Stahlindustrie : Voestalpine: Gute Aussichten für neues Werk in Kapfenberg

Der Linzer Industriekonzern Voestalpine hat im ersten Quartal 2017/18 seinen Gewinn mehr als verdoppelt. Starke Nachfrage nach Stahl- und anderen Metall-Produkten trieb das Ergebnis der Linzer Stahlkocher in die Höhe. Der Umsatz stieg von April bis Ende Juni um 17,3 Prozent auf 3,25 Mrd. Euro. Das Ergebnis nach Steuern kletterte um 106,4 Prozent auf 218,4 Mio. Euro, teilte der Konzern mit.

Das operative Ergebnis (EBIT) wurde von 167,6 Mio. Euro um 96,2 Prozent auf 328,8 Mio. Euro gesteigert, die EBIT-Marge verbesserte sich von 6,0 auf 10,1 Prozent. Der Gewinn je Aktie stieg von 0,58 Euro im Vergleichszeitraum des Vorjahres auf nunmehr 1,18 Euro. Die ohnehin schon sehr positiven Prognosen der von der APA befragten Analysten wurden sogar noch übertroffen.

Bestes Quartal seit der Finanzkrise

Das Unternehmen fuhr mit diesen Zahlen das beste Quartalsergebnis seit Ausbruch der Finanzkrise ein. Dies errechnet der Konzern exklusive Einmaleffekten aus Konsolidierungsumstellungen im ersten Quartal des Geschäftsjahrs 2015/16.

Mit dieser Entwicklung schließe der Voestalpine-Konzern in globaler Umsetzung seiner hightech/highquality-Wachstumsstrategie in einem wirtschaftlich soliden aber nicht außergewöhnlichen Umfeld ergebnismäßig wieder an jene Größenordnungen an, wie sie bisher nur in der extremen Boom-Phase vor "Lehman" möglich waren, heißt es in der Unternehmensaussendung.

Starke Nachfrage in der Autoindustrie und bei der Luftfahrt

Die positive Entwicklung im Auftaktquartal wurde von unverändert starker Nachfrage nach Produkten, Systemkomponenten und Systemen aus Stahl, aber auch aus anderen Metallen in den strategischen Kernsegmenten Automobil und Luftfahrt, aber auch dem Maschinenbau und der Konsumgüterindustrie getragen. Der Öl- und Gassektor habe sich zwar verbessert, sei aber insbesondere auf der Preisseite immer noch verhalten. Der Bereich Eisenbahninfrastruktur sei vom Investitionsverhalten her global durch markante Unterschiede geprägt.

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Im Ausblick wird nach dem "hervorragend verlaufenen 1. Quartal" ein durch eine unveränderte Bedarfssituation, allerdings auch durch saisonale Effekte mit Produktionsrücknahmen infolge von Werksferien geprägtes 2. Quartal erwartet. Trotz der anhaltend soliden Nachfrage bestehe in einzelnen Branchen traditionell der Versuch, in dieser Periode Druck auf die Margen auszuüben. Dies sollte aber aufgrund der weiterhin durch deutliches Wachstum geprägten Marktsituation an der insgesamt erfreulichen Ergebnisentwicklung im 1. Halbjahr 2017/18 nichts Grundlegendes ändern, heißt es.

Seriöse Prognosen zur Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte seien allerdings vor allem wegen der anhaltenden Preisvolatilität im Rohstoffbereich nicht vor dem Ende des 2. Quartals möglich. "Unabhängig davon erscheint die für das Geschäftsjahr 2017/18 im Vergleich zum Vorjahr erwartete, deutlich positive Entwicklung von Umsatz und Ergebnis auf Basis der Ziffern des 1. Quartals gut abgesichert", erklären die Stahlproduzenten. (apa/red)

Auf den folgenden Seiten:

(2) Voestalpine hat zum ersten Mal mehr als 50.000 Mitarbeiter

(3) Voest-Chef Eder zum Standort Kapfenberg, Russland-Sanktionen, USA und Industriekonjunktur

Der Expansionskurs der Voestalpine zeigt sich bei den steigenden Beschäftigtenzahlen. Per Ende Juni 2017 waren erstmals weltweit über 50.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei dem Stahlkocher beschäftigt. Mit 50.047 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente) erhöhte sich die Anzahl im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent. Vor zehn Jahren waren es "nur" rund 28.000 Beschäftigte.

Bereich Automotive wird stark ausgebaut

Mehr als 23.000 "Voestler" arbeiten in Österreich, der Rest im Ausland, insbesondere in Deutschland und im nordamerikanischen NAFTA-Raum. Die Voestalpine-Beschäftigten sind auf mehr als 50 Länder auf fünf Kontinenten verteilt.

Zurückzuführen ist der jüngste Anstieg bei den Beschäftigtenzahlen unter anderem auf den intensiven Ausbau der internationalen Automotive-Aktivitäten, heißt es vom Unternehmen.

Für September 2017 ist die Eröffnung eines modernen Drahtwalzwerks in Donawitz geplant, im Herbst 2017 fällt die Standortentscheidung über ein geplantes neues Edelstahlwerk - eventuell wieder in Kapfenberg.

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Gewachsen ist auch das Eigenkapital, das mit 6,22 Mrd. Euro per 30. Juni 2017 (verglichen mit 6,06 Mrd. Euro zum Bilanzstichtag 2016/17 bzw. 5,7 Mrd. Euro per 30. Juni 2016) einen neuen Rekordwert erreichte. Die Gearing-Ratio (Nettofinanzverschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital) reduzierte sich von 55,9 Prozent per 30. Juni 2016 auf 53,8 Prozent per 30. Juni 2017. (apa/red)

Nächste Seite: Einschätzungen von Konzernchef Eder zu den Chancen für das neue Werk in Kapfenberg, den Sanktionen gegen Russland und die Politik von Donald Trump

Bei der Bekanntgabe der aktuellen Zahlen der Voestalpine hat Konzernchef Wolfgang Eder auch den aktuellen Stand zum möglichen neuen Standort in Kapfenberg sowie zu Auswirkungen der internationalen Politik aufs Geschäft des Unternehmens genommen.

Entscheidung zum neuen Edelstahlwerk heuer im Herbst

Die Voestalpine will wie berichtet ein neues Edelstahlwerk bauen. Im Herbst werde klar sein, wo dieses Werk gebaut werde, meint Eder. Dabei habe das obersteirische Kapfenberg "natürlich gute Karten", derzeit würden gerade alle Argumente zusammengeführt und bewertet.

Im Oktober werde man wissen, wo, in welchem Zeitraum und mit welchen Kosten das Werk gebaut werde. Zuvor würden Vorstand und Aufsichtsrat sich damit befassen. Die Investitionshöhe könne bis zu 300 Mio. Euro ausmachen.

Voestalpine "kein Stahlkocher"

Natürlich freue er sich, dass die Stahlwelt jetzt wieder in Ordnung sei, aber "die Voest lebt nicht ergebnismäßig vom Stahl", meint Eder, der den Konzern nicht als "Stahlkocher" bezeichnen will.

Selbst in diesem Quartal mit der "hervorragenden" Entwicklung der Steel Division kämen 56 Prozent des operativen Ergebnisses von den Downstreaming-Aktivitäten und 44 Prozent von Stahlprodukten. "Die Stabilität unserer Entwicklung kommt aus dem Downstream-Bereich".

Russland-Sanktionen: Für die Voest ziemlich unwichtig

Was die neuen Russland-Sanktionen der USA gegen Russland angeht, so gibt Eder im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Voestalpine Entwarnung. Für den Hersteller wären eventuelle Auswirkungen der Sanktionen "von absolut untergeordneter Bedeutung", sagte Eder. In Russland habe man ein offenes Umsatzvolumen unter einem halben Prozent des Konzernumsatzes.

Im Hinblick auf die aktuellen Ergebnisse und der Dimension eines eventuell betroffenen Geschäfts in Russland gebe es keine große Aufregung, betonte Eder. Wegen der guten Konjunktursituation würden sich für den Konzern sicher auch Alternativen auftun. Außerdem sei noch nicht wirklich klar, wie die Russland-Sanktionen der USA überhaupt umgesetzt würden.

Die Voestalpine ist beim Pipeline-Projekt Nord Stream engagiert und liefert Grobblech an einen russischen Rohrproduzenten, das in der Tiefsee eingesetzt wird, heißt es aus dem Unternehmen. Mehr als die Hälfte des Auftrags sei bereits abgearbeitet.

Bedrohungen auf weltpolitischer Bühne

Deutlich mehr Sorgen macht Eder die geopolitische Lage auf der Weltbühne, die sich gerade weiter zuspitzt - Stichwort Nordkorea. "Wenn man sich die letzten Stunden vor Augen führt, Gott bewahre, eine militärische Intervention würde natürlich auch das gesamte Wirtschaftsgefüge durcheinanderbringen."

Aktuell zu Problemen der Voestalpine in den USA:

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Wegen der geopolitischen Unsicherheit zeigte sich Eder auch auf Nachfragen zu den Erwartungen für die zweite Jahreshälfte vorsichtig. Er verwies auch auf eine "extreme Volatilität im Bereich der Rohstoffpreisentwicklung", bei Erz und Kohle gebe es Sprünge in beide Richtungen. "Nichtsdestotrotz, wir haben keine Angst vor der zweiten Jahreshälfte", unterstrich er.

Zuversicht im Hinblick auf die Industriekonjunktur

Für die Konjunkturentwicklung zeigte er sich optimistisch. "Wir gehen davon aus, dass wir in Europa auf breiter Front in den nächsten eineinhalb, zwei Jahren eine sehr solide Entwicklung sehen". Man merke auch eine neue Dynamik der öffentlichen Auftragsvergaben. Eine Fünf-Jahres-Prognose würde er jedoch nicht machen können.

Der Abgasskandal ist bisher egal

Was den Abgasskandal der Autoindustrie angehe, meinte Eder, die Geschäftsbeziehungen der Voestalpine zu deutschen Autoherstellern hätten bisher darunter in keiner Weise gelitten. Er gehe davon aus, dass das Ganze positiv abgearbeitet werde. (apa/red)