Autoindustrie : VW erwartet Engpässe in der Produktion - wegen neuen Abgastests

Bei der Umstellung auf den neuen Abgas-Teststandard WLTP rechnet die Volkswagen-Kernmarke von August an mit vorübergehenden Lücken in der Produktion. Das bedeute dann zeitweilig auch weniger Beschäftigung wegen geringerer Auslastung, sagte Personalleiter Martin Rosik dem Mitarbeiter-Magazin "Inside", das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Konzernchef Diess warnt

"Mit Hochdruck" werde daran gearbeitet, die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, betonte der Manager. Dennoch seien Lieferengpässe bei bestimmten Modellen möglich. Einige Varianten, die bis dahin noch kein WLTP-Zertifikat hätten, müssten vorläufig aus dem Programm genommen werden.

Derzeit sei ein Produktionsprogramm in Arbeit, "mit dem wir die Phase optimal meistern", sagte Rosik. Voraussichtlich Ende Mai oder Anfang Juni werde mit dem Betriebsrat die Umsetzung besprochen. Sobald es Entscheidungen gebe, solle die Belegschaft informiert werden. Der neue Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess hatte schon auf der Hauptversammlung Anfang Mai vor Lieferengpässen gewarnt.

Neuer Standard ab September verpflichtend

Der neue Prüfzyklus WLTP wird im September für sämtliche Neuwagen bindend, von September 2019 an werden zudem realitätsnahe Straßen-Abgastests Pflicht. Es geht um eine bessere Abbildung des tatsächlichen Verbrauchs sowie der Schadstoff- und CO2-Emissionen. Das Prüfverfahren ist jedoch aufwendig - Autobauer könnten also gezwungen sein, einen Teil ihrer normalen Abläufe umzuplanen.

Die Mitarbeiter an den Prüfständen arbeiteten im Drei-Schicht-Betrieb, damit bis September so viele Fahrzeuge wie möglich nach WLTP zertifiziert seien, erklärte Rosik. Dennoch werde wohl nicht jede Variante rechtzeitig zur Verfügung stehen.

Probleme quer durch die Autoindustrie

Auch BMW hatte kürzlich bekanntgegeben, dass die Umstellung auf WLTP nicht reibungslos verläuft. Demnach stoppt der Autobauer vorübergehend die Produktion mehrerer Modelle mit Benzinmotoren für den europäischen Markt, um sie für die neuen EU-Verbrauchsmessungen fit zu machen. Das Flaggschiff, der 7er BMW, soll als Benziner in Europa sogar ein Jahr lang aus dem Angebot genommen werden.

Viele Hersteller haben Probleme - Opel gar nicht

Von den Engpässen besonders betroffen ist laut "Automobilwoche" offenbar Audi. Von 46 Modellen seien bei der VW-Tochter nur fünf voll bestellbar. Probleme gebe es auch bei BMW, Hyundai, Skoda oder Volkswagen. Von keinerlei Einschränkungen berichten die Händler dagegen bei Opel und Volvo. Die Umfrage umfasst nicht alle Marken, da Carwow nicht mit Händlern aller Fabrikate zusammenarbeitet. Aktuell dazu: Fast jedes zweite Automodell derzeit nicht lieferbar wegen des neuen Abgasstandards WLTP >>

Konzernchef Diess verhängt Fertigungsstopp für wichtige Dieselmodelle

Nun muss VW nach Medieninformationen ein Software-Update für den 2.0-TDI-Motor entwickeln, der in den Modellen Passat, Passat Variant und Arteon verbaut wurde. Konzernchef Herbert Diess habe einen Fertigungsstopp für die betroffenen Autos Passat und Passat Variant mit Frontantrieb und Siebengang-DSG sowie das Modell Arteon verhängt, berichtet die "Automobilwoche".

Schon produzierte Fahrzeuge können nicht ausgeliefert werden

"Fahrzeuge, die bereits produziert worden sind, können nicht mehr an Kunden oder Endabnehmer ausgeliefert werden", zitiert das Blatt aus internen Unterlagen. Das Unternehmen erwarte eine Lösung für das Problem nicht vor dem vierten Quartal 2018. Auf Anfrage der Branchenzeitung teilte VW mit, es könne "vorkommen, dass über die gelbe Motorkontrollleuchte auf ein Problem mit dem Abgasnachbehandlungssystem hingewiesen wird, obwohl tatsächlich kein derartiges Problem besteht".

VW strafft nun das Angebot. So wird etwa der Passat mit 120-PS-Dieselmotor nach der Überarbeitung serienmäßig über ein SCR-System verfügen. SCR-Katalysatoren sind auch Thema in der Debatte um Hardware-Nachrüstungen alter Diesel. Sie können die Abgasreinigung verbessern, die Frage der Kostenübernahme ist aber unklar.

Rosiks Angaben in "Inside" zufolge gibt es am Standort Wolfsburg den "größten Optimierungsbedarf". In Zwickau, wo künftig die vollelektrische ID-Modellfamilie gebaut werden soll, seien die Auswirkungen voraussichtlich geringer. In Emden spiele eher der Modellwechsel beim Passat eine Rolle. (dpa/afp/apa/red)