Kraftwerkbau : Turbinen für Atomkraftwerk: Russische Power Machines klagt Böhler

Der Kapfenberger Hersteller Böhler International ist mit einer Klage des russischen Unternehmens Power Machines konfrontiert. Der größte russische Hersteller von Kraftwerkstechnik hat die Konzerntochter des heimischen Stahlkonzerns Voestalpine vor dem Handelsgericht Wien auf 2,7 Millionen Euro geklagt. Zuvor sind mehrere Versuche gescheitert, sich außergerichtlich zu einigen.

Dabei geht es um einen Auftrag für das ukrainische Atomkraftwerk Khmelnitskaya. Wie "Die Presse" berichtet, führt die russische Seite in ihrer Klage an, Böhler habe bei dem Ausschreibungsverfahren für Turbinenschaufeln für dieses Atomkraftwerk illegal eine Konstruktion von Power Machines verwendet.

Auch Power Machines hat sich um den Auftrag des staatlichen ukranischen AKW-Betreibers Energoatom beworben. Doch den Zuschlag bekamen die Kapfenberger mit einem italienischen Partner. Und genau das stört den russischen Kläger. Power Machines durch den Wiener Anwalt Alexander Petsche von der Kanzlei Diwok Hermann Petsche Baker & McKenzie vertreten.

Eine erste Verhandlung am 13. Oktober hat vorerst keine neuen Erkenntnisse gebracht. Power Machines bleibt bei seinem Vorwurf (Böhler International habe in einem Ausschreibungsverfahren für Turbinenschaufeln in einem ukrainischen Atomkraftwerk Konstruktionszeichnungen von Power Machines unrechtmäßig verwendet), die Gegenseite bestreitet dies. Der nächste Verhandlungstag ist für den 16. Jänner angesetzt.

Der zentrale Anklagepunkt: Zeichnungen von Power Machines

Besonders brisant ist der zentrale Anklagepunkt der Russen: Nach Ansicht von Power Machines hat Böhler den Zuschlag vor allem der Technologie des russischen Herstellers zu verdanken.

Die Version der Russen lautet den Zeitungsberichten zufolge so: Power Machines hat im Jahr 2010 überlegt, Böhler mit der Herstellung von Turbinenschaufeln aus Titan für ein Kraftwerk in Indien zu beauftragen. Doch aus den Gesprächen zu diesem Auftrag wurde nichts, weil die Inder das Projekt verschoben haben, so der "Kurier".

Jahre später soll Böhler dann genau diese Zeichnungen im Wettbewerb um den Auftrag in der Ukraine verwendet haben - und deshalb den Zuschlag bekommen.

Böhler: Original-Konstruktion kam aus Deutschland

Bei Böhler und der Voestalpine weist man diesen Vorwurf zurück. Denn für die Ausführung des Auftrags in der Ukraine seien die Zeichnungen von Power Machines gar nicht nötig gewesen, argumentieren die Anwälte von Böhler.

Sie begründen das mit dem Hinweis, dass der ukrainische Auftraggeber Energoatom schon vorher eine Düsseldorfer Firma mit der Ausarbeitung des "Reverse-Engineerings" beauftragt habe. Deshalb stammen die Originalzeichnungen Böhler zufolge von den Deutschen und nicht von den Russen.

Die Ukraine-Krise als Faktor

Auch ein weiterer Aspekt spricht gegen die Argumentation von Power Machines: Der kriegerische Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Aufgrund dieses Konflikts wäre Power Machines als ein russischer Hersteller für den staatlichen ukrainischen Betreiber Energoatom "als Vertragspartner schlicht nicht in Frage gekommen wäre", heißt es laut "Presse" bei Böhler International. Mit anderen Worten: Power Machines streitet um einen vermeintlich verlorenen Auftrag, den das Unternehmen so oder so nie bekommen hätte.

Im Jänner soll der Prozess weitergehen, und zwar nach russischem Recht, wie das Wiener Handelsgericht entschieden hat. Zeitgleich findet auch ein Schiedsverfahren beim Schiedgericht der Internationalen Handelskammer ICC in Stockholm statt.

(pm)

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