Riesenrückruf gestartet : Umrüstung des VW Amarok dauert nur zehn Minuten

Ein kurzer Tastendruck und es geht los: Millimeter um Millimeter wächst der blaue Balken auf dem Computerbildschirm. In nur knapp zehn Minuten ist der schwarze VW-Amarok fertig, der an der anderen Seite des Kabels steckt. Es ist ein kleiner Schritt für den Techniker, aber ein großer für Volkswagen. Denn das Update markiert den Auftakt der größten Rückrufaktion in der Konzerngeschichte.

Parallel dazu berichteten deutsche Medien von einer gewissen Verwirrung, weil die Umrüstung in einigen Fällen offenbar bereits vor der offiziellen Zustimmung des Kraftfahrtbundesamtes passiert ist.

Keine Probleme in den Werkstätten

Die Software, die die Werkstätten vom VW-Server herunterladen, steht laut Systemangabe seit dem 25. Jänner bereit. Der VWN-Sprecher sagte zudem, Anfang der Woche seien entsprechende Benachrichtigungen für die betroffenen Kunden auch versendet worden. Das war jedoch bis zum Mittwochabend alles andere als klar gewesen.

Im Brief an die Amarok-Kunden heißt es: "Mit diesem Schreiben möchten wir Sie informieren, dass die benötigte Software zur Verfügung steht und Ihr Fahrzeug nun umprogrammiert werden kann."

In der Werkstatt verlief die Umrüstung ohne Probleme. "Aktion 23R7 durchgeführt - Motorsteuergerät NOx", stand danach im Serviceheft des Amarok in Hannover, dessen Update ein dpa-Fotojournalist begleitete. Das Auto soll nun nicht mehr erkennen können, ob sich ein Auto bei Abgasprüfungen auf dem Teststand befindet oder im Straßenverkehr.

Im Schreiben an die Amarok-Halter wird eine Service-Telefonnummer genannt. Dort sagte man auf die Frage, ob man als Betroffener denn nun wie aufgefordert auch tatsächlich in die Werkstatt solle oder ob es noch Vorbehalte gebe: "Natürlich geht es los, machen Sie einen Termin, sonst hätten wir Ihnen doch kein Schreiben geschickt."

Startschuss für den größten Rückruf der Konzerngeschichte

Für VW ist es der Startschuss des größten Rückrufs in der Geschichte. Laut VW gibt es deutschlandweit 2.173 Volkswagen-Partner, deren Werkstätten für den Rückruf autorisiert sind. Damit ergeben sich mit den 2,4 Millionen zurückgerufenen Diesel rechnerisch 1.100 Fahrzeuge pro Werkstatt. Die Rückrufe werden sich über Monate hinziehen.

In Österreich müssen rund 388.000 VW-Fahrzeuge in die Werkstatt - die Aktion ist diese Woche angelaufen. Hier sind etwa 60 Prozent Autos mit 2.0-TDI-Motor mit Euro-4 und Euro-5, bei denen ein Software-Update genügt. Bei den 1.6-TDI-Modellen muss auch an der Hardware herumgeschraubt werden.

Mitte September hatte Europas größter Autokonzern eingeräumt, mit einer Software Abgas-Tests bei Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben. Dies hatte den Konzern in eine schwere Krise gestürzt. Nun beginnt das "Jahr der technischen Umrüstung", wie es im VW-Aufsichtsrat bereits hieß.

In Österreich 388.000 Fahrzeuge betroffen

Die jüngste Aufregung ist in der Abgas-Affäre kein Einzelfall: So musste der Autobauer voriges Jahr die selbst zuvor erklärte Zahl von bis zu 800.000 Autos mit zu hohen Verbrauchswerten einkassieren. Immerhin sind es inzwischen maximal nur noch 36.000 Autos.

Mitte Jänner sorgte Konzernchef Matthias Müller auf der US-Automesse für Schlagzeilen, als er vor der versammelten Weltpresse den Eindruck erweckte, VW habe nicht etwa wissentlich bei den Abgaswerten gelogen und betrogen, sondern nur amerikanische Gesetze falsch ausgelegt.

Kürzlich schoss der mächtige Betriebsratschef Bernd Osterloh quer, als er abermals den Vorstand für Versäumnisse in der Kommunikation kritisierte und Sparziele als zu realitätsfern abtat. Und auch strategisch gab es jüngst einen Dämpfer: Vorstandspläne für einen Einsatz des früheren FBI-Chefs Louis Freeh als US-Sonderbeauftragter liegen auf Eis. Die Arbeitnehmerseite hält ihn schlicht für unnötig. (dpa/apa/red)

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VW gibt Arbeitszeit mit halber Stunde an - Werkstätten bekommen 60 Euro pro Update >>

Der deutsche VW-Konzern zahlt seinen Vertragswerkstätten für das Ausmerzen der illegalen Abgas-Software 60 Euro pro Fahrzeug. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Hannover heute, Donnerstag, von zuständiger Seite. Daran verdiene ein VW-Partner "praktisch nichts", hieß es.

VW-Partner verdienen "praktisch nichts"

Der Konzern gibt die reine Arbeitszeit für das Update der Diesel-Software mit einer halben Stunde an, für die Werkstatt kommen noch Dokumentation und Verwaltungsarbeit hinzu. Zusätzlich zu den 60 Euro für das Update (ohne Mehrwertsteuer) können die Werkstätten bei Bedarf pauschal einen Hol-und-Bring-Service für die Autos der Kunden in Rechnung stellen oder, falls nötig, Kosten für einen Ersatzwagen.

Ein Volkswagen-Sprecher wollte Details der Vergütung nicht kommentieren. Der Konzern und seine Händler bilden eine Schicksalsgemeinschaft. Kosten für Rückrufe liegen üblicherweise immer unter den Sätzen anderer Werkstattarbeit. VW hatte den größten Rückruf in der Konzerngeschichte am Mittwoch mit dem Pick-up-Truck Amarok begonnen - es geht dabei um deutschlandweit rund 8.000 Wagen. (dpa/apa)