Flüssiggase : Vielversprechend und schwierig: 5 Eckdaten zu LNG

Eine strategische Kooperation zwischen der EU und den USA soll den Amerikanern zusätzliche Gasexporte nach Europa ermöglichen. Doch Europa ist gut mit Erdgas versorgt. Und als Treibstoff für Schiffe und Lkw hat sich verflüssigtes Erdgas noch nicht durchgesetzt. US-Gas müsste deutlich günstiger werden, um sich auf dem europäischen Markt durchzusetzen.

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(1) Um welches Gas geht es eigentlich?

Wenn im Zusammenhang mit den Absprachen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump von Flüssiggas die Rede ist, dann ist das nicht ganz korrekt. Unter Flüssiggas wird in Deutschland im allgemeinen Sprachgebrauch LPG (Liquefied Petroleum Gas) verstanden. Das sind Gase wie Propan und Butan und deren Gemische, die bei Raumtemperatur unter geringem Druck flüssig bleiben. Die meisten kennen Flüssiggas als Autogas oder Campinggas.

Zwischen USA und EU geht es um LNG (Liquefied Natural Gas). Das ist Erdgas, das bei superkalten Temperaturen von minus 162 Grad Celsius verflüssigt wird und damit einen Großteil seines Volumens verliert. Es kann dann mit Spezialtankern transportiert und am Zielort wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt oder direkt als Treibstoff und Energieträger eingesetzt werden.

(2) Warum wollen die USA mehr Erdgas exportieren?

Die USA sind mit einer Produktion von 734,5 Milliarden Kubikmetern im vergangenen Jahr größter Erdgasproduzent der Welt, vor Russland und dem Iran. Damit sind die USA fast autark; sie importieren lediglich noch etwas größere Gasmengen per Pipeline aus Kanada. Sie haben ihre Gasproduktion kräftig ausgeweitet, auch mit Hilfe der umstrittenen Fracking-Technologie, und stehen an der Schwelle zum Netto-Exporteur. Im vergangenen Jahr haben die USA ihre LNG-Exporte von 4,3 auf 17,4 Milliarden Kubikmeter gesteigert. Davon gingen 2,6 Milliarden Kubikmeter nach Europa und gar nichts nach Deutschland. Die USA liefern zu den globalen Hauptabnehmern in Asien und zum Nachbarn Mexiko.

Mittelfristig könnten die USA über erhebliche überschüssige Gasmengen verfügen, für die sie aufnahmefähige Märkte suchen - auch in Europa. In den USA gibt es bislang erst ein LNG-Exportterminal am Golf von Mexiko. Weitere sind geplant und sollen im nächsten Jahr fertig werden. Durch den Gasboom ist Erdgas in den USA nur halb so teuer wie in Europa, in Asien lassen sich noch höhere Preise erzielen. Mit mehr Gasexporten könnte sich auch die US-Handelsbilanz verbessern. Andererseits verteuert die Umwandlung in LNG das Erdgas erheblich und hebt die Kostenvorteile damit auf.

(3) Können die Europäer zusätzliches Gas aus den USA gebrauchen?

Zwei Drittel des Bedarfs der EU werden importiert, vor allem aus Russland, Norwegen, Katar und Algerien. Durch den gerade begonnenen Bau der Pipeline Nord Stream 2 wird zusätzliches russisches Gas nach Europa kommen. Der größte Gasimporteur weltweit ist Deutschland, das aus Russland, Norwegen und die Niederlanden versorgt wird. Doch die hohe Abhängigkeit von Russland wird immer wieder als problematisch angesehen. LNG - egal aus welchem Land - könnte diese Abhängigkeit mindern.

"LNG kann zu einer weiteren Diversifizierung und Flexibilisierung der Importquellen für Erdgas in Europa beitragen", sagt Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer beim Verband der Energie- und Wasserwirtschaft.

(4) Ist amerikanisches Gas in Europa konkurrenzfähig?

Das ist die "1.000-Dollar-Frage". Pipeline-Gas ist im Nahbereich in der Regel günstiger. "Aktuell ist Flüssigerdgas im Vergleich zu anderen Gasquellen für uns nicht wettbewerbsfähig", sagt Thomas Kusterer, Finanzvorstand beim Energieversorger EnBW.

(5) Gibt es eine Infrastruktur für LNG?

Bisher kaum. LNG lässt sich nicht nur ins Gasnetz einspeisen, sondern kann auch direkt als Kraftstoff für Schiffe und schwere Lkw eingesetzt werden. Da vor allem die Schifffahrt ihre Umweltbilanz verbessern muss, ist LNG als Schiffstreibstoff der Zukunft im Gespräch. Zumindest neue Kreuzfahrtschiffe können mit LNG fahren, auch einige Fähren. Und die ersten Containerriesen mit LNG-Antrieb sind in Auftrag gegeben.

(von Eckart Gienke, dpa/APA/red)