Energiewirtschaft : Turbinen für die Krim: Siemens plant Strafanzeige gegen seinen Kunden

Siemens will den unerlaubten Einsatz von zwei Turbinen aus seiner Produktion in einem Kraftwerk auf der Krim verhindern. Man werde Strafanzeige gegen den Abnehmer der Gaskraftwerks-Turbinen, die russische Technopromexport (TPE), erstatten, teilte der deutsche Technologiekonzern in München mit.

Man habe inzwischen "Informationen aus zuverlässigen Quellen", dass mindestens zwei der eigentlich für ein Kraftwerk in Taman in Südrussland bestimmten Turbinen auf die Krim gebracht worden seien. Die Lieferung von Energietechnik auf die 2014 durch Russland annektierte Halbinsel unterliegt Sanktionen der EU und der USA, die direkte Wirtschaftskontakte dorthin untersagen.

Verträge gegen Lieferung auf die Krim

Siemens war von einem Reuters-Bericht aufgeschreckt worden, wonach die Turbinen auf der Krim in zwei im Bau befindliche Kraftwerke eingesetzt werden sollten. Der Konzern hatte eine Klärung der Vorwürfe in Auftrag gegeben, erste Ergebnisse liegen nun vor. "Dieses Vorgehen stellt einen klaren Bruch der Lieferverträge mit Siemens dar, die unserem Kunden eine Lieferung auf die Krim zweifelsfrei verbieten", hieß es in der Siemens-Stellungnahme. Man werde auf die Einhaltung der Verträge klagen. Die Turbinen müssten sofort wieder nach Taman zurückgebracht werden. Andernfalls müsse der Vertrag rückabgewickelt werden.

Die russische Regierung erklärte, die Turbinen, die auf der Krim installiert würden, stammten aus russischer Produktion und seien aus russischen Komponenten zusammengebaut worden. Ein Insider aus dem Umfeld von Siemens sagte dagegen, die beiden Turbinen seien von russischer Seite umgebaut worden und lagerten "zusammen mit elektrischem Equipment aus den USA" in einem russischen Hafen.

TPE, der Generalunternehmer für die beiden Krim-Kraftwerke, hatte erklärt, man habe die Turbinen auf dem Zweitmarkt gekauft. Sie seien von russischen Spezialisten modernisiert worden. Von wem sie gekauft wurden und wer sie umgebaut haben soll, telte TPE nicht mit.

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Der russische Präsident Wladimir Putin benötigt die Anlagen dringend, um sein Versprechen zu erfüllen, die Stromversorgung auf der ukrainischen Krim sicherzustellen. Bereits vor einem Jahr hatte Reuters erfahren, dass eine Siemens-Tochter trotz der EU-Sanktionen gegen Russland Kraftwerks-Turbinen auf die Krim liefern wolle. Siemens hatte dies dementiert. Die deutsche Bundesregierung mahnte Siemens: "Es liegt in der Verantwortung des Unternehmens, dass Exportgesetze und Sanktionen eingehalten werden", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin.

Nach Reuters-Informationen sind die Siemens-Gasturbinen die einzigen, die in die fertigen Fundamente der Krim-Kraftwerke passen würden. Noch seien sie dort aber nicht eingebaut. Dabei soll die russische ZAO Interautomatika helfen, an der Siemens mit 46 Prozent beteiligt ist.

Der Münchner Konzern will nun aber verhindern, dass Interautomatika auf der Krim aktiv wird. "Siemens hat darauf bestanden, dass relevante Verträge in Bezug auf die Krim sofort gestoppt werden", hieß es in der Mitteilung. An Interautomatika ist TPE mit 17 Prozent beteiligt. 37 Prozent liegen beim Energieforschungsinstitut VTI.

Turbinen waren schon bezahlt

Der Insider sagte, Siemens habe sichergestellt, dass die für den Aufbau notwendigen Teile nicht geliefert werden. "Ohne die nötigen Komponenten und das Know-how sollte es von russischer Seite nicht möglich sein, das Kraftwerk mit den beiden Turbinen auf der Krim aufzubauen." Siemens habe auch rechtliche Schritte eingeleitet und den Fall auf diplomatischer Ebene in Moskau vorgebracht. Der Konzern suche noch nach den beiden anderen Turbinen, die für Taman bestimmt waren, sagte der Insider. Das Geld dafür hatte Siemens bekommen. (reuters/apa/red)