Strategie : Unter Stefan Pichler wird es ernst für Air Berlin

Einige haben sich schon daran versucht, sind aber gescheitert, weil sie nur Kosteneinsparungen und Stellenstreichungen im Blick hatten. Der neue Air-Berlin-Chef Stefan Pichler, der seit einem halben Jahr im Amt ist, will die Umstrukturierung anders angehen. Details wollte er vorerst zwar nicht verraten, ließ aber durchblicken, dass die Neugestaltung des Streckennetzes ein wichtiger Teil sein wird. Im zweiten Halbjahr 2016 solle es bereits deutlich aufwärts gehen.

Geschäftsmodell und Streckennetz sollen im Herbst neu ausgerichtet werden. "Nach dem Sommer geht der Umbau los", kündigte Pichler bei Vorstellung der Halbjahreszahlen an. Zuletzt waren Flüge zusammengelegt und das Management neu aufgestellt worden. Jetzt könne es zu kompletten Streckenstreichungen kommen, so Pichler. Air Berlin müsse sich auf wichtige Zielmärkte konzentrieren. Was genau bei dem anstehenden Umbau zur Disposition stehen könnte, wollte der Manager nicht sagen. Im Herbst wird dazu der Aufsichtsrat befinden.

Drei Chefs in vier Jahren

Die Vorgänger von Pichler - drei verschiedene Chefs in den letzten vier Jahren - haben vor allem die Kosten gedrückt und Stellen abgebaut. Doch an die grundlegenden Probleme der hoch verschuldeten Niki-Mutter hat sich keiner gewagt. Nach den vergeblichen Sanierungsversuchen seiner Vorgänger geht es nun ab dem vierten Quartal um die Ausrichtung der Airline. Im Gespräch ist dem Vernehmen nach, Teile der Flugzeugwartung mit Partnern etwa aus dem Etihad-Verbund zusammenzulegen. Pichler will Air Berlin auf das reine Fluggeschäft beschränken.

Air Berlin ist nach Sicht von Experten zu klein, um es mit der AUA-Mutter Lufthansa aufzunehmen, und versucht sich in zu vielen Geschäftsfeldern gleichzeitig: als Billigflieger, auf Touristenstrecken, auf Flügen nach Übersee sowie als Zubringer in das Wüstenemirat Abu Dhabi. Dort hat Partner Etihad seinen Sitz. Die schnell wachsende Fluglinie hält seit 2011 knapp 30 Prozent der Air Berlin-Aktien und bewahrte die Airline wiederholt mit Geldspritzen vor dem Aus.

Konzentration auf einige wenige Geschäftsfelder

Derzeit gebe es keine neuen Gespräche über frisches Geld von Etihad, sagte Pichler. Doch ist die finanzielle Lage angespannt. Im zweiten Quartal steckte Air Berlin mit 16 Millionen Euro Betriebsverlust in den roten Zahlen fest. Airlines fliegen in der Sommer-Hochsaison üblicherweise Gewinne ein. Die Rücklagen werden benötigt, um über den reiseschwachen Winter zu kommen. Doch Finanzpolster hat Air Berlin schon lange nicht mehr: In der Eigenkapitaldecke klafft ein Loch von 575 Millionen, und der Schuldenberg liegt bei 770 Millionen Euro.

Zur Zukunft der einzelnen Geschäftssegmente wollte sich Pichler vor einer für Herbst geplanten Aufsichtsratssitzung nicht äußern. In der Vergangenheit war immer wieder die Rolle Air Berlins als Ferienflieger, als Partner im Luftfahrtbündnis Oneworld oder als Anbieter von Langstreckenflügen überprüft worden. Pichlers Vorgänger Wolfgang Prock-Schauer war zu der Überzeugung gelangt, dass alle Segmente wichtig und werthaltig seien. Dennoch flog Air Berlin 2014 den höchsten Verlust der Unternehmensgeschichte ein. (apa/Reuters/dpa-afx)