Gespräch in Wien : Voestalpine-Chef Eder sieht Subventionen für Stahlindustrie kritisch

Voestalpine-Chef Wolfgang Eder hat bereits mehrmals für schnelle Schritte der EU gegen die massiv gestiegenen Importe von Billigstahl plädiert: Angesichts der aktuellen Situation der Stahlindustrie seien Anti-Dumping-Maßnahmen auch in Europa absolut unumgänglich - sonst würden Hersteller in Europa "mit Stahl aus anderen Regionen zugeschüttet". Zuletzt forderte Eder, der auch Präsident des Weltstahlverbandes ist, erst vor wenigen Tagen "wirksame Maßnahmen so schnell wie möglich."

Anders sieht es bei der langfristigen Perspektive aus. Vor allem gegenüber Forderungen nach einer stärkeren Subventionierung der Stahlindustrie hat sich Eder bei einem Medientermin am Donnerstag in Wien skeptisch geäußert. Auf lange Sicht gesehen "macht es keinen Sinn, sich über Anti-Dumping-Maßnahmen gegen den Weltmarkt abzuschotten, um danach mit der Notwendigkeit konfrontiert zu sein, dass man die Werke doch noch subventionieren muss", so Eder.

"Ob ein Standort konkurrenzfähig ist oder nicht, muss jedes Unternehmen für sich entscheiden." Mit Einfuhrbeschränkungen könne die Stahlindustrie Zeit gewinnen, doch langfristig werde sie nicht um das grundsätzliche Problem von Überkapazitäten auch in Europa herumkommen.

Möglicher Abbau von Kapazitäten nach Fusionen

Allerdings zeichnet sich gerade in diesen Tagen von anderer Seite ein Schritt in die Richtung eines Kapazitätsabbaus ab. Wie berichtet hat der indische Großkonzern Tata Ende März angekündigt, sich komplett aus der Stahlindustrie in Großbritannien zurückziehen zu wollen. Die Inder haben bereits eine große Sparte von Tata Steel für Langprodukte in Nordengland mit 4.400 Beschäftigten an den Finanzinvestor Greybull Capital verkauft. Der Kaufpreis betrug übrigens einen Pfund.

Gerade verhandelt Tata offenbar weiter über eine Zusammenlegung des europäischen Stahlgeschäfts mit dem größten deutschen Stahlhersteller Thyssenkrupp - ein Schritt, der Auswirkungen in ganz Europa hätte. Obwohl sich beide Seiten dazu nicht äußern, bestätigen die jüngsten Aussagen des Thyssenkrupp-Chefs Heinrich Hiesinger indirekt die Berichte über eine bevorstehende Fusion.

Voestalpine wird sich an Fusionen nicht beteiligen

Auch sonst tauchen immer wieder Spekulationen über Zusammenlegungen zwischen großen Konzernen auf. Die Voestalpine werde an möglichen Fusionen auch in Zukunft nicht beteiligen, betonte Wolfgang Eder am heutigen Donnerstag in Wien: "Diese Konsolidierungsüberlegungen finden ohne uns statt. Wir nehmen daran nicht teil, weder in den USA noch in Europa."

Grundsätzlich sei jedoch ein mittelfristiger Abbau von Überkapazitäten auch in Europa zu begrüßen, so Eder. Denn vor rund zwei Jahrzehnten habe es noch 26 große Stahlunternehmen in Europa gegeben - heute seien nur noch sechs bis sieben tonangebend. "Die Umstrukturierung der letzten Jahre war allerdings nur eine rechtliche Bereinigung, die Standorte wurden weitergeführt. Die Voraussetzung für eine Konsolidierung sind also gegeben."

Im Hinblick auf die Jahresproduktion von 166 Millionen Tonnen Rohstahl in Europa beziffert Chef der Voestalpine ein mittelfristig wünschenswertes Niveau mit etwa 150 Millionen Tonnen. "In Europa werden Produkte erzeugt, die genauso in Indien und Brasilien erzeugt werden. Damit kommen wir aber nicht gegen die Ukraine, Russland und China an. Mit einem europäischen Kostenbild habe ich dagegen keine Chance."

"Wir verstehen uns nicht mehr als ein Stahlunternehmen"

Die Lösung liege in der technologischen Ausdifferenzierung, sagt Eder und verweist auf die europäische Autoindustrie, die trotz der außereuropäischen Konkurrenz weiterhin erfolgreich und in diesem Punkt ein Vorreiter sei.

An anderer Stelle nennt der Konzernchef auch die Strategie der Voestalpine selbst als einen möglichen Weg aus der Krise. Bekanntlich hat sich der Linzer Hersteller in den vergangenen Jahren massiv auf den Bereich der Hochtechnologie fokussiert. Eder dazu: "Wir machen weniger als 30 Prozent des Umsatzes in der Stahlindustrie. Wir verstehen uns daher nicht mehr als ein Stahlunternehmen, sondern als ein Technologieunternehmen. Oft werden wir aber weiter zur Stahlindustrie dazugerechnet, weil es nicht einfach ist, sich aus einer Peer Group zu verabschieden."