Stromwirtschaft : Verbund-Chef Anzengruber: "2019 wird ein gutes Jahr sein"

Der Verbund-Stromkonzern legt sich für 2019 die Latte höher. Operativer Gewinn und Nettoergebnis sollen um einiges über 2018 liegen - den Investoren offenbar zu wenig, denn die Aktie stand unter Druck. Optimistisch stimmen den Verbund erwartete Anstiege bei den Strom-Absatzpreisen. Seine Investitionen will der Konzern bis 2021 im Vergleich zu den vergangenen drei Jahren verdoppeln.

INDUSTRIEMAGAZIN Premium zum Verbund:

ÖBAG: Das Comeback der Verstaatlichten? >>

"Auch in den nächsten Jahren gut aufgestellt"

"2019 wird ein gutes Jahr sein", meinte Generaldirektor Wolfgang Anzengruber im Bilanzpressegespräch und verwies etwa auf den starken Cashflow. "Wir glauben, dass wir auch in den nächsten Jahren gut aufgestellt sind - trotz der Volatilitäten im Markt", so Finanzvorstand Peter Kollmann. Die Absatzpreise sollten für den Verbund von im Vorjahr 29,3 Euro/Megawattstunde (MWh) heuer auf 36,9 Euro und 2020 auf 47,3 Euro klettern, möglicherweise sogar noch stärker, je nach Hedging-Erfolgen.

Anstieg der Strompreise

An den rund 469.000 Strom- und Gas-Haushaltskunden des Verbund sind die Strom-Großhandelspreisanstiege nicht spurlos vorübergegangen. Für sie steigen die Gesamtkosten wie seit Februar bekannt um 9 Prozent bei Strom und um 7,6 Prozent bei Gas.

Als einer der letzten in der Branche habe man diese Erhöhung vornehmen müssen, mittelfistig sehe man aber eher eine Stagnation auf diesem Niveau, meinte Anzengruber. Aber natürlich müsse auch der Konsument den erheblichen Investitionsbedarf mittragen.

Mehr Investitionen

Seine Investitionen für den Drei-Jahres-Zeitraum 2019-21 will der Verbund gegenüber 2016-18 verdoppeln. Rund ein Drittel der geplanten knapp 2 Mrd. Euro soll in den Ausbau der Wasserkraft fließen, knapp ein Drittel im Hydro-Bereich, fast die Hälfte in den Netzausbau. In den letzten drei Jahren hat der Verbund insgesamt 1 Mrd. Euro investiert.

"Wir bauen nur, was wirtschaftlich ist"

2018 erzeugte der Verbund 29.518 GWh aus erneuerbaren Energien, trockenheitsbedingt etwas weniger als 2017 (30.639 GWh) - mit Effizienzsteigerungen bestehender Anlagen und neuen Wasserkraftwerken sollen 500 GWh Erzeugung hinzukommen. Auch das Kaprun-Projekt Limberg III könnte wieder geprüft werden: "Wir bauen nur, wenn etwas wirtschaftlich ist", so Anzengruber. Abhängig sei das von der langfristigen Strompreisentwicklung ("die nächsten zwei Jahre helfen nicht"), vom CO2-Preis (hier plädiert der Verbund-Chef für einen Mindestpreis) und von staatlichen Unterstützungen.

Bei den "neuen Erneuerbaren" will der Verbund von den Mengen, die bis 2030 in Österreich zusätzlich geplant sind, 20 bis 25 Prozent Anteil stellen. "Noch stärker engagieren" will sich der Konzern bei PV-Strom für Privatkunden. Aktuell gebe es hier 4.500 Photovoltaik-Anlagen mit rund 340.000 m2 Modulfläche und rund 34 MW (34.000 kWp) installierter Leistung; die Aktivitäten laufen hier über die 50-Prozent-Tochter Solavolta.

Kohleverstromung im Kraftwerk Mellach läuft aus

Die letzte Kohlenutzung des Verbund - im Fernheizkraftwerk Mellach in der Steiermark (mit 246 MW Leistung) - soll mit Ende der Heizsaison 2019/20 auslaufen, sagte Anzengruber. Derzeit wird dort Fernwärme für den Großraum Graz erzeugt. Das Gas-Kombi-Kraftwerk Mellach (838 MW) setzt der Verbund zur Stromnetz-Stabilisierung ein. Insgesamt verringerte der Verbund die Wärmekraft-Erzeugung 2018 um 28 Prozent oder um 615 auf 1.611 GWh, beim Gaskraftwerk um 38 Prozent und bei der Fernwärmeanlage um 14 Prozent.

Der Netzausbau sei für die Versorgungssicherheit notwendig, betonte der Verbund-Chef. Über die kürzlich erfolgte gerichtliche Freigabe für die 380-kV-Salzburgleitung in zweiter Instanz freut er sich, doch gebe es noch eine Einspruchsfrist. Man erhoffe aber für Mitte 2019 die endgültige Freigabe. "Falls wir im Sommer den Baubeschluss fassen können, könnten wir Ende 2019 mit der Bauvorbereitung beginnen", sagte Anzengruber. Die Bauzeit werde dann drei Jahre betragen. Aktuell dazu: Juristischer Kampf um die 380-kV-Leitung wird weitergehen >>

APG musste im Vorjahr an 277 Tagen das Netz stabilisieren

Die Übertragungsnetz-Tochter Austrian Power Grid (APG) musste 2018 an 277 Tagen stabilisierend eingreifen, nach 301 Tagen 2017. Wegen der volatilen Erneuerbaren-Stromerzeugung gebe es "keine Entwarnung für die Zukunft".

INDUSTRIEMAGAZIN Premium:

Wie Netzbetreiber APG am intelligenten Batteriespeicher forscht >>

Für 2019 erwartet der mehrheitlich staatliche Verbund bei einer mittleren Wasser- und Windkrafterzeugung ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 1,05 bis 1,2 Mrd. Euro und ein Konzernergebnis von 440 bis 540 Mio. Euro. Die Verbund-Aktien lagen zuletzt kurz vor 13 Uhr mit 41,7 Euro um 5,23 Prozent unter Vortagesschluss, das Tagestief von 40,62 Euro am Vormittag hatte einem Minus von 7,7 Prozent entsprochen. Voriges Jahr hatten die Titel allerdings kräftig um 85 Prozent zugelegt, und heuer war der Verbund das wertvollste Unternehmen an der Wiener Börse.

2018 stieg das Konzernergebnis durch positive Einmaleffekte um 43,7 Prozent auf 433,2 Mio. Euro. Das EBITDA sank wegen der Trockenheit um 6,3 Prozent auf 864,2 Mio. Euro. Die Einmaleffekte resultierten v.a. aus Wertaufholungen in der Wasserkraft in Österreich und Deutschland sowie bei der Windkraft in Rumänien. In Summe gab es im Konzernergebnis positive Einmaleffekte von 91,0 Mio. Euro, im EBITDA von 0,8 Mio. Euro - bereinigt darum sank das EBITDA um 4,0 Prozent auf 863,5 Mio. Euro, das Konzernergebnis um 3,5 Prozent auf 342,2 Mio. Euro, wegen der schwachen Wasserführung im dritten und vierten Quartal.

Der Erzeugungskoeffizient der Laufwasserkraft lag mit 0,94 um 5 Prozentpunkte unter 2017 und 6 Prozentpunkte unter dem langjährigen Mittel. Der Umsatz sank um 2,2 Prozent auf 2,85 Mrd. Euro. Der Personalstand lag zu Jahresende bei 2.784 (2.819).

Für 2018 wird eine unveränderte Dividende von 42 Cent je Aktie vorgeschlagen, 33,7 Prozent des berichteten Gewinns und 42,6 Prozent des um Einmaleffekte bereinigten Konzerngewinns. Für 2019 plant der Verbund eine Ausschüttungsquote von 40 bis 45 Prozent bezogen auf das um Einmaleffekte bereinigte Konzernergebnis in Höhe zwischen rund 440 Mio. und 540 Mio. Euro. (apa/red)