränkt werden. Immerhin gibt er zu, dass die technischen Universitäten „extrem moderne und erfolgreiche“ Institutionen sind, weil sie gleichzeitig an Wissenschaft und Innovation orientiert sind.

Immer wieder ist in der Kritik von einem Widerspruch die Rede. Die Schaffung einer neuen Universität würde der Konsolidierung bestehender universitärer Strukturen im Wege stehen. Doch genau das ist nicht der Fall. Gerade indem man bestehende und gut etablierte Einrichtungen unter einem gemeinsamen Dach zusammenfasst, deren Mittel aufstockt und unter einer Marke positioniert, schafft man im europäischen Wettbewerb Sichtbarkeit und damit Standortvorteile. Für die vielzitierten Uni-Rankings kann dies nur einen Sprung nach vorne bedeuten.

Ja, es ist richtig. Österreich hat schon heute 23 öffentliche Universitäten, 21 Fachhochschulen, 16 Privat-Unis und 14 pädagogische Hochschulen. Aber sind diese Zahlen wirklich relevant für die politische Jahrhundert-Entscheidung, in Linz einen TU-Schwerpunkt „Digitalisierung“ zu schaffen? Wohl nicht. Die Montanuni Leoben steht für Bergbau, die TU Graz für Maschinenbau und Wien für Politechnik.

Die Digitale Transformation, die Wirtschaft und Gesellschaft fundamental verändern wird, kann auch in Österreich eine sichtbare Verortung gut gebrauchen.

Linz steht mit der Ars Electronica und vielen international bedeutenden Technologie-Unternehmen schon heute für Innovation und Fortschritt. Diesen ausgezeichneten Ruf hat sich das einst verruste Schwerindustriegebiet mit viel Kreativität und hohen Investitionen hart erarbeitet. Was Linz und den Standort Oberösterreich für die TU außerdem begünstigt, ist die florierende und hochproduktive Industrie, die schon heute – besser als anderswo – in vorderster Reihe und am laufenden Band technische und digital inspirierte Innovationen hervorbringt.

Um die Positionierung der künftigen Technischen Universität Linz im internationalen Wettbewerb muss man also nicht bangen. Die Basis dafür wurde längst gelegt. Jetzt geht es tatsächlich um die Konsolidierung teilweise ganz unterschiedlicher, aber erfolgreicher Institutionen unter einem neuen Dach. Man muss dafür auch keine neuen oder parallelen Verwaltungsstrukturen aufbauen, sondern könnte die bestehenden nutzen. Die Johannes Kepler Universität würde sich dann auf die nicht-technischen Studienrichtungen konzentrieren, die TU alle bestehenden und neuen Technik-Zweige weiterentwickeln, um dem künftigen Digitalisierungsschwerpunkt Rechnung zu tragen – durchaus unter Einbindung der Fachhochschulen.

Fazit: Die neue TU Linz ist „Flaggschiff“ und logische Konsequenz der positiven Entwicklung Oberösterreichs zu einem wettbewerbsfähigen Technologie-Cluster. Sie bietet die Chance, die schon bestehenden Digitalisierungskompetenzen zu schärfen und international besser sichtbar zu machen. Dafür müssen die vorhandenen und gut etablierten universitären Einrichtungen unter einem gemeinsamen Dach zusammengefasst und mit einer starken Marke nach außen positioniert werden. Das wäre gerade für die internationalen Rankings von Vorteil.

Dr. Stefan Bergsmann ist Geschäftsführer der Managementberatung Horváth & Partners Österreich und Berater zahlreicher Technologie-Unternehmen in Oberösterreich.