Löhne : Verhandlungen zum Metaller-KV: Alte Rituale mit einigen Neuerungen

Am 20. September läuten die 186.000 Metaller die Herbstlohnrunde ein, die dieses Jahr im Zeichen guter Konjunkturdaten steht - und einer Neuerung: Erstmals wird nicht mehr bis in die frühen Morgenstunden verhandelt, sondern um 22 Uhr ist Schluss und es wird vertagt. Dafür wird es heuer keine konkrete Lohnforderung gleich zu Beginn der Verhandlungen geben.

Keine Kassandrarufe im Vorfeld

Wobei heuer schon im Vorfeld der Übergabe der Forderungen der Arbeitnehmervertreter an die Industrie ein gewohntes Ritual verworfen wurde: Angesichts der anziehenden Industrieaufträge wurde bei der Halbjahrespressekonferenz des größten Metallerverbandes, der Metalltechnischen Industrie, auf die üblichen Kassandrarufe verzichtet.

Vielmehr wurde betont, dass es nun darum gehe, auch nach der Kollektivvertragsrunde genügend Geld für dringend notwendige Investitionen zu haben, die in den Krisenjahren nach der Lehman-Pleite 2008 deutlich zurückgefahren wurden.

"Heign muast, waunns Weda sche is"

Die Arbeitnehmervertreter wiederum wittern Morgenluft. "Heign muast, waunns Weda sche is" (Heu musst du einfahren, wenn das Wetter schön ist, Anm.) meinte heute Rainer Wimmer, Chefverhandler der Produktionsgewerkschaft ProGe, im Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten".

Konkret heißt das für den SPÖ-Spitzenfunktionär Wimmer: "Heuer muss es ein außerordentlich gutes Ergebnis für die Arbeitnehmer geben. Es muss ordentlich rumpeln."

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Christian Knill, Obmann des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie und Chef des steirischen Familienunternehmens Knill Gruppe, unternimmt hingegen einmal mehr einen Anlauf zu einem "KV-neu", der nicht nur im Zeichen der prozentuellen Erhöhung der Löhne und Gehälter stehe.

Er wiederholte seine Forderung nach einer Arbeitszeitflexibilisierung auf Betriebsebene. Des weiteren wünscht die Industrie im Sinne einer besseren Planbarkeit mehrjährige KV-Abschlüsse.

Geben und Nehmen sei "überholt", sagt die Industrie

"Gib du mir was, dann bekommst du was, ist überholt", so Knill. Ob er den Arbeitnehmern beim Wunsch nach einer Freizeitoption - sprich mehr Freizeit bei Verzicht auf die KV-Erhöhung - entgegen kommt, ließ Knill heute offen. Vor zwei Jahren einigten sich die Sozialpartner auf dieses für jeden Mitarbeiter freiwillige Modell, im Vorjahr wurde die Freizeitoption wiederum gestrichen.

Knill verwies heute einmal mehr auf die hohen Lohnstückkosten in Österreich. Diese läge deutlich über dem EU-Schnitt und seien auch höher als in den USA und Japan. "Österreich liegt hier leider im Spitzenfeld", beklagte er.

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Arbeitskosten steigen unterdurchschnittlich langsam

Demgegenüber stehen vergleichsweise langsam steigende Arbeitskosten, wie im April das deutsche Statistische Bundesamt vorrechnete: Im Produzierenden Gewerbe und bei den Dienstleistern stiegen die Kosten für eine Arbeitsstunde in Österreich im Schnitt um 0,8 Prozent auf 32,90 Euro.

In der Eurozone betrug der Anstieg 1,3 Prozent auf 30 Euro und in der EU 1,6 Prozent auf 25,70 Euro. Hierzulande liegen die Kosten für eine Arbeitsstunde somit um knapp 10 Prozent über dem Durchschnitt der Eurozone bzw. 28 Prozent über dem EU-Schnitt. Österreich liegt damit auf Platz neun aller 28 EU-Länder.

Unstrittig ist, dass die Metallindustrie zu den am besten zahlenden Branchen gehört. Mit einem Mindestlohn von 1.785 Euro brutto zahlt sie mehr als die Gewerkschaften als Mindesteinkommen für alle fordert. Zum Vergleich: Knapp 300.000 Beschäftigte verdienen derzeit unter 1.500 Euro brutto im Monat. Aktuell dazu: Metalltechnische Industrie in Österreich: Solides Wachstum >>

Fünf verschiedene Fachverbänden

Wie schon in den vergangenen Jahren auch werden die Metaller in fünf verschiedenen Fachverbänden verhandeln - was den Gewerkschaften nach wie vor ein Dorn im Auge ist, aber immerhin ist es ihnen die letzten Male gelungen für alle fünf Verbände idente Abschlüsse zu erreichen.

Im Vorjahr einigten sich die Arbeitgeber und Beschäftigten der Metalltechnischen Industrie auf eine durchschnittliche Lohn- und Gehaltserhöhung von 1,68 Prozent. Niedrigverdiener erhielten um bis zu 2 Prozent mehr, für die höchsten Lohnstufen gab es ein Plus von 1,2 Prozent. Basis für das Feilschen ist traditionell die Inflationsrate der vergangenen 12 Monate, diese lag damals bei 0,8 Prozent. Aktuell beträgt sie 1,6 Prozent.

In der Frühjahreslohnrunde, die von der Elektro- und Elektronikindustrie angeführt wird, gab es Abschlüsse zwischen 1,4 und 1,7 Prozent. Damals lag die Teuerungsrate der vergangenen zwölf Monate bei 0,9 Prozent.

Die Eckdaten

Der Kollektivvertrag (KV) regelt jenen Lohn und Gehalt, unter dem kein Mitarbeiter beschäftigt werden darf. Seine Entstehung geht auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück, unter dem Naziregime wurde er ausgesetzt.

In Österreich fallen fast alle Arbeitnehmer unter Kollektivverträge, in Deutschland sind es etwa 50 Prozent. Ausverhandelt wird der KV von den Sozialpartnern. Eingriffe des Gesetzgebers, wie von der aktuellen Noch-Regierung angedacht wurden, sind durch die Neuwahlen des Nationalrates zum 15. Oktober obsolet.

(apa/red)