Elektroindustrie : Übernahme von Osram vorerst gescheitert - AMS bleibt trotzdem dran

Osram Licht Beleuchtung LED Regensburg
© Tobias Büttner - Photo Büttner

AMS ist mit seinem Versuch, den deutschen Leuchtenherstellers Osram zu übernehmen, gescheitert. AMS hat den Aktionären von Osram 41 Euro je Aktie geboten. Das sind laut der Nachrichtenagentur Reuters insgesamt 4,5 Milliarden Euro.

Der steirische Hersteller hatte sich das Ziel einer Schwelle von mindestens 62,5 Prozent selbst gesetzt. Wie der steirische Chiphersteller soeben mitgeteilt hat, sei diese Mindestannahmeschwelle nicht erreicht worden. Tatsächlich nahmen nur 51,6 Prozent der Aktionäre die Offerte an, oder boten AMS ihre Aktien direkt an. Laut diesem selbst definierten Ziel ist der Plan damit gescheitert.

Der Münchner Konzern Osram ist drei Mal so groß wie AMS. Eckdaten dazu in einer Grafik am Ende dieses Artikels. AMS hat seinen Hauptsitz in Graz und notiert an der Schweizer Börse SIX. Die Übernahme von Osram soll mittels weiterer Schulden erfolgen: AMS: Die Übernahme von Osram "lässt sich arrangieren" >>

AMS ist jetzt größter Aktionär von Osram - und will weitermachen

Doch diese Verfehlung der Mindestannahmeschwelle ist wohl nicht das letzte Kapitel im Rennen um die Mehrheit bei AMS. Denn der Hersteller hat inzwischen 19,99 Prozent der Anteile an Osram übernommen und ist damit größter Aktionär des Münchner Lichtmittelkonzerns.

Deshalb gibt AMS den Plan einer Übernahme des deutschen Traditionskonzerns weiter nicht auf. "Mit der Unterstützung der AMS-Aktionäre prüft AMS strategische Optionen, um die Akquisition von Osram, die ein stärkeres kombiniertes Unternehmen schafft, auf Basis seiner Aktionärsposition weiter zu verfolgen", teilt der Hersteller mit.

Osram will mit neuem Großaktionär ams über Zukunft sprechen

Nun wird der Kampf um das Unternehmen wirklich zur Geduldsprobe. "Wir haben sie zu Gesprächen eingeladen und müssen sehen, was das Ergebnis sein wird", sagte der Osram-Finanzvorstand Ingo Bank über den steirischen Sensorhersteller ams dem Wirtschafts- und Finanznachrichtensender CNBC. Von ams war zunächst keine Reaktion auf das Gesprächsangebot zu erhalten.

Die Investoren Bain und Advent, die ebenfalls ein Angebot angekündigt haben, seien noch mit der Prüfung der Bücher beschäftigt. Dies werde in einigen Wochen beendet sein. "Aber es ist im Moment noch nicht klar, ob sie ein bindendes Angebot abgeben werden", sagte Bank.

Analyst Stefan Maichl von der Landesbank Baden-Württemberg hält es für wahrscheinlich, dass ams über die Börse weiter zukaufen werde. "Möglicherweise kommt auch von den Investoren Bain und Advent ein neues Angebot", sagte Maichl der Deutschen Presse-Agentur. "Doch das müsste schon sehr attraktiv sein, damit ams seine knapp 20 Prozent an Osram wieder abgibt." Ohne die 19,99 Prozent, die ams an Osram hält, sei es kaum möglich, die ursprünglich von Bain angestrebten 70 Prozent zu erreichen, sagt der Analyst.

Übernahme wäre mit weiteren Milliardenschulden verbunden

Die IG Metall und der Betriebsrat von Osram haben eine Übernahme durch AMS während des gesamten Bieterrennens gegen die internationalen Finanzfirmen Carlyle, Bain Capital und Advent abgelehnt.

Die Gewerkschaft und Vertreter der Mitarbeiter befürchten im Fall einer Übernahme eine Zerschlagung des deutschen Traditionskonzerns. Ein weiterer Grund ihrer Gegenwehr ist außerdem die vom Grazer Hersteller geplante Finanzierung: AMS sei bereits hoch verschuldet und wolle die Übernahme mit Hilfe weiterer Milliardenkredite bezahlen, so die Argumentation.

AMS-Chef will jetzt direkt mit Osram-Chef verhandeln

AMS-Chef Alexander Everke will nun mit Osram-Chef Olaf Berlien sprechen, um die Übernahme auf anderen Wegen doch zu verwirklichen: "Im Dialog mit Osram wollen wir auf unserer Stellung als größter Aktionär von Osram aufbauen, um weiter den vollen Erwerb von Osram zu verfolgen und so eine solide Zukunft für das Unternehmen zu sichern." Denn an der Sinnhaftigkeit der Übernahme habe sich nichts geändert.

Olaf Berlien wären die Finanzfirmen lieber - eigentlich

Berlien, der strategisch die - ebenfalls gescheiterte - Offerte der Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle bevorzugt hätte, erklärte: "Nach dem Scheitern der bisherigen Übernahmeversuche behalten wir jetzt unsere Eigenständigkeit und gestalten unsere Zukunft selbst." Er wolle aber mit der Führung des neuen Großaktionärs AMS darüber sprechen, "wie eine sinnvolle und für beide Unternehmen vorteilhafte Kooperation im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben aussehen könnte".

AMS hat die Finanzfirmen offenbar schon jetzt ausgestochen

Bain Capital hatte mit dem Rivalen Advent als neuem Partner ein neues Angebot für Osram in Aussicht gestellt, wurde dabei aber von einer erhöhten Offerte von AMS zunächst ausgebremst. Die Finanzinvestoren schauten zurzeit noch in die Bücher von Osram, betonte Berlien. Doch gegen AMS als Großaktionär ist ein Vorstoß der Beteiligungsfirmen praktisch aussichtslos: Finanzfirmen streben in der Regel eine Mehrheit von 75 Prozent an, um ein Unternehmen kontrollieren zu können, Das ist wegen des aktuellen 20-Prozent-Anteils von AMS jedoch kaum noch zu erreichen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche sechs Szenarien nun möglich sind.

(red mit Material von dpa/Reuters/APA)

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Grafik: Eckdaten zu beiden Herstellern

Die Hoffnung, dass es doch noch zu einer Übernahme kommt, begrenzte am Montag auch die Verluste der Osram-Aktie, die zwei Euro unter dem gescheiterten Übernahmeangebot gehandelt wurde. "Unwahrscheinlich, dass das Thema damit schon abgeschlossen ist, ohne dass irgendwann ein neues Angebot auf den Tisch kommt", schrieb Liberum-Analyst Janardan Menon. Folgend eine Übersicht über die Optionen für ams.

Neuer Anlauf

Knapp elf Prozent der Osram-Aktien fehlten ams, um die angepeilten 62,5 Prozent einzusammeln. Eine besondere Hürde war der hohe Anteil von Kleinanlegern (rund ein Viertel), denen die Zeit kaum reichte, um das aufgestockte Übernahmeoffert von 41 Euro anzunehmen. Bei einem neuen Angebot hätten sie mehr Zeit. Doch dazu bräuchte ams die Zustimmung des Osram-Vorstands, sonst ist ams nach dem Übernahmegesetz für zwölf Monate blockiert. Osram hatte dem ersten ams-Angebot zähneknirschend, aber letztlich doch zugestimmt. Schon um einen Kursverfall der Aktie zu verhindern, könnten Olaf Berlien und sein Vorstandsteam sich nun erneut dazu durchringen.

Einigung mit Bain und Advent

Fast ein Jahr hat sich Bain Capital schon mit Osram befasst. Will der Finanzinvestor da einfach aufgeben? Bis zuletzt waren Experten von Bain und dem neuen Partner Advent noch bei Osram zugange, um erneut die Bücher zu prüfen. Doch ein Angebot gegen einen Großaktionär ams, der inzwischen knapp 20 Prozent hält, wäre ein Himmelfahrtskommando. Fast illusorisch, dass Bain und Advent auf einer Hauptversammlung unter diesen Umständen die nötigen 75 Prozent bekämen, um Osram ganz unter ihre Kontrolle zu bekommen. Also müsste man sich irgendwie einigen - aber wie? Sich Osram zu teilen, bringt beiden nichts. Osram aufzuteilen, auch nicht - denn beide finden im Wesentlichen dieselben Teile des Lichtkonzerns attraktiv und dieselben uninteressant.

Zwölf Monate warten

Nach zwölf Monaten dürfte ams einen neuen Anlauf nehmen, ohne Osram um Erlaubnis zu fragen. Doch wie steht der deutsche Lichtkonzern dann da? Schafft Vorstandschef Berlien es, schnell aufzuräumen in München, trotz des drohenden Abschwungs? Berlien stellt sich zwar notgedrungen auf Eigenständigkeit ein - doch wollte er nicht umsonst die Finanzinvestoren an Bord holen, um den Konzern in Ruhe und ohne Druck der Börse neu aufzustellen. Schließlich hat Osram mehrere Gewinnwarnungen hinter sich. Analysten rechneten zuletzt mit einem Verlust von 200 Millionen Euro für das gerade beendete Geschäftsjahr 2018/19. Je mehr die Hoffnung auf eine Übernahme schwindet, desto schneller könnte die Osram-Aktie fallen - und damit auch der Wert des 800-Millionen-Euro-Pakets von ams.

Weiter aufstocken

Mit einer Aufstockung der Anteile auf 30 Prozent könnte ams die Wartefrist aushebeln. Denn dann wäre ein Pflichtangebot fällig - und dabei wären die Österreicher nicht einmal an die 41 Euro aus dem ersten Angebot gebunden. Dann gilt der gewichtete Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate als Maßstab. Doch für eine Aufstockung über 20 Prozent hinaus bräuchte ams grünes Licht vom deutschen Bundeskartellamt. Das kann dauern. Und ob es dann mit der angestrebten Kontrollmehrheit klappt, ist offen.

Fusion auf Augenhöhe

Die IG Metall hatte bereits einen "Merger of Equals" - also eine Fusion auf Augenhöhe - zwischen Osram und ams ins Gespräch gebracht. So etwas findet meistens über einen Aktientausch statt. Vom Firmenwert her würde das passen, beide Unternehmen sind am Aktienmarkt ähnlich viel wert. Und es hätte den Vorteil, dass sich ams für die Übernahme nicht verschulden müsste. Die Arbeitnehmervertreter befürchteten, dass der Zwang zum Geldverdienen, um die Kredite rasch zu tilgen, zu Lasten der Osram-Belegschaft geht. Doch zwischen den Vorständen von Osram und ams ist zu viel Porzellan zerschlagen worden, als dass man sich eine Einigung vorstellen könnte - jedenfalls so lange die beiden Firmenchefs Berlien und Alexander Everke am Ruder sind.

Kooperation

Mit knapp 20 Prozent lässt sich der Großaktionär ams von Osram nicht ignorieren. Osram-Chef Berlien selbst regte am Freitag Gespräche über "eine sinnvolle und für beide Unternehmen vorteilhafte Kooperation im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben" an. Beide beliefern die Automobilindustrie, Licht und Sensoren ergänzen sich. Damit ließe sich wenigstens ein Teil der Synergien heben, die ams sich erhofft hatte - zu beider Nutzen. (apa/Reuters)