Textilindustrie : Vorarlberger Textilunternehmen Huber in Teilen insolvent

Der Vorarlberger Wäschehersteller Huber Holding AG ist in Teilen insolvent. Rund 120 Menschen verlieren ihren Job. Man habe für vier der Gesellschaften einen Antrag auf Einleitung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverantwortung am Landesgericht Feldkirch eingereicht, informierte das Unternehmen.

"Betrieb läuft unverändert weiter"

Der Betrieb in allen Gesellschaften der Gruppe laufe unverändert weiter, die Liquidität sei in Abstimmung mit den finanzierenden Banken gesichert.

Die in Teilen insolvente Huber Holding hat nach Angaben des Gläubigerschutzverbands Creditreform Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten in Höhe von rund 18 Mio. Euro. Wegen eines außerordentlichen Ertrags belaufe sich das Konzernjahresergebnis 2019 auf rund 1,1 Mio. Euro, ohne diesen wäre die Kennzahl ins Minus gerutscht und ein Verlust von 3,6 Mio. Euro resultiert, heißt es im Sanierungsantrag.

Von den 18 Mio. Euro Bankverbindlichkeiten entfallen demnach rund 15,1 Mio. Euro auf finanzierende Geldinstitute, die im März und Mai 2018 und neuerlich im April 2019 in einem Rahmenabkommen ein gemeinsames Vorgehen bezüglich des Wäscheherstellers vereinbart hatten. Die ursprünglich 25 Mio. Euro, die dieses Konsortium Huber bereitstellte, seien seit 2019 bis auf 14 Mio. Euro zurückgeführt worden.

Umstrukturierung schon vor Jahren eingeleitet

Als Sicherheit hat Huber unter anderem die Marke "Skiny" an die Banken verpfändet. Am 15. Mai kündigte das Bankenkonsortium die Vereinbarung jedoch auf, sollten nicht bis 29. Mai Unterlagen über alternative Finanzierungsquellen vorgelegt werden, und sperrte die Konten der Huber Holding AG. Huber war es laut Insolvenzantrag nicht möglich, diese Forderungen zu erfüllen, auch wenn es in Verhandlungen gelungen sei, den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten.

Huber befand sich in den vergangenen Jahren in einem Umstrukturierungsprozess, der die Effizienz erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern sollte, hieß es weiter. Es hätten sich bereits erste Erfolge gezeigt, doch durch die Covid-19-Pandemie sei es zu einer "völlig unvorhersehbaren und existenzbedrohenden Situation für die gesamte Unternehmensgruppe" gekommen.

Verordnete Schließungen wegen Corona als letzter Auslöser

Wegen der zweimonatigen Schließung der Filialen und der gedämpften Umsatzerwartungen sei man nicht mehr in der Lage, den Betrieb in der derzeitigen Form ohne die Sanierungsmaßnahmen fortzuführen. Allein von März bis Mai habe sich der Umsatzverlust auf 15 bis 20 Mio. Euro in der Gruppe belaufen. Die Ausfälle und die Gesamtsituation der Huber Holding Gruppe führten daher zu einer "akuten Liquiditätskrise".

In der Folge sah sich Huber gezwungen für die Huber Holding AG sowie die Tochtergesellschaften Huber Shop GmbH, Huber Tricot GmbH und die Arula GmbH ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung zu beantragen. Den Gläubigern wird eine 30-prozentige Quote geboten, zahlbar innerhalb von zwei Jahren nach Annahme des Sanierungsplans.

Eine mögliche Verbesserung werde von der weiteren Entwicklung und den Auswirkungen der Pandemie abhängen. Alle Konzerngesellschaften erfüllten die Voraussetzungen des Corona-Hilfsfonds, selbiges gelte auch für den Fixkostenzuschuss und die Kurzarbeitsregeln. Der konsolidierte Jahresumsatz 2019 belief sich auf rund 140 Mio. Euro.

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"Unternehmen kann positiv geführt werden"

Grundsätzlich kann das Unternehmen positiv geführt werden, heißt es in dem Insolvenzantrag. Es gebe eine konkrete, mit Experten der Wirtschaftsprüfergesellschaft PwC erarbeitete Strategie für die Unternehmensfortführung. Erste Sanierungsmaßnahmen seien bereits eingeleitet worden, weitere werde man mit den Sanierungsverwaltern abstimmen.

Laut der Finanzplanung ist die Liquidität bis zum voraussichtlichen Ende des Sanierungsplanverfahrens am 30. August 2020 "jedenfalls gesichert". Bei der Holding AG sind 41 Dienstnehmer von der Insolvenz betroffen, weitere dürften bei den zur Sanierung angemeldeten Tochterunternehmen dazukommen.

Löhne und Gehälter seien bis einschließlich April 2020 bezahlt, betont das Unternehmen. Die Mittel für die Quotenerfüllung könnten teilweise aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erwirtschaftet werden, zudem habe sich auch der Eigentümer bereit erklärt, einen Zuschuss zur Quote zu leisten, sollte das nötig sein. (apa/red)

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Der Vorarlberger Wäschehersteller Huber Tricot, heute Huber Holding AG, zählt seit vielen Jahrzehnten zu den führenden Textilunternehmen Österreichs. Wie für viele Betriebe der Branche waren die vergangenen Jahre auch für Huber nicht einfach, mehrere Wechsel im Vorstand machten das deutlich. 2017 übernahm Besitzer Robert Ng als CEO, seit Jänner wird er von CFO Michael Krauledat unterstützt.

Huber hat seinen Stammsitz in Götzis (Bezirk Feldkrich). Zur Gruppe gehören acht Gesellschaften, von denen nun vier insolvent sind. Zum Unternehmen zählen unter anderem die Arula GmbH mit Sitz in Mäder (Bezirk Feldkirch), die Stoff produziert und verkauft, sowie über 70 Huber Shops, die die zum Unternehmen gehörenden Wäschemarken vertreiben, also Huber, Skiny, Hanro und seit 2015 die Marke HOM mit Hauptmarkt in Frankreich, die inzwischen ein Sorgenkind sein soll. Bereits 2005 beteiligte sich die in Hongkong ansässige Benger Brands Ltd. von Robert Ng an Huber. Im Oktober 2008 übernahm Benger Brands 24 Prozent des Familienunternehmens. 2009 trat Erhard Grossnigg, der den Familienbetrieb 2001 übernommen und saniert hatte, 26 Prozent an Benger Brands ab. Bis 2010 stockte Benger Brands auf hundert Prozent auf.

Begonnen hatte laut der Unternehmenschronik alles 1908, als Josef Huber die "Heinzle'sche Tricotwaaren-Fabric" in Götzis erwarb und diese als Familienbetrieb aufbaute. Im Ersten Weltkrieg hielt man sich mit der Herstellung von Papiergewebe als Baumwoll-Ersatz über Wasser, danach folgten erfolgreiche Jahre als Wäschehersteller. 1930 gründete Armin Huber die erste Niederlassung im Wiener Textilviertel, der Betrieb wurde in den Folgejahren kontinuierlich ausgebaut. Bis zu 680 Mitarbeiter werkten für Huber, bevor im Zweiten Weltkrieg auf Wehrmachtslieferungen umgestellt wurde. Nach den Kriegsjahren erfolgte unter Hubers Söhnen Hubert, Otto und Armin ein Neustart.

In den 1950er- und 1960er-Jahren kamen Produktionsstätten in Niederösterreich und ein Textilveredelungsbetrieb in Mäder hinzu. Huber prosperierte, strickte Stoff, färbte, veredelte, schnitt zu und konfektionierte. Anfang der 1980er-Jahre war mit rund 2.500 der Höchststand an Mitarbeitern erreicht. Sie strickten auf modernsten Maschinen täglich zwischen 16 und 20 Tonnen Stoff und schnitten 65.000 Warenstücke zu. Die zunehmende Internationalisierung und Importe machten dem Traditionsunternehmen aber ab den 1990er-Jahren zusehends das Leben schwer. Verkäufe brachen ein, Betriebsstätten mussten teilweise geschlossen werden, Betriebsteile in Ungarn, Portugal und Bulgarien entstanden, Personal musste abgebaut werden.

1991 kaufte Huber die Schweizer Hanro AG, um sich internationaler aufzustellen. Ab 1993 war der langjährige Präsident der Bregenzer Festspiele, Günter Rhomberg, mehrere Jahre Vorstandsvorsitzender im Unternehmen seiner Gattin, die aus der Familie Huber stammt. 2001 beteiligten sich Finanzinvestoren um Grossnigg an dem als Sanierungsfall geltenden Wäschekonzern. 2004 schaffte der Sanierer den Turnaround. 2007 erwarb Huber Produktionsteile des insolventen Vorarlberger Wäscheproduzenten Wolff. Nach Grossniggs Abgang kam es zu vielen Wechseln im Management, das Unternehmen kam nicht zur Ruhe. Als Grund wurden zumeist unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung genannt. So gab es etwa ab Frühjahr 2013 nach dem Abgang von Mathias Boenke ein Jahr formell keinen Vorstandsvorsitzenden, sein Nachfolger Micha Siebenhandl blieb nur ein halbes Jahr. CEO Martin Zieger warf 2017 nach nur zwei Jahren das Handtuch, danach übernahm Ng selbst.

Die Lage bei Huber soll spätestens seit Frühjahr 2019 schwierig sein. Schon seit Monaten war über Finanzierungsbedarf spekuliert worden - und dann kam Corona. Die Einschränkungen im Zuge der Covid-19-Maßnahmen zwangen nun mehrere zur Huber Gruppe gehörende Unternehmen in die Insolvenz. Der traditionsreiche Textiler will in kleinerem Rahmen weitermachen, 120 Mitarbeiter sollen ihre Stelle verlieren. (apa/red)