Autoindustrie : Volkswagen: Kosten für Abgasaffäre steigen auf 30 Milliarden Euro

Volkswagen Automobil VW Schauraum
© APA/dpa/Peter Steffen

Ein schwacher Markt in China und Milliardenkosten für Rechtsstreitigkeiten rund um die manipulierten Dieselmotoren - Volkswagen hat zum Jahresauftakt spürbar an Gewinn eingebüßt. Unter dem Strich verdiente der deutsche Konzern im ersten Quartal 3,05 Mrd. Euro, nach rund 3,3 Mrd. Euro vor einem Jahr, wie der Branchenprimus in Wolfsburg mitteilte.

Allerdings kletterte die Vorzugsaktie an der DAX-Spitze kräftig, weil Anleger von der Entwicklung im Tagesgeschäft positiv überrascht waren.

Der VW-Konzern profitierte beim Betriebsergebnis von einer Neuregelung in der Rechnungslegung. Eine positivere Neubewertung von Finanzinstrumenten brachte 400 Mio. Euro. Unter Ausklammerung der neuen Dieselkosten steigerte der Konzern damit sein operatives Ergebnis um 15,2 Prozent auf über 4,8 Mrd. Euro.

Vor Zinsen und Steuern gab das Ergebnis um gut 8 Prozent auf rund 3,9 Mrd. Euro nach. Sondereinflüsse aus Rechtsrisiken von einer Milliarde Euro wirkten sich aus - dabei machte sich erneut der Abgasskandal bemerkbar.

An der Börse feierten die Anleger die Entwicklung im Tagesgeschäft, die Vorzugsaktie kletterte am Vormittag an der DAX--Spitze zeitweise um rund 5 Prozent.

"Solide ins Jahr gestartet"

Volkswagen sei solide ins Jahr gestartet und habe mit dem Umsatz sowie insbesondere mit dem operativen Ergebnis die Markterwartungen übertroffen, lobte Analyst Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan. Arndt Ellinghorst vom Analysehaus Evercore ISI teilte diese Einschätzung. Angesichts der Tatsache, dass das erste Quartal für die meisten Unternehmen sehr schwierig gewesen sei, habe sich Volkswagen gut geschlagen.

Indes merkte Philippe Houchois vom Analysehaus Jefferies an, dass die Kosten für Rechtsrisiken wegen des Dieselskandals mit einer Milliarde Euro höher als erwartet ausfielen. Auch sein Kollege Patrick Hummel von der Schweizer Großbank UBS sah darin eine negative Überraschung.

Die Kernmarke mit dem VW-Logo hatte besonders an den Sondereinflüssen aus Rechtsrisiken zu knabbern - diese belaufen sich für die Marke auf 400 Mio. Euro. Der Rest verteile sich im Konzern, sagte Witter. Nähere Angaben wollte er nicht machen.

Mehr Stadtgeländewagen im Portfolio

Die Stammmarke steigerte ihr Ergebnis vor Zinsen und Steuern im ersten Quartal von 879 auf 921 Mio. Euro - allerdings vor den Sondereinflüssen. Neben Kosteneinsparungen war vor allem ein Schwenk hin zu teureren Autos wie SUV dafür verantwortlich. Die Erlöse der Marke kletterten so auf Jahressicht trotz geringerer Auslieferungen um 7,1 Prozent auf 21,5 Mrd. Euro. Das Unternehmen plant zusätzlich zum laufenden Sparprogramm bei der Marke bis zu 7.000 Stellen in der Verwaltung zu streichen, um den Kern des Konzerns stärker auf Rendite zu trimmen.

Derzeit schraubt VW vor allem den Anteil der angesagten Stadtgeländewagen nach oben. Nach Angaben von Konzern-Vertriebschef Christian Dahlheim soll der SUV-Anteil von zuletzt 23 Prozent im laufenden Jahr auf 33 Prozent der weltweiten Auslieferungen steigen. Im ersten Quartal lieferte Volkswagen rund 2,6 Millionen Fahrzeuge aus, 2,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Konzernumsatz stieg allerdings dennoch um 3,1 Prozent auf 60 Mrd. Euro.

WLTP weiter ein Thema

Audi verdiente vor Steuern und Zinsen 1,1 Mrd. Euro - vor Jahresfrist waren es noch 1,3 Mrd. Euro. Grund für den Rückgang waren Schwierigkeiten mit dem neuen Abgas- und Verbrauchsprüfstandard WLTP. Ende März aber sei Audi ziemlich genau da gewesen, "wo wir hinwollten", erklärte Witter.

Auch die zweite WLTP-Stufe ab September werde Auswirkungen haben, aber "spürbar unter dem Effekt von 2018". Der VW-Konzern hatte besonders mit dem neuen Standard gehadert, zahlreiche Modelle waren zwischenzeitlich nicht lieferbar.

Bei Porsche ging das Ergebnis im Automobilgeschäft um 11,6 Prozent auf 829 Mio. Euro zurück. Grund waren den Angaben zufolge vor allem schwächere Verkäufe zu Jahresbeginn, aber auch WLTP.

Konjunkturrisiken

Zwar stellten die weltweiten Konjunkturrisiken den Konzern vor Herausforderungen, erklärte Witter. Aber: "An unseren Zielen für 2019 halten wir trotzdem fest." So soll der Konzernumsatz im Gesamtjahr um bis zu 5 Prozent zulegen. Die operative Umsatzrendite vor Sondereinflüssen - also der Anteil des operativen Gewinns am Umsatz - soll zwischen 6,5 und 7,5 Prozent liegen. Auch die Auslieferungen an die Kunden sollten den Wert des Vorjahres leicht übertreffen. 2018 hatte der Konzern mit 10,83 Millionen Fahrzeugen mehr Autos ausgeliefert als jemals zuvor.

Abgasaffäre summiert sich inzwischen auf 30 Milliarden Euro

Die Abgasrechnung für den Konzern erneut gestiegen, die Bewältigung von "Dieselgate" kostet den Konzern inzwischen 30 Mrd. Euro.

In der Rechnung seien Kosten für Rechtsanwälte, Vergleiche und ausstehende Verfahren enthalten, sagte Finanzvorstand Frank Witter. Damit seien derzeit absehbare Kosten abgedeckt, weitere aber nicht ausgeschlossen. Das meiste Geld floss bis dato in Nordamerika, wo der Konzern teure Vergleiche geschlossen hatte.

Die Folgen des Dieselskandals werden den Konzern weiter beschäftigen: Allein in Deutschland sind über 60.000 Verfahren unzufriedener Dieselkunden anhängig. Dazu kommen milliardenschwere Klagen von Aktionären, die sich vom Konzern zu spät über das finanzielle Ausmaß der Dieselaffäre informiert fühlen.

Außerdem wird strafrechtlich ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig klagte unlängst Ex-Konzernchef Martin Winterkorn und vier weitere Führungskräfte im Abgasskandal wegen Betrugs an. Dies habe die Risikoeinschätzung des Konzerns aber nicht beeinflusst, sagte Witter. (dpa/apa/red)