Pharmaindustrie : Verunreinigte Medikamente aus China: Pharmig und ÖAK für Produktion in Europa

Angesichts der verunreinigten Valsartan-Präparate hat die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) nun Maßnahmen zur Rückverlagerung der Produktion von Arzneimittelwirkstoffen in die EU gefordert. Nur mit hohen Qualitätsstandards und den entsprechenden Kontrollmöglichkeiten sei die Versorgung der Bevölkerung mit sicheren Arzneimitteln zu gewährleisten.

"Die derzeit laufende Rückrufaktion von verunreinigten Valsartan-haltigen Medikamenten aus China beschäftigt Ärzte, Patienten und Apotheker in Österreich und ganz Europa", erklärte der Leiter des Referats für Medikamentenangelegenheiten der ÖÄK, Karl Forstner, am Freitag in einer Aussendung. Schließlich handle es sich bei Valsartan um einen breit eingesetzten Wirkstoff zur Behandlung von Herzinsuffizienz und Bluthochdruck.

Bisher hätten nur zwei Hersteller in Österreich deklariert, dass ihre Produkte frei von Verunreinigungen durch N-Nitrosodimethylamin (NDMA) sind. Diese einwandfreien Medikamente seien jedoch in vielen Apotheken bereits ausverkauft. Daher müssten Patienten auf andere Wirkstoffe umgestellt werden. Das bedeute einen enormen zeitlichen Mehraufwand für die betreuenden Ärzte, vor allem aber große Verunsicherung bei den Patienten. "Es ist zu befürchten, dass manche Patienten ,sicherheitshalber' auch die vom Arzt verschriebenen unbedenklichen Medikamente nicht regelmäßig oder gar nicht einnehmen, was gerade bei Herzpatienten äußerst gefährlich werden kann", so Forstner.

Für Ärzte ist es nicht möglich, anhand der Medikamentenpackung festzustellen, ob ein Medikament von der Rückrufaktion betroffen ist. Die Österreichische Ärztekammer ersucht daher Patienten, die Valsartan-haltige Arzneimittel zuhause haben, diese in ihrer zuständigen Apotheke prüfen zu lassen.

Sollte das Medikament betroffen sein, werde der betreuende Arzt die Umstellung auf ein anderes Präparat mit dem Patienten besprechen. Das sollte in der Regel kein Problem sein, weil es innerhalb dieser Wirkstoffgruppe genügend Alternativprodukte gebe. Keinesfalls sollten Patienten ihre Medikamente selbstständig absetzen.

Auch Pharmig fordert Rückführung der Produktion nach Europa

Hohe Produktionskosten, sinkende Arzneimittelpreise und strenge gesetzliche Preisregularien setzen pharmazeutische Unternehmen in Europa zunehmend unter Druck. Die Folge dessen ist, dass viele Pharmafirmen ihre Herstellungsstätten in wirtschaftlich günstigeren Regionen außerhalb Europas ansiedeln. Dieser Trend ist nicht nur für die Produktion von Arzneimitteln zu beobachten, sondern betrifft viele Branchen. „Will man Europa und Österreich wieder zu attraktiven Produktionsstandorten machen, ist ein politisches Bekenntnis notwendig und es müssen die Rahmenbedingungen für Unternehmen entsprechend attraktiv ausgestaltet sein“, so Martin Munte, Präsident der Pharmig.

Unabhängig davon, wo produziert wird, ist weltweit zudem eine gewisse Konzentration festzustellen: Immer weniger Produzenten stellen für immer mehr Unternehmen her. Entsprechend dramatisch kann daher ein Zwischenfall sein, ob durch den Ausfall einer Maschine oder, wie jüngst bei einem Blutdruck senkenden Arzneimittel geschehen, durch eine Verunreinigung im Herstellungsprozess.

Um die Situation langfristig zu verbessern, sollte politisch sichergestellt werden, dass Arzneimittel wieder vermehrt in Europa hergestellt werden können. Dazu Munte: „Egal ob für die pharmazeutische Industrie oder andere Branchen, innovationsfreundliche und vor allem langfristig verlässliche Rahmenbedingungen sind wesentliche Entscheidungskriterien dafür, wo Unternehmen investieren und wo sie sich niederlassen. Dazu zählen unter anderem faire Erstattungspreise für bewährte und speziell auch für innovative Arzneimittel.“ Die Pharmig unterstützt jedenfalls den Aufruf der Österreichischen Ärztekammer an die Politik, die Produktion von Arzneiwirkstoffen auf österreichischem Boden zu fördern. (apa/ots/red)